land übergehen, wo die Sonne ihre Strahlen aussendet. Dieselben
Erscheinungen können sich aber auch in anderen Jahrszeiten wiederholen,
weil stets der Gegensatz zwischen den kalten Wolkenregionen
desGebirgs und den heissen Küsten fortbesteht. Bei einer ähnlichen
Konfiguration der Küste wiederholt sich der Mistral in dem nördlichen
Gebiete des adriatischen Meers, wo er unter dem Namen Bora
bekannt ist 23).
In Italien besitzt ausserhalb der ligurischen Küste fast nur die
südliche, neapolitanische Hälfte der Halbinsel eine entschiedene Medi-
terranflora. Erst bei Terracina, an der Südgrenze des römischen
Gebiets, sieht man die ersten Dattelpalmen und die Orangen im
Freien gebaut, Gewächse, die an der ligurischen Küste so gewöhnlich
sind, während sie in Florenz und Rom nur in geschützter Lage,
in Gärten vereinzelt gezogen werden. In den Floren Toskanas und
des Kirchenstaats besteht, wie in der Lombardei, die grösste Zahl
der Gewächse aus mitteleuropäischen Formen, denen nur gewisseBe-
standtheile der immergrünen Region beigemischt sind, von welchen die
meisten auch anderswo die Grenzen des Mittelmeergebiets nordwärts
überschreiten. Erst die neapolitanische Küste wiederholt den Reichthum
der Riviera und der Provence. Aehnlich sind die Verhältnisse
an der Ostkiiste, am adriatischen Meer. Eine Fülle südlicher Formen
bekleidet noch das Vorgebirge Gargano in der Breite von Rom
(42 0 N. B .) ; die Abruzzen, wie Rom und Toskana, bilden schon ein
Uebergangsgebiet zur mitteleuropäischen Vegetation des Apennins,
wo in den tieferen Lagen zwar noch immergrüne Laubhölzer und
Oliven gedeihen2«), aber nur wenig eigenthümliche Erzeugnisse des
Mediterranklimas und noch weniger endemische Arten gefunden
werden. Berücksichtigt man ferner, dass die Verzweigungen des
Apennins einen grossen Theil von Mittel- und Süditalien erfüllen,
und dass in diesem Uebergangsgebiete die immergrüne Region, wo
sie an den Küsten auftritt, doch das Niveau von 1200 Fuss nicht zu
überschreiten scheint6), so erkennt man, wie wenig Raum der Entwickelung
der Mediterranpflanzen geboten ist. Zwischen Kastanien-,
Eichen- und Buchenwäldern (1200 — 6000 Fuss) wiederholt sich
hier die Flora des mittlern Europas. Schon oben wurde bemerkt,
dass die Ursache dieser Erscheinung darin liege, dass in Toskana
der Sommer feuchter und der Winter kälter sei als an der ligurischen
Küste. Jetzt aber müssen wir diesem Verhältniss näher treten,
da es nicht so einfach ist, als man bei der Vergleichung des
Klimas von Nizza und Florenz erwarten sollte. Denn in Rom, wo
noch keine wesentliche Aenderung des Vegetationscharakters von
Toskana eingetreten ist, fällt im Sommer weniger Regen als in
Genua, und auch der Winter ist fast so milde wie in Nizza2S). Bei
der Einwirkung der atmosphärischen Niederschläge auf die Vegetation
kommt es wenig auf deren Wassermenge an, da die Bedingung
des Wachsthums schon durch ein geringfügiges Maass derselben,
wenn es nur den Erdboden dauernd durchfeuchtet, erfüllt wird und
nur ein kleiner Theil des die Pflanzen benetzenden Wassers wirklich
in ihr Gewebe eintritt. Daher haben die ausserordentlich grossen
Unterschiede im Regenfall, welche unter der Einwirkung der Gebirge
hervortreten, auf die Vertheilung der Pflanzen ebenso wenig Einfluss
, als die Ungleichheit verschiedener Jahre auf die Fruchtbarkeit
2Ö) , vorausgesetzt dass nicht gewisse Grenzen der Nässe oder
Trockenheit des Erdreichs überschritten werden. Bei rasch entladenen
Gewitterbildungen können auch im Verlauf des Sommers
starkeRegengüsse die immergrüne Vegetation benetzen, und doch ist,
physiologisch betrachtet, für sie der Sommer regenfrei, weil der Boden
so schnell wieder austrocknet, dass die Saftströmungen nicht
Zeit haben in regelmässigen Gang zu kommen. Wenn dagegen in
jedem Monat die Niederschläge auch nur nach Bruchtheilen eines
Zolls zu messen sind, aber in angemessenen Pausen wiederkehren,
so wird die Wassercirculation desPflanzenlebens überhaupt nicht unterbrochen,
die Lebensbedingungen der nordeuropäisehen Gewächse
sind dann gegeben. Unter den meteorologischen Messungen über
die Niederschläge haben daher diejenigen, welche sich auf die Zahl
und Vertheilung der Regentage beziehen, eine weit grössere Bedeutung
als alle übrigen. Bringen wir nun diese Sätze bei der Vergleichung
der ligurischen Küste mit Toskana und Rom in Anwendung,
so erklärt sich der abweichende Vegetationscharakter daraus, dass
während des Sommers in Florenz 17, in Rom 15 Regentage Vorkommen,
in Nizza dagegen nur 6, und auch diese sind mit jenen
nicht völlig vergleichbar, sofern es darauf ankäme, Gewitterschauer
und Landregen zu unterscheiden. Auch die Temperatur des kältesten
Monats kann, obgleich die Messungen nur geringe Unterschiede
ergeben, doch bedeutend ins Gewicht fallen, da es sich um Grenz-
werthe handelt, wobei eine kleine Grösse doch von grossen Wirkungen
auf die Vegetation begleitet sein würde. Frägt man nun aber,
welche Ursache wohl den Verschiedenheiten des Klimas von Ligurien
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