niemals Regen 73). Wenn auch in den Hochthälern nur örtliche
Winde aus verschiedenen Richtungen bemerkt werden, so scheint
doch über das Gebirge Hochasiens eine dauernde Polarströmung zu
wehen, die von Indien aspirirt wird und keine Verdichtung des in
diesen grossen Höhen ohnehin so spärlichen Wasserdampfs zulässt.
Erst an den höchsten Erhebungen, die wahrscheinlich in den Antipassat
hinaufreichen, wird die doch sehr beträchtliche Anhäufung
von ewigem Schnee erzeugt, welche die mächtigen Gletscher der
Karakorum-Kette bildet, aus denen ein Theil des Wasserreichthums
stammt, der in den beiden grossen Strömen des Indus und Brahmaputra
gesammelt wird. Nur aus einer Polarströmung in den unteren
Luftschichten ist es zu erklären, dass in den Hochthälern und Ebenen,
sowie an den schwach geneigten Abhängen, die Unfruchtbarkeit sich
zur nackten Wüste steigern kann, und Idass das weite Gebiet des
Yaru gegen das enger eingeschlossene des Indus in seinen Kulturbedingungen
zurücksteht. Die Hochebenen am Künliin sind auf beträchtlichen
Räumen oft ohne alle Vegetation, die höchsten derselben
3) liegen selbst über dem Niveau der Schneegrenze und sind
doch schneefrei, nur von wasserreichen Bächen durchfurcht, die von
dem Firn der Gipfel und von den Gletschern der Gehänge gespeist
werden w). Hier ist es, wie Schlagintweit bemerkt, nur dadurch den
Heerden von wilden Pferden, von Yaks und anderen Wiederkäuern,
die diese Einöden beleben, möglich, ihr spärliches Futter zu finden,
dass sie täglich Strecken von mehreren Meilen zurücklegen, um zu
den einzelnen, zerstreut liegenden Grasplätzen zu gelangen. Aehn-
lich verhält es sich mit dem Ackerbau am Yaru in Gross-Tibet, der
zwar bis zum Niveau von 13100 buss betrieben werden kann, aber
nur eine Kulturoase längs des Flusses bildet 74) ? während darüber das
Land zu einei Region, die nur noch der Viehzucht dient, weithin
ausgedehnt ist. Hier kommen zu Schigatsa nur im Sommer, namentlich
im Juli und August, heftige Regenschauer vor 73) ? wahrscheinlich
, weil dann, zur Zeit der grössten Stärke des Südwestmonsuns,
der Brahmaputra seine Wolken in das Seitenthal hinaufsendet. Der
Verlauf der Jahrszeiten ist also von dem des übrigen Steppengebiets
durchaus abweichend und, da die Vegetation demohngeachtet dieselbe
ist75) wie im westlichen Tibet, so kann der Einfluss dieser
vorübergehenden Regenzeit nicht von Bedeutung sein. Das fliessende
Wasser ist auf dem dürren Boden der tibetanischen Hochthäler die
einzige Bedingung eines ergiebigen Ackerbaus und dient zugleich
der einheimischen Vegetation zur Belebung. Mit dem Weizen, der
Gerste und dem Buchweizen, den Cerealien Tibets, sind es auch die
Obstbäume76), die Pappeln und Weiden, die an den Flusslinien der
Bewässerung die Möglichkeit des Fortkommens verdanken.
Der Anblick Tibets ist der einer weiten Oede, die Vegetation
überaus dürftig, der Boden steinig, Weidegrund mit kurzer Grasnarbe
nur stellenweise vorhanden. Auch von den Gebirgen sind zusammenhängende
Wälder ganz ausgeschlossen. Wenn man die
Laub- und Nadelhölzer der indischen Seite des Himalaja verlassen
hat, begegnet man erst wieder am nördlichen Abhange des Künlün,
dem ersten, aber auch hier nur spärlich erscheinenden Walde, der
aus Pappeln zu bestehen scheint 77). Im Flussgebiet des Satlej steigt,
vom übrigen Tibet ausgeschlossen, bis in das Spiti-Thal noch eine
Conifere [Juniperus foetidissima), ein Baum, der die oberste Waldregion
in Kunawur bildet und in Kaschmir mit anderen Nadelhölzern
des Himalaja zusammentrifft63). Wenn aber auch an den Strömen
der grossen Hochthäler Tibets nur vereinzelte Laubhölzer Vorkommen,
so werden doch zuweilen die Gesträuche dieses Landes baumartig.
In einer Nebenschlucht des Indus fand Thomson im Niveau
von fast 13400 Fuss 6?) ein Gehölz, welches aus einer bis zu 15 Fuss
hohen Myricaria von armdickem Stamm bestand, und im Shayuk-
Thale zwischen kahlen Schneebergen ebenfalls ein Dickicht von
Hippophae, die hier zu einem kleinen Baume ausgewachsen war.
Nicht die Kürze der Vegetationszeit steht in Tibet dem Baumleben
entgegen, sondern die Dürre des Bodens und die Trockenheit der
Luft. Denn da die Weizenernten vier Monate in Anspruch nehmen,
so würde die Temperaturkurve des Jahrs auch gewissen Bäumen
genügen können. Unter allen Pflanzenformen fallen daher auch die
Sträucher am meisten auf, die weniger Wasser bedürfen als dieBäume,
und eine längere Entwickelungsperiode haben als die Kräuter. Schon
von den ersten Forschern, die von Indien aus die Pässe des Himalaja
überstiegen, finden wir Dornsträucher mit gefiedertem Laube .unter
der Bezeichnung Furze) als charakteristisch für die tibetanische Flora
hervorgehoben, von denen einige zuweilen Mannshöhe erreichen
(Arten von Caragana^ neben kleineren Traganthsträuehern). Solches
Gestrüpp hört erst bei 16000 Fuss auf, in einem höheren Niveau als
die meisten Gräser, gerade wie die Sträucher der Wüsten am Aialsee
jenseits der Grassteppe auftreten. Zur Feuerung ist man in Tibet
auf diese Sträucher beschränkt und benutzt hauptsächlich eine Art,