Jahrszeiten, der die Steppenvegetation hervorruft, stets derselbe
bleibt, ein blüthengeschmückter Frühling diesen Gegenden allein
vergönnt ist.
Den Vegetationscharakter Afghanistans bezeichnet Griffith S9)
als kleinasiatisch, Stocks6o) findet ihn übereinstimmend mit dem südlichen
Persien. Hiemit erscheint die Gleichartigkeit der Pflanzenformen
in dem ganzen Umfang der Hochländer vom Mittelmeer bis
zum Indus ausgesprochen. Die Astragaleen, die stechenden Stati-
ceen, die Artemisien und Labiaten, die Zwiebelgewächse, die zahlreichen
Cruciferen, Boragineen und Doldenpflarizen sind in Afghanistan
neben den Halophyten für dieses Verhältniss maassgebend.
Griffith erwähnt, dass er daselbst sechzig Astragalus-Arten gesammelt
habe, und in seiner Sammlung, sowie in der Bunge’s aus Herat,
sind auch die Traganthsträucher vertreten. Der Trockenheit und
Hitze des Sommers entsprechen die Dornenbildungen, die vielleicht
in keinem Theile des Steppengebiets so häufig sind wie hier, ebenso
die Wollhaare an den Organen und ihre ätherischen Oele. Die
eigenthümliche Stellung des Landes beruht auf der allgemeinen Verbreitung
strauchartigen Wachsthums und darauf, dass aus dem Himalaja
und aus den dürren Landschaften Indiens gewisse Arten erst
an der afghanischen Centralkette und im Hindukusch ihre westliche
Grenze finden. Nirgends, bemerkt Stocks6l), ist der Boden nackt,
Anhöhen und Ebenen sindgleichmässig von den niedrigen Sträuchern
bekleidet, viele Gewächse, besonders die allgemein vorkommenden
Artemisien und Labiaten zeichnen sich durch ihren Duft aus, das
ätherische Oel soll sogar dem Fleische der Schafe und Ziegen einen
»fast aromatischen« Geschmack geben. Wenn die Sonne im Junius
die trockene Jahrszeit bringt, gewähre diese Vegetation freilich einen
dürren Anblick: im Frühlinge sei hingegen die Färbung der Landschaft
ein dunkles Olivengrün, wogegen das frische Grün der angebauten
Thäler einen angenehmen Gegensatz biete. In den steinigen
Gegenden, wo niedrige, blattarme, dornige Halbsträucher vorherrschen,
aber doch nur vereinzelt wachsen können, ist die Physiognomie
der Landschaft indessen minder erfreulich, und eine solche Beschaffenheit
des Bodens ist häufig genug. Von dem Einfluss der
indischen Flora wird der Südrand von Beludschistan am meisten berührt,
der, ebenso wie die südliche Küste Persiens, einen Uebergang
theils zur arabischen Sahara, theils zu den Wüsten von Sind und
vom Punjab darstellt. In dem Waldgürtel des Hindukusch bemerkt
man ebenfalls nicht europäische und persische, sondern Bäume des
Himalaja (allein 5 Coniferen nebst Aesculus und Dalbergia Sissoo),
eine Erscheinung, die sich daraus erklärt, dass der orographische
Zusammenhang mit der Elborus-Kette zwar in Khorasan nirgends
unterbrochen zu sein scheint, dass aber in dieser Richtung die Wälder
aufhören und schon der westliche Hindukusch baumlos und
minder hoch ist.
In dem Ackerbau der Hochthäler Afghanistans lässt sich eine
Annäherung an die Vegetationsbedingungen Tibets bereits eikennen,
eine Aehnlichkeit, wie sie nach der Bodengestaltung sich erwarten
lässt. Eine massenhafte Anschwellung der Erdoberfläche bewirkt,
wie uns schon die Alpen des Engadin gelehrt haben, auch wenn sie
durch Bergzüge zu Thalbildungen gegliedert ist, gleich den Hochebenen
eine bedeutende Steigerung der Sommerwärme und damit
eine Erhöhung aller Vegetationsgrenzen. Weizen und Gerste sollen
in Afghanistan bis zum Niveau von 9400 Fuss58) fortkommen; bei
Kabul (6000 Fuss) wird sogar Reis gebaut; die Obstbäume sind fast
dieselben wie in Buchara, neben einigen eigentümlichen62) theils
nord-, theils südeuropäische, ihre Früchte ebenfalls berühmt, auch
die Weinkultur ist von Bedeutung. Die Dattelpalme steigt von der
Südküste bis in die wärmeren Hochthäler (bis 4400 Fuss) und wird
in Beludschistan von einer Zwergpalme begleitet (Chamaerops Rit-
chieanä), die nordwärts den Fuss des Hindukusch bei Attok am Indus
erreicht. In der Höhe von Kabul, wo die Nachtfröste spät in das
Frühjahr reichen, sind die Zeiten der Saat und Ernte denen von
Europa ähnlichS7), die Sommerfrüchte können erst im Mai bestellt
werden und reifen im August und September. Um so merkwürdiger
ist unter diesen Umständen die Kultur von Reis und Mais, wobei
man entweder eine ungemeine Beschleunigung der Entwickelungsphasen
dem Klima zuschreiben oder annehmen muss, dass man dort
Spielarten dieser Cerealien besitzt, die sich durch eine kurze Vegetationszeit
auszeichnen, wie man sie vom Reis in China, vom Mais in
Nordamerika erzeugt hat.
Die Flora von Tibet umfasst den ganzen], von den höchsten
Gebirgen der Erde erfüllten und umkränzten Raum vom indischen
Kamm des Himalaja bis zum nördlichen Fusse des ICünlün, wo die
Ebene von Iltschi nur 4000 Fuss hoch liegt2) und nun die Gobi-
Steppe beginnt. Die älteren Vorstellungen, dass Tibet eine einförmige
Hochebene sei, wurden schon von Humboldt berichtigt, und