rikas die Grasebenen Venezuelas und Brasiliens. In den meisten
Fällen aber ist es der Wechsel des Klimas, wodurch sich die natürlichen
Floren in ihrer abgesonderten Stellung auf der Erde erhalten.
Werden die klimatischen Bedingungen, die auf das Pflanzenleben
von Einfluss sind, noch dadurch zu schrofferen Gegensätzen gesteigert,
dass, wie die Anden Südamerikas und der Himalaja in Asien,
sich mächtige Gebirgsketten an ihren Grenzen erhoben haben, so
wird der Austausch der Vegetation durch diese Verbindung von
mechanischen und physiologischen Einwirkungen um so vollständiger
gehemmt bleiben.
Bei der Vergleichung der Floren unter einander, sowie in der
Anordnung der Erzeugnisse desselben Gebiets, begegnen wir. zwei
Thatsachen, deren allgemeine Bedeutung von Wallace, wie ich
glaube, zuerst erkannt worden ist4): wir bemerken theils eine räumliehe,
theils eine klimatische Analogie in dem Bau der Formen. Dass
man überhaupt von einem gemeinsamen systematischen Charakter
einer natürlichen Flora reden kann, beruht darauf, dass die Verwandtschaft
oder Aehnlichkeit der Arten einer Gattung, der Gattungen
einer Familie um so grösser wird, je näher geographisch die
Vegetationscentren gelegen sind, wo sie entstanden, und von denen
sie durch ihre Wanderungen sich nicht weit entfernen konnten.
Dieser Einfluss der Lage, der in abgeschlossenen Gebieten, wie in
Australien oder im Kaplande, am entschiedensten ausgeprägt ist,
muss von den physischen Bedingungen der Vegetation wohl unterschieden
werden, die bei nahe verwandten Arten höchst ungleich sein
können. Grössere klimatische Unterschiede kann es nicht geben
als diejenigen, die durch die senkrechte Abnahme der Temperatur
im Gebirge bewirkt werden, und die in der Vegetation ihren Ausdruck
finden, wenn man ihre Bestandtheile von den unteren Thalstufen bis
zur Schneelinie vergleicht. Dennoch stehen die Erzeugnisse der
höchsten Regionen nicht selten in der nächsten systematischen Beziehung
zu denen der warmen Tiefebenen, aus welchen das Gebirge
sich erhebt. Die Astragalen, die in einer fast unerschöpflichen
Artenzahl die Steppen des Orients bewohnen, werden auf den Gipfeln
des Taurus, wie in den warmen Gestadelandschaften Kleinasiens
zwar durch besondere Arten vertreten, aber dieselben sind so nahe
unter einander verwandt, dass selbst einzelne Gruppen dieser Gattung,
wie die Traganthsträucher, unter so verschiedenen klimatischen
Einflüssen ydederkehren. Sic haben in dem oinen Falle, den grössten
Theil des Jahrs im Schnee vergraben, kaum Zeit, bei geringerWärme
ihre Blüthen zu entfalten und ihre Früchte zu reifen, in dem andern
ertragen sie die Hitze eines regenlosen Sommers und vollenden ihre
Entwickelungsperiode, vom Winterregen benetzt, in den Frühlingsmonaten.
Wenn auch auf deii Alpen die Physiognomie der Natur
in der Nähe der Schneegrenze das Klima und die Vegetation der
Polarzone in vielfachen Beziehungen vergegenwärtigt, so erwecken
doch gerade die eigenthümlichsten, die endemischen Gewächse häufig
die Vorstellung, als wären sie aus den Thälern emporgestiegen und
hätten, um sich den neuen Lebensbedingungen anzuschmiegen, ihre
Organisation nur so weit umgeändert, als es zu ihrem Fortbestehen
erforderlich war. Sie verhalten sich ähnlich wie die klimatischen
Varietäten, nur dass sie von den Arten, die man als ihren Stamm
betrachten möchte, um ebenso viel weiter abstehen als der Gegensatz
des Klimas grösser ist. Aber wie man sie durch die Kultur nicht
künstlich zu erzeugen vermags), so fehlen auch hier die Uebcrgänge,
die man in den stufenweise aufsteigenden Bergregionen erwarten
Sollte; plötzlich erscheinen die alpinen Arten und die der Ebene
verschwinden an bestimmten Höhengrenzen.
Der Ursprung solcher räumlichen Analogieën unter ungleichen
physischen Bedingungen erscheint daher den gegenwärtig wirksamen
Kräften der Natur entzogen und verbirgt sich in jener geologischen
Vorzeit, als das Gebirge aus seiner ebenen Grundfläche gehoben
wurde. Hier findet der Darwinismus eine Stütze, wenn man sich
vorstellt, dass im Verlauf unzähliger Generationen der umbildenden
Thätigkeit der Organismen gelungen sei, was sie in einer kürzeren
Zeit nur zur Erzeugung von Varietäten zu leisten vermag. Allein
strenger aufgefasst, sprechen solche Erscheinungen nur für einen
genetischen Zusammenhang der verwandten Arten, ohne einen Aufschluss
darüber zu geben, auf welche Weise die Umbildung erfolgt
sei, und ob die Variation, welche nur Formen von bestimmter Empfänglichkeit
fortbestehen lässt, das ausreichende Mittel dazu geboten
habe. Dies ist vielmehr wegen des Mangels an Uebergängen
in der Organisation, die sich, da der Wechsel des Klimas in senkrechter
Richtung allmälig eintritt, hätten erhalten können, keineswegs
wahrscheinlich, und eben darin besteht die Methode des Systematikers,
Varietäten und Arten zu unterscheiden, dass er bei jenen
solche Mittelformen nachweisen kann, bei diesen nicht. Aus den
räumlichen Analogieën ergiebt sich nur eine Abhängigkeit der Ve