236 I I I . Mittelmeergcbiet.
nur einen schmalen Küstenstreif, sie reichen nur bis zur Höhe von
12— 1500 Fuss 5), und jenseits der nahen Gebirgszüge verhindert
das Niveau des Binnenlandes, dass sie irgendwo im Innern der Halbinsel
wiederkehren. Diese Höhengrenze wächst in westlicher Richtung
, sie erreicht am Südabhang der Seealpen das Niveau von
2400 Fuss, bis zu welchem bei Nizza die Kultur des Oelbaums betrieben
wird 6). Aber an der portugiesischen Küste tritt ein neuer
Gegensatz hervor. Hier sinkt die Grenze der Olive sogar im äusser-
sten Süden von Algarvien wiederum unter 1400 Fuss herab und
schon von 900 F uss an aufwärts beginnen diese Bäume zu verkümmern
7). Man könnte glauben, dass ihnen die Feuchtigkeit der
atlantischen Küste ebenso wenig wie der rauhere Winter des Ostens
zuträglich ist. Doch kann erst bei den Regionen auf dieses Räthsel
des Steigens und Sinkens der Flöhengrenzen näher eingegangen werden
und es ist jetzt nur daraufhinzuweisen, dass in diesem Fall entgegengesetzte
Bedingungen, über einen gewissen Grad gesteigert,
gleiche Wirkungen haben können, dass die Extreme des gleich-
mässigen und des nach den Jahreszeiten wechselnden Klimas gleich
ungünstig einwirken und in den mitten inne liegenden Meridianen
jene Gewächse am höchsten in das Gebirge ansteigen. Wollte man
indessen Zweifel hegen, ob hier wirklich der Einfluss des atlantischen
Meers zu Grunde liege, so ist zu bemerken, dass auch die Buchengrenze
und vielleicht selbst die Schneelinie 8), so weit sie in Südeuropa
überhaupt zu erkennen ist, ganz ähnlichen Gegensätzen der westlichen
und östlichen Lage unterworfen ist wie die Ausbreitung der
immergrünen Region. Vielmehr scheint auf demselben Parallelkreise
dieser klimatische Wechsel auf gewisse Pflanzen sogar stärker einzuwirken
als der Unterschied der Breitengrade am Mittelmeer. Die
immergrüne Region reicht wenig höher hinauf in Lycien (36° N. B.)
als an der Südküste Thraciens (41°), der Oelbaum steigt nicht so
hoch am Aetna (2200 Fuss unter 38°) als im Litoral von Nizza
(2400 Fuss unter 44°). Die höhere Wärme einer südlicheren Lage
hat auf die immergrünen Gewächse einen geringen Einfluss, weil sie
von einer längeren Dauer der trockenen Jahreszeit begleitet ist, die
ihre Vegetation unterbricht.
In Spanien und Portugal sind die immergrünen Laubhölzer fast
über die ganze Oberfläche des Landes verbreitet, und doch ist keine
der südeuropäischen Halbinseln klimatisch reicher gegliedert als
diese. Dem dürren Hochlande steht die feuchte atlantische Küste
Westliche u. 'östliche Temperatur kurven.—Spanisches Klima. 237
gegenüber, dem rauhen Winter Madrids die heisse Niederung Andalusiens.
Den Uebergängen vom gleichmässigen in das excessivere
Klima, sowie von demUebermaass des Regens zuCoimbra bis zu dem
fast beständig heiteren Himmel von Murcia, Gegensätzen, die bald in
verschiedenem Grade abgestuft, bald durch Gebirgsketten schroffer
gesondert sind, entspricht eine Mannigfaltigkeit der Pflanzenarten,
die in Europa nirgends übertroffen wird. Im Norden bezeichnen die
Pyrenäen von ihren centralen Erhebungen aus bis zum Vorgebirge
hinisterre in Galicien eine scharfe Grenze gegen das Gebiet der
nordeuropäischen Flora, zu dem nach Klima und Vegetation auch
das biscayische Küstenland gerechnet wurde, wo nur wenige Pflanzen
Vorkommen, die nicht auch dem westlichen Frankreich angehören 9).
Unmittelbar an der Südseite der cantabrischen Pyrenäen beginnt das
weite Tafelland, welches den grössten Theil Spaniens umfasst und
durch die ihm aufgesetzten Gebirgsketten in mehrere natürliche Abschnitte
zerfallt. Auch dieses Hochland, dessen mittleres Niveau
über 2000 Fuss beträgt10), hat ein von der Mediterranflora abweichendes
Klima und bildet ein eigenthümlich spanisches Florengebiet.
Durch den regenlosen Sommer mit der immergrünen Region übereinstimmend
und daher manche ihrer Gewächse aufnehmend, unterscheidet
es sich durch den strengeren Winter11) und durch grössere
Irockenheit der Luft. Denn die spanischen Hochflächen sind im
Sommer noch dürrer als die Küstengegenden des Mittelmeers. Von
allen Seiten entziehen ihnen umschliessende Grenzgebirge den Wasserdampf,
durch die Verdunstung in der heissen Jahrszeit verschwindet,
was die Atmosphäre und die Berge dem Boden an fliessendem
Wasser zurückgeben. Bis zu einem gewissen Grade sind die Jahrszeiten
denen der russischen Steppenflora ähnlich. Auf den feuchtmilden
Frühling, der alle Pflanzen zur Blüthe treibt, folgt ein heisser
und trockener Sommer, und ebenso verkürzt der Winter ihre Entwickelungszeit.
Aber wenn sich hiedurch erklärt, dass einige Gewächse
des spanischen Hochlandes in der russischen Steppe und in
Anatolien wiederkehren, so ist deren Anzahl doch nur klein. Denn
so kalt wie in Russland ist der Winter nicht. Der Einfluss des atlantischen
Meers macht sich hier im Gegensatz zu dem excessiven Klima
des inneren Kontinents doch so sehr geltend, dass der grösste Theil
der spanischen Pflanzen die hohe Winterkälte der östlichen Steppen
nicht erträgt. Als ein eigenthiimliches Uebergangsglied zwischen
der Mediterran- und Steppenflora besitzt das spanische Tafelland