durch die seichte Behringstrasse keinen genügenden Abfluss nach
buden haben, um ihre Temperatur durch rückströmendes Wasser
aus niederen Breiten auszugleichen, und dass sie daher bis zu einer
gewissen Entfernung erkältend auf ihre kontinentalen Umgebungen
einwirken. ö
Innerhalb des westlichen Waldgebiets sind die durch die mittlere
Wärme der Jahrszeiten ausgedrückten, klimatischen Gegensätze
beinahe ebenso gross wie in der alten Welt. Die Werthe der Sommer
und Wintertemperatur stimmen in den meisten Fällen überein,
aber die Anordnung der gleichwerthigen Orte ist nicht die nämliche
die Raume des See-, des Kontinental- und des gemischten Klimas
sind von ungleicher Ausdehnung. Humboldt*) hatte bemerkt, dass
man in New York den Sommer von Rom und den Winter von Kopenhagen,
in Quebek die Sommerwärme von Paris, die Winterkälte von
Petersburg verbunden finde. Aber diese Vergleichungen sind nicht
glücklich gewählt, weil sie die Vorstellung erwecken, als ob der
'limatische Werth der Jahrszeiten in Nordamerika von dem der alten
Welt an sich verschieden sei. Man kann vielmehr für jede nordamerikanische
Temperaturkurve eine angenähert gleichwerthige in
uropa oder Asien angeben. In den Mittelwärmen beider Jahrszeiten,
des Sommers und des Winters, entsprechen sichs) Fort Con-
fidence an der Baumgrenze (67° N. B.) und Ustjansk in Sibirien
Quebek (470) und Kasan, Boston (420) und Ofen, New York (41°)
und Wien, Richmond (370) und Bologna, Charleston (330! und Catania,
New Orleans (3o°j und Beirut; ebenso an der Westküste
Sitcha (570) und Bergen, Fort Vancouver am Kolumbia (46°) und
London. Es kehren daher Stationen des europäischen Buchenklimas
im Westen wie im Osten Nordamerikas wieder, eine sibirische Kälte
im Norden, eine südeuropäische Temperaturkurve in den südlichen
atlantischen Staaten.
Viel wichtiger aber sind die Gegensätze beider Hemisphären,
die sich ergeben, wenn wir den Umfang der entsprechenden Klimate
vergleichen: denn hierauf beruht ihre verschiedene Produktions-
fahigkeit, das Maass der natürlichen Hülfsquellen ihres National-
reichthums. Europa hat vermöge seiner tief einschneidenden Binnenmeere
den Vorzug eines weniger geänderten Seeklimas, welches im
ereich des nordamerikanischen Waldgebiets in Britisch-Kolumbien,
an dem Litoral von Alaska und unter dem Einfluss der kanadischen
Seen in den nördlichen atlantischen Staaten auf ähnliche Weise, aber
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auf einem viel engeren Raume ausgebildet ist. Auf der anderen
Seite übertreffen die südlichen Staaten das Mittelmeergebiet, dessen
Temperaturkurven sie wiederholen, weil ihre Vegetation im Sommer
nicht durch Dürre unterbrochen wird, und sie sind in dieser Beziehung
mit dem chinesischen Tieflande zu vergleichen. Im Ganzen
ist indessen doch durch die weite Ausdehnung der Prairieen nach
Westen und durch die tiefe Senkung der Baumgrenze an der Hudsonsbai
der entwickelungsfähige Theil des westlichen Kontinents
innerhalb der gemässigten Zone weit weniger geräumig als der der
östlichen Hemisphäre.
Nach den Vegetationslinien der herrschenden Waldbäume die
engeren Klimate Nordamerikas zu begrenzen, reichen die Beobachtungen
noch nicht aus. Auch hier können wir die nördliche Zone
der Nadelhölzer in den Hudsonsbailändern von den atlantischen
Staaten und Kanada unterscheiden, wo die Laubwälder mit den
Coniferen abwechseln. Aber dies ist nicht genügend, alle Abstufungen
des Klimas zu bezeichnen, die für den Charakter der Flora
maassgebend sind. Wir wollen daher vorzugsweise die wechselnden
Sommer- und Wintertemperaturen benutzen, um in einer vergleichenden
Uebersicht die engeren Gebiete der Flora denen der östlichen
Hemisphäre gegenüber zu stellen. Auf diese Weise aufgefasst,
lässt sich eine Reihe verschiedener Waldzonen unterscheiden, die
jedoch denen der alten Welt nicht vollständig entsprechen.
Ueber die Wälder des höheren Nordens in Amerika hat
Richardson6) die ausführlichsten Nachrichten gegeben, aus denen
hervorgeht, dass sie sich der Fichtenzone in der alten Welt ähnlich
verhalten. Wie in Sibirien reicht der gefrorene Boden der arktischen
Flora weit in diese Nadelwälder herab. An der Hudsonsbai wurde
das unterirdische Eis noch unter dem 56. Breitengrade beobachtet,
zu Fort York (570 N. B.) in einer Stärke von mehr als 17 Fuss.
Die Bäume schützen sich dadurch gegen die Kälte desselben, dass
ihre Wurzeln wenig in die Tiefe gehen und, wenn sie das Eis
erreichen, gerade als ob sie auf festes Gestein träfen, seitwärts fortwachsen.
Diese Waldzone ist das Gebiet der weissen Tanne (.Pinus
alba), die in Amerika die Fichte der östlichen Hemisphäre vertritt
und von allen dortigen Nadelhölzern am weitesten nach Norden geht,
weiter als die amerikanische Lärche [P. rnicrocarpa), die am Mackenzie
unter dem Polarkreise zurückbleibt. Im ganzen Norden des Waldgebiets
ist die weisse Tanne oft im ausschliesslichen Besitze des Bo-
G r i s e b a c h , Vegetation der Erde. II. 2. Aufl.