Polarstrom, der dort während des Sommers ununterbrochen anhält
und die Ursache der Regenlosigkeit in dieser Jahreszeit ist, dringt
nicht mit gleicher Regelmässigkeit über die Karpaten in das Innere
von Ungarn ein. Die in den Pussten vorkommende Sommerdürre,
die in ihrem Umkreise sich auffallend vermindert, ist nicht aus herrschenden
Winden zu erklären, die, in derselben Richtung verharrend,
in Folge der südlicheren Breite auf ihrem Wege sich erwärmen, sondern
daraus, dass alle Luftströmungen, von dem waldigen Karpatenkranze
herabwehend, im Gebirge bereits Niederschläge verloren und
ausgetrocknet in die durch die Sommersonne gleichmässig erhitzte
Ebene eindringen. Hiebei ist es möglich, dass bei dem Wechsel verschiedener
Windesrichtungen doch gelegentlich Niederschläge sich
bilden, die dem Ackerbau zu gute kommen, und hiemit stehen auch
die Regenmessungen aus dem Gebiete der Pussten in Uebereinstim-
mungs8). Zu Szegedin an der Theiss, wo das Klima der Pussten in
voller Reinheit entfaltet ist, fielen doch im Jahre 1856 während der
Monate Juni bis September über 5 Zoll Niederschläge, in Debreczin,
wo die Berge schon näher liegen, sogar beinahe 14 Zoll, und diese
Befeuchtung des Bodens, die in den russischen Steppen unerhört
sein würde, vertheilte sich so gleichmässig über die vier Monate,
dass sie auch dem Baumleben wohl genügen möchte. Die Pussten
sind daher von dem übrigen Ungarn nicht als ein selbständiges,
klimatisches Glied auszuscheiden, wenn sie auch, weil der Boden
dazu einladet, einen Theil ihrer Vegetation aus den russischen Steppen
entlehnen, und wenn auch künftig, nachdem der Sumpf entwässert,
die Erdkrume gebessert und der Ackerbau ausgebreitet sein
wird, doch in Jahren der Dürre ihr Wohlstand leichter als anderswo
gefährdet bleibt.
Die Bäume, welche zur Charakteristik der Zonen Westeuropas
dienen konnten, genügen diesem Zwecke insofern nur unvollkommen,
als sie dem Umfange der natürlichen Abschnitte der Flora nicht
vollständig entsprechen. Dazu kommt, dass ihre Verbreitung in anderen
Richtungen oft weit über deren Grenzen hinausreicht und daher
nur einzelne Theile ihrer Vegetationslinien für die klimatischen
Werthe, die hier in Betracht kommen, maassgebend sind. Die
Kastanie, dieEdeltanne und dieCerris-Eiche bewohnen in Südeuropa
ein grösseres Gebiet als in Frankreich, Deutschland und Ungarn,
und ebenso sind die Eichen, Birken und Lärchen Russlands auch im
Westen einheimisch. Das Bezeichnende liegt nur darin, dass, wenn
man das ganze Wohngebiet dieser Bäume betrachtet, ihre Vegetationslinien
in einer bestimmten Richtung einen klimatischen Grenzwerth
erreichen, der mit den natürlichen Gliederungen der Flora
zusammenfällt. Aber eben weil der Wechsel der Vegetation von
Frankreich bis Sibirien und von den Alpen bis Lappland ein stetiger
ist, führt uns die Auswahl anderer Gewächse nicht weiter. Der Umfang
der natürlichen Zonen bezieht sich nur auf Mittelwerthe des
See- und Kontinentalklimas , die, aus zahlreichen, harmonisch verlaufenden
Vegetationslinien geschöpft und also gleichsam typische
Grössen sind, denen keine einzelne Pflanzenart vollständig entspricht.
Zur genaueren Begründung dieses Verhältnisses wäre es erforderlich,
neben jenen Bäumen solche Gewächse aufzusuchen, deren Vegetationslinien
dem Typus einer Zone am nächsten kommen, aber, ohne
in ein topographisches Detail einzugehen, lassen sich bis jetzt nur
wenige Andeutungen geben.
Weit vollkommener als die Kastanie bezeichnen den Umfang
der französisch-britischen Flora die immergrünen Sträucher, die von
den tiefer im Inneren des Kontinents gelegenen Ebenen Mitteleuropas
ganz ausgeschlossen sind, weil sie, als der Ausdruck des am höchsten
entwickelten Seeklimas, entweder einer längeren Vegetationsperiode
oder eines milden Winters bedürfen. Wie die immergrünen
Laubhölzer unter den eigenthümlichen Erzeugnissen des Mittelmeergebiets
voranstehen, so verbreiten sich Sträucher, die im Winter ihre
harten, oft glänzenden Blätter ebenfalls bewahren, von dort aus längs
der atlantischen Küste und, wenn auch einige Arten darunter sind,
die fähig wären, zu Bäumen zu erwachsen, pflegen sie hier ihre
zweiglose Stammstütze zu verlieren (Quercus Ilex , Ilex aquifoliuni,
Laurus nobilis). Dass je nach der Empfänglichkeit jedes einzelnen
Gewächses dabei wirklich die Grenzen ihrer klimatischen Sphäre erreicht
werden, zeigt sich, wie bei der Kastanie, darin, dass von den
zahlreichen, immergrünen Laubhölzern Südeuropas fast nur solche
Arten in die Ebene Frankreichs eintreten oder weiter hin sich ausbreiten,
welche am Mittelmeer, ohne daselbst auf die warme Küstenregion
eingeschränkt zu sein, bis zu einer gewissen Gebirgshöhe angetroffen
werden, und dass manche von ihnen, je höher sie dort
ansteigen, auch im westlichen Europa weiter nach Norden gehen.
So entstehen von den beiden Klassen dieser immergrünen Sträucher,
die entweder an die atlantische Küste gebunden oder der Kastanie
in ihren physischen Bedingungen näher verwandt sind, mehrere