zurück, wenn sie jenseits der Baumgrenze nicht mehr Nahrung genug
finden. Eine klimatische Bedeutung hat endlich auch die Verbreitung
der Schlinggewächse, der Lianen, die in unseren Wäldern zwar
überhaupt wenig zahlreich, in den nördlichen und kontinentalen
Zonen doch noch entschieden abnehmen: so ist der Hopfen (.Hamu-
Ins) ein Erzeugniss des Laubwaldes, der Epheu (.Hedera) auf das
Buchenklima, eine nordamerikanische Form (,Schizandra) auf das
Amurgebiet beschränkt, wo auch die nicht holzige Convolvulusform
in der offenen Landschaft zu bedeutenderer Geltung gelangt. Die
klimatische Stellung der wilden Rebe in den Wäldern an der unteren
Donau wurde bereits angeführt.
Zu durchaus selbständigen Formationen ordnet sich die Form
des Krummholzes an der Baumgrenze der Gebirge und die der
Erikensträucher in den Küstenlandschaften. Die langgestreckte
Nadel des eigentlichen Krummholzes [Pinus montana oder Mughus)
entspricht der der nahe verwandten Kiefer, aber in anderen Fällen
geht dieselbe durch Verkürzung in die Erikennadel über. Am bedeutendsten
ist die Krummholzregion in den Karpaten und Sudeten
entwickelt, wo sie eine dichte, 3—4 Fuss hohe Bekleidung des
Bodens bildet, die sich weithin zwischen der Waldgrenze und den
alpinen Matten an den Gebirgsabhängen entlang zieht. Die Eigen-
thümlichkeit des Krummholzes besteht darin, dass die bogenförmig
aufsteigenden Zweige zu einem zusammenhängenden Strauchdickicht
verflochten und die gedrängten Nadeln nach oben zu plattenförmigen
Polstern geordnet sind, welche im Winter die schwersten Schneemassen
zu tragen vermögen, wodurch aber auch jede andere Vegetation
am Boden ausgeschlossen wird. Auf den Alpen, wo das
Krummholz zuweilen in die Thäler herabsteigt, nimmt es in westlicher
Richtung an Häufigkeit ab, im nördlichen Europa fehlt es
ganz und wird nur unvollkommen durch den Zwergwachholder {Juniperus
nana) vertreten. Auf den Gebirgen Sibiriens tritt an seine
Stelle die strauchförmig wachsende Arve (P . Cembra var. pimiild),
die hier ebenfalls eine eigene Region an der Baumgrenze bildet.
Die immergrüne Erikenform ist eine eigene Bildung des westlichen
Europas. Zwar findet sich die Calluna, der Haidestrauch der
baltischen Ebene, noch in Russland 6), aber hier bedarf sie in den
meisten Gegenden des Schutzes beschattender Bäume, die den Boden
feuchter erhalten. Schon hiedurch ist das Feuchtigkeitsbedürfniss
der Erikenform angedeutet. Die offene Haidefläche der baltischen
Ebene ist ein Erzeugniss des Buchenklimas : auch in Schottland geht
die Calluna (bis 590) nur wenig über die Buchengrenze (58°j nach
Norden. Im Gebirge gedeiht sie im Bereiche der Wolkenregion,
bis zu bedeutender Höhe ist der nackte Abhang des Montblanc bei
St. Gervais von Calluna bedeckt. Auch den feuchten Bergwäldern
ist die Erikenform nicht fremd, eine eigentümliche Art [Erica
carnea) bewohnt die Nadelwälder in der Osthälfte des Gebiets der
Edeltanne. Auch ist das entschiedene Seeklima oder dessen Ersatz
durch die vermehrten Niederschläge im Gebirge nur ein Bedürfniss
der eigentlichen Eriken; andere Ericeen ersetzen sie in den Sümpfen
(z. B. Andromedapolifoliä), und von diesen wachsen einige in östlichen
Meridianen (Leduni, Andromeda calyculata). Bei diesen so
allgemeinen Beziehungen zu der Feuchtigkeit der Luft oder des Bodens
ist es indessen auffallend , dass dieselben Eriken, die Calluna
und die Glockenhaide [Erica Tetralix) im nordwestlichen Deutschland
sowohl den dürren Sand, als den wassergetränkten Torf der
Hochmoore bekleiden?8) und ungeachtet des grössten Gegensatzes
in der Bewässerung diesen Gegenden eine gleichartige Physiognomie
ertheilen. Aber diese scheinbare Unabhängigkeit von der Feuchtigkeit
des Bodens findet vielleicht darin ihre Erklärung, dass auch
auf dem trockenen Flügellande die Haidesträucher eine gebundene
Humusschicht über dem lockeren Sande ablagern, welche die atmosphärischen
Niederschläge des Seeklimas einige Zeit zurückzuhalten
geeignet ist. Wenn in einem grossen Theile der baltischen Ebene
die Calluna der einzige Vertreter der Eriken ist und die Glockenhaide
erst an der Vegetationslinie des Hülsenstrauchs auftritt und
dann in der Richtung zur Nordseeküste immer häufiger wird, so vermehrt
sich die Mannigfaltigkeit der Arten in Frankreich, bis sie in
den Haiden der Gascogne am grössten wird, wohin sich die meisten
portugiesischen Formen längs des atlantischen Meeres verbreiten.
In der langen Vegetationsperiode dieses Klimas werden auch die
Sträucher selbst grösser. In der Lüneburger Haide ist es schon selten
, Sträucher von 2 — 3 Fuss Höhe anzutreffen, in der Gascogne
beträgt die gewöhnliche Höhe des Haidegesträuchs etwa 3 Fuss und
zuweilen fast das doppelte.
Die Weidenform bleibt auch im Waldgebiete grossentheils an
dieselben Bedingungen gebunden, welche ihre Verbreitung in den
arktischen und alpinen Gegenden bestimmen. Sie ist nur durch gewisse
Arten der Weidengattung [Salix] vertreten, an welche sich an