langt, die Winterkälte erheblich zu 6), aber die Vegetation wird in
dieser Jahrszeit durch die Schneebedeckung geschützt. Wie bedeutend
diese auch in der Kirgisensteppe wirken muss, um die Temperatur
im Boden zu massigen, davon hat Borsczow einen Beweis
geliefert 7), indem er in der Gegend des Ilek (50° N. B.) ein firnähnliches
Schneelager antraf, welches , von aufgewehtem Sande bedeckt
und durch die Verdunstungskälte zugleich vor dem Aufthauen
bewahrt, sich ungeachtet der hohen Sommerwärme dieser Gegenden
eine Reihe von Jahren erhalten hatte. Mannigfaltige Stauden, die
den Grasrasen in den russischen Steppen begleiten, finden sich in
gleicher Fülle und zum Theil in denselben Arten 8) auch im fernen
Osten der Songarei am Fusse des Altai, und, wenn sie in den öden
Umgebungen des Aralsees zurücktreten 9), So dürfte dies in der Beschaffenheit
des Bodens und nicht im Klima seinen Grund haben.
Wir werden sehen , dass nicht bloss die Erdschichten an der Oberfläche
den Charakter der Flora bestimmen , sondern auch der Bau
des Untergrundes in der Tiefe. Borsczow meinte, dass in den
Wüsteneien der Kirgisensteppe der atmospärische Niederschlag geringer
sei als diesseits des Uralflusses, aber derselbe beträgt auch
in den besten Gegenden Südrusslands, zwischen dem Dnjepr und
dem asowschen Meere nur wenige ZollI0), und auch hier ist der Sommer
ohne Thau. Ich betrachte daher die verschiedenen Bekleidungen
der Steppen und Wüsten im grossen Tieflande als Formationen, die
wegen der Ausdehnung gleichartiger Bodenverhältnisse über weite
Landstrecken in schärferem geographischem Umriss angeordnet sind,
und fasse den ganzen Raum von der Waldgrenze bis zu den Erhebungen
des Kaukasus und der persischen Gebirge als kaspisches
Depressionsgebiet zusammen. Auch die östliche Kirgisensteppe, die
der grossen Florde, ist ein Weideland, welches den Heerden reichliches
Futter gewährt11). Das Flachland reicht im Osten bis zum
Thianschan; zwischen diesem Gebirge und dem Altai bleibt die Flora
auch jenseits der russischen Grenzen sich gleich12) und behält wahrscheinlich
bis zur Mongolei einen übereinstimmenden Charakter. Die
tiefste Einsenkung der Fläche wird durch das kaspische Meer ausgefüllt,
und wo diese Depression, nach den Seiten und nach Norden
unmerklich sich hebend, das Niveau des Oceans erreicht, ist noch
nicht vollständig bekannt. Schon der Aral liegt einige Fuss über
dem Spiegel des Meers [24 Fuss] *3) und der Alakul-See am Fusse
des Alatau wird bereits auf 1130 Fuss geschätzt T . Der Ustjurt ist
ein abgesondertes Plateau von 600 Fuss Höhe zwischen dem kaspi-
schen Meere und dem Aral; in derselben Richtung verlieren sich
auch die südlichen Erhebungen des Ural in der Steppe. Allein als
Ganzes aufgefasst, ist das kaspische Depressionsgebiet eine grosse
Mulde, deren Niveau erst auf weite Entfernungen hin einem gewissen
Wechsel unterworfen ist. Vielfach wurde die Meinung ausgesprochen
und scheint gegenwärtig in Russland ziemlich verbreitet zu sein, dass
Verdunstung und Niederschlag daselbst nicht im Gleichgewichte
ständen und das Sinken des Wasserspiegels der Seen und Binnenmeere
ununterbrochen fortschreite. Borsczow hat im Einzelnen ausgeführt,
was sich für diese Ansicht sagen lässt. Wäre sie begründet,
so erhielte dadurch seine Vermuthung, dass das Klima in den tiefer
p-eleg-enen und wüsten Landschaften dieser Mulde, die sich von den
Umgebungen des Aral bis zum östlichen Gestade des kaspischen
Meers und zur unteren Wolga erstrecken, trockener sei als in den
jenseitigen Weideländern, eine bedeutende Stütze. Denn je geringer
die Niederschläge sind, desto leichter ist ein Ueberwiegen der Verdunstung
denkbar. Allein die Gründe, welche BaerIS) solchen Ansichten
entgegenstellt, scheinen mir unwiderlegt zu sein. Die Austrocknung
der Steppen, die aus dem Vorkommen der Ueberreste
lebender Muscheln und aus der allgemeinen Verbreitung derNatrium-
salze unzweifelhaft hervorgeht, verlegt dieser Naturforscher in eine
frühere geologische oder doch vorhistorische Periode und erklärt sie
für längst abgeschlossen. Hiebei stützt er sich auf die Angaben
Herodot’s, nach denen das kaspische Meer vor mehr als 2000 Jahren
denselben Umfang hatte wie jetzt, und er weist zugleich nach, dass
die russischen Steppen durch ihr fliessendes Wasser längst ausgesüsst
sind, was auf einen langen Zeitraum schliessen lässt, seit welchem
die Auslaugung begann, da ein frisch entblösster Meeresboden die
Flüsse, die ihn durchströmen, nothwendig salzen muss. Das süsse
Wasser der Wolga und der übrigen russischen Ströme beweist, dass
das Salz in der Steppe nur da zurückgeblieben ist, wo es nach der
Beschaffenheit des Bodens dem fliessenden Wasser unzugänglich war.
Die Wüsten am Aralsee können ebenfalls nicht als ein Beweis
betrachtet werden, dass die Niederschläge daselbst seltener seien
als in der Steppe. Aber um dies deutlich zu machen, muss der Begriff
der Wüste näher festgestellt werden. Es ist gerathen, hiebei
nur dem gewöhnlichen Sprachgebrauche zu folgen, da die mannigfachen
Versuche, dem Worte eine wissenschaftliche und dadurch