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S A H A R A .
K l im a . Die S ahara ist das Gebiet der ungehemmt herrschenden
P assatströmung, eine nach Nordosten geöffnete, in einem durchschnittlichen
Niveau von 15 0 0 F u s s ausgebreitete Hochfläche, wo
aus der dampfleeren A tmosphäre fast niemals Niederschläge fallen,
wo die Thalschluchten, die W ad is , trocken liegen und nur unterirdisches
Wa sser fü h ren , und wo die Verwitterung des Felsbodens
keine Alluvionen erzeugt hat, sondern bald sandige Erd krumen ohne
Humus, bald nackteSteinwüsten ohne Erd krume mit einander wechseln.
Dass aber die Wasserlosigkeit der Oberfläche nicht aus dem
geologischen Bau Nordafrikas, sondern aus den Bewegungen der
A tmosphäre zu erklären se i, g eh t am deutlichsten aus den Verhältnissen
an der Südgrenze der Wüste g eg en Sudan h e rvo r, wo die
tropischen Sommerregen g erade so weit reichen, wie der Passatwind
in dieser Jahrszeit von äquatorialen Luftströmungen unterbrochen
w ird , ohne dass die Gestaltung und Mischung des Erd bodens sich
ändert. In den unermesslichen E b en en , die vom Nil durchströmt
werden, verlässt dieser Strom die Zone der tropischen R e g en beim
Einfluss des A tb a ra ( 18 0 N. B .) . Die Regengrenze entspricht den
zu dieser Z e it wehenden Südwinden, die dem stromabwärts das ganze
Ja h r hindurch herrschenden Nordpassat hier b e g e g n en , und gerade
hier geht die Wüste allmälig in S avanen ü b e r1), die im Sommer mit
dichtem Grase bewachsen sind. E b en so reicht die üppige Baurn-
vegetation Sudans bis zur Gebirgsoase der im Meridian von Tunis
gelegenen L an dscha ft A ir [18 0 N. B . ] 2), wo der Boden felsig ist wie
in der Sahara, aber südliche Winde R eg en bringen.
Die wüste Wendekreiszone des nördlichen A frik a s verhält sich
also übereinstimmend mit denjenigen Breiten des Océans, wo der
Passatwind ununterbrochen weht und der Wasserdampf, von dieser
in ihrer B ew egu n g sich erwärmenden Luftströmung aufgenommen,
dem heissesten Erd gü rte l zugeführt wird, ohne sich zu Wolken zu
verdichten3) . A lle in bei dieser A uffassung beg egn et man Schwierig keiten
, die zu abweichenden Ansichten über den regenlosen Charakter
der S ah a ra geführt haben. Wie so ll, könnte man fragen, die
Luft nach Süden, nach Su d an als Passatwind strömen, da unter dem
heiteren oder nur durch Wüstenstaub getrübten Himmel der nackte
Erdboden der S ah ara durch die Sonnengluth stärker erhitzt wird
als irgendwo so n s t , und der Passat doch nur eine Bew egun g von
kälteren zu wärmeren Gegenden ist? A u f diesen E inwu rf gründet
sich die Meinung H um b o ld t s * ) , der die R eg en losigk e it der Wüste
von dem wärmestrahlenden Sande ableitet, von dem »heisse L u ft säulen
überall aufwärts steigen und das Gewölk auflösen«. A b e r
dieselben Ursachen, durch welche die Wärme zum Uebermaass g e steigert
wird, so lange die Sonne am Himmel steht, bewirken auch
eine nicht minder excessive Abkühlung während der Nacht. S tö rungen
der Windesrichtung werden durch diese grossen Variationen
hervorgerufen, aber die allgemeinen Bew egun gen der Atmosphäre
beruhen in der tropischen Zone auf den Mittelwärmen, die eine F o lg e
der Solstitialbewegung s in d . Diese aber liegen in dem heissen Wüstengürtel
Afrikas in der T h a t tie fe r5) als in Su d an , ihre Zunahme e i-
zeugt auch hier den trockenen Passatwind, dessen R ichtung den
äquatorialen Wärmecentren des Kontinents zugewendet ist.
Ein anderes Bedenken kann man aus den Beobachtungen über
die Winde den Sahara selbst schöpfen. D ie bestätigenden A ngaben
will ich voranstellen. Im Nilthale herrschen von K a iro bis zum Su d rande
der nubischen Wüste die Nordwinde das ganze J a h r 0). Im
Westen, im Meridian von Timbuktu, tra f Caillé unablässig wehende
Ostwinde während des S om m e rs , und im W inte r, als P an e t7! von
Senegambien nach Marokko re iste, herrschten ebenfalls noch näher
der Westküste ( 2 0 °N . B .) nordöstliche und östliche Winde. Diese
sind e s , die fern in das atlantische Meer den Wüstenstaub tragen
und ihn zuweilen auf die vorübersegelnden Schiffe niederfallen lassen.
Solche Thatsachen lassen daher auf die A usbreitung des Passats über
die ganze Breite des K o n tin en ts , auf einen Zusammenhang mit den
allgemeinen Luftströmungen tropischer Meere schliessen. A uch kann