südfranzösische Flora längs des ligurischen Litorals mit der italienischen
in Verbindung. Die Grenzen dieser ebenso reichen, als eigen-
thiimlichen Vegetation scheinen in Spanien auch die Küste von Valencia
einzuschliessenl6), in Italien umfassen sie ein schmales Litoral
bis zu den Maremmen von Toskana. Aber im Süden von Valencia
nimmt die Flora immer mehr eigentlnimliche Bestandtheile auf, je
wärmer und trockener das Klima wird, während in Toskana die
Mannigfaltigkeit der ligurischen Vegetation rasch verschwindet, weil
hier im entgegengesetzten Sinne der Sommer feuchter und der Winter
kälter istI?). Dass nun aber auch im Rhonegebiet die Mediterranflora
weiter nach Norden rückt als in Italien, dass gerade hier durch
die Alpen undCevennen eine der schroffsten Vegetationsgrenzen von
ganz Europa entsteht, bedarf einer ausführlicheren Erörterung.
Nirgends kennen wir einen plötzlicheren Uebergang aus einem
Florengebiet in das andere als da, wo zwischen Montelimart und
Orange (440 25' N. B.) im Rhonethal die Olivenkultur beginnt.
Der Eindruck ist um so bedeutender, weil man nicht, wie beim Eintritt
in Italien, die Alpen überstiegen hat, sondern die südlichen
Pflanzenformen der Mediterranflora in der engen Thalebene von
Donzere unmittelbar mit der Vegetation des nördlichen Europas Zusammentreffen,
und zwar in solcher Fülle, dass man in Frankreich
über 600 Gewächse zählt18), die auf das Dreieck zwischen Nizza,
Orange und Perpignan eingeschränkt sind. Gerade da, wo dieser
Berührungspunkt zweier Florengebiete liegt, wird eine plötzliche
Abnahme des Sommerregens beobachtet *9), hier, wo Cevennen und
Alpen am nächsten zusammentreten, ist der Ursprung jenes herrschenden
Thalwindes, der, als Mistral bekannt, der Provence ihr
trockenes Klima verleiht. Wiewohl das südliche Frankreich in einzelnen
Wintern von strenger, aber rasch vorübergehender Kälte 2°)
betroffen wird, so beträgt doch der Wärmeunterschied der heissesten
und kältesten Monate in Nizza durchschnittlich nur etwa drei Grade
mehr als in Lissabon *?). Das Klima der Mittelmeerregion ist hier
also vollständig ausgeprägt, die Lage der umschliessenden Gebirgsketten
bewirkt, dass in diesem längs der Küste geöffneten Bassin der
Passatwind des Sommers weiter nach Norden reicht als zu beiden
Seiten, als im Bereich der Cevennen und Alpen. Aber dieser Wind
erhält hier zugleich einen eigenthümlichen Charakter, seine Richtung
wird durch die Pyrenäen und andere Einflüsse abgelenkt zum Nordwest,
oft steigt seine Heftigkeit zu stossweise wirkendem Sturm und
auch in den übrigen Jahrszeiten, auch im Winter wehen ganz ähnliche
, trockene Luftströme vom Gebirge zur Küste, der Mistral beherrscht
das Klima überall, wo die Seealpen keinen örtlichen Schutz
gewähren. Den Brustkranken, die der milde Winter in Hyeres und
Nizza versammelt, gereicht die trockene Luft dieses Windes zum entschiedensten
Nachtheil, nur das völlig geschützte Mentone ist eine
Zuflucht, ihm zu entgehen. Im Rhonethal, zwischen Orange und
Avignon sieht man alle Cypressen von diesen so häufig wiederkehrenden
, stürmischen Winden bogenförmig nach Südost gekrümmt.
In Marseille weht der Mistral durchschnittlich 176 Tage im Jahre,
im Winter ebenso oft wie im Sommer2I). Dieser Wind, der freilich
den Reiz des Klimas in diesem Lande so sehr beeinträchtigt, ist doch
eine Hauptursache von der Milde desselben, von dem Schmuck dieser
bltithenreichen Vegetation. Denn wenn er im Winter und Frühling
weht, stets von heiterem Himmel oder nur leichtem Gewölk begleitet,
wirkt die Sonne auch in diesen Jahrszeiten schon mächtig auf die
Temperatur22). Dass der Januar in Nizza beträchtlich wärmer ist
als in Florenz oder Lucca, dass die Mediterranflora an der Südseite
der Seealpen so viel höher emporreicht, ist Italien gegenüber nicht
bloss aus der westlicheren Lage, nicht bloss von der schützenden
Gebirgskette, sondern auch von den örtlichen Wirkungen des Mistral
abzuleiten. Die Ursachen der Erscheinung kann man nur dann
richtig würdigen, wenn man sie als eine Folge der plastischen Gestaltung
des Landes auffasst. Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet
hat es nichts Auffallendes, dass die Jahrszeiten, die den
allgemeinen Wechsel der Polar- und Aequatorialströmungen in Südeuropa
bestimmen, hier von so geringem Einflüsse sind. Die südlichen
Winde, die den Winterregen bringen, treffen hier ein Litoral
oder eine Tiefebene, die wärmer ist als das Meer, und entladen daher
ihre Feuchtigkeit erst, wenn sie an den Abhängen der Alpen
und Cevennen hinaufwehen. Dann bildet die Küste die wärmste
Zone, sie ist es, wo die erwärmte Luft aufsteigt, so dass zu Zeiten
in den verdünnten Raum der Mistral von den durch Wolken verhüllten
Bergen wie ein Wasserfall herabstürzt. Jeder Wind, dessen
Bahn in schräger Richtung nach abwärts geht, wird, weil die Luft
sich rasch und unregelmässig verdichtet, bald stossweise beschleunigt,
bald durch Pausen unterbrochen auftreten. Zugleich aber erwärmt
er sich in seiner Bahn, von der Höhe zur Tiefe hinabwehend,
und wird deswegen aus Wolken und Schnee in ein heiteres Küsten-
G r i s e b a c h , Vegetation der p]rde. I. 2. Aufl. 16