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 Hochlande  der  Städteruinen  von  Lycien  wird nach Art der  
 Sennwirthschaft ein  eigentümlicher Korn- und Weinbau  betrieben,  
 indem  die Bewohner  der  tiefer gelegenen Küstenterrasse während des  
 Sommers  zu  diesem  Zwecke  daselbst  die  sogenannten Yailah’s  beziehen, 
   das  heisst  ihren  periodischen  Wohnsitz  im  Gebirge  auf-  
 schlagen 3°), 
 Die  politische  Gebirgskette und deren hochalpine Fortsetzung31]  
 über  den  Isthmus  zwischen  dem  schwarzen  und  kaspischen  Meere,  
 die  Einige  den  unteren  oder  südlichen  Kaukasus  genannt  haben’  
 bilden  den Nordrand Armeniens,  eines Landes,  dessen Niveau in der  
 Ebene von Erzerum  (6050  Fuss)  ungefähr  doppelt  so  hoch  liegt  als  
 das  Innere  Anatoliens.  Von  jenem Randgebirge  gehen  zugleich  in  
 südwestlicher Richtung  die zahlreichen  Gliederungen  des Taurus,  in  
 südöstlicher die Ketten  von Kurdistan  aus,  und  beide  erfüllen  das  
 Hochland  in  solchem  Maasse,  dass  die  Flächen  zu  abgesonderten  
 Becken werden  oder auch nur zu  blossen Flussthälern sich  verengen.  
 Die  grossen Landseen  des  Goktschai  und  des Wan in Armenien,"sowie  
 des Urmia  in Aserbeidschan  zeigen  indessen,  dass  die  Gebirge  
 in  gewissen Gegenden weit genug aus einander treten,  um  geräumige  
 Hochebenen  zu  erzeugen,  und  diesem Verhältniss  entspricht auch  
 der Vegetationscharakter Armeniens,  der als Hochsteppe bezeichnet  
 worden  ist,  wo  weite Strecken von  Traganthsträuchern und  stechenden  
 Staticeen  [AcuntJwlimorp  bedeckt sind32).  Die östlichen Grenzen  
 der armenischen Flora  sind  noch  nicht genauer bekannt.  Nach  den  
 Sammlungen der Reisenden Szovits aus Aserbeidschan und Kotschy’s  
 aus  Kurdistan  zu  schliessen,  scheinen [diese Gebirgsländer  nicht  erheblich  
 abzuweichen  und  den  Uebergang  zur  persischen  Flora  zu  
 vermitteln.  Südwärts  ist die Abdachung zum mesopotamischen Tieflande  
 sanfter  als  im Norden  zum  Pontus  und  zum Rion  und  Kur,  
 aber  der  Gegensatz  des  Klimas  und  der  Vegetation  da,  wo  der  
 Tigris  aus den Gebirgen tritt,  doch höchst überraschend.  ZuMosul33)  
 herrscht im April  ein heiterer Himmel,  und den  dürftigen Graswuchs  
 der  mesopotamischen  Ebene  beginnt  bereits  Sommerhitze  zu  versengen, 
   in  einer Jahrszeit,  in welcher  Erzerum  noch  in  Schnee  und  
 Eis begraben  liegt.  So  gross  auch  der Unterschied  des Niveaus  ist,  
 so  erklärt dies  doch  den Gegensatz  des Klimas  nicht genügend,  da  
 auch Armenien  und Aserbeidschan  sich  in  gewissen Richtungen beträchtlich  
 senken  und der Charakter des Landes doch derselbe bleibt. 
 So  ist  das  Thal  des  Araxes  schon  zwischem  dem Alages  und dem  
 Ararat  tief eingeschnitten  (bis  2500 Fuss)  und  geht  allmälig  in  die  
 Tiefebene  des Kur  über.  Die durch Irrigationen unterhaltenen Baumpflanzungen  
 der Dörfer  sind  am Araxes  wie Oasen  zerstreut34)  und  
 von  wüster  Steppe  umgeben.  Niemals  haben  sich  hier  grössere  
 Städte  entwickelt  wie  in  Mesopotamien,  wo  sie  die  älteste  vorderasiatische  
 Civilisation,  die assyrische und babylonische,  begründeten,  
 wo  eine  intensive Bodenkultur  blühte und noch jetzt die Dattelpalme  
 gezogen  wird.  Nicht  das Niveau,  nicht  eine  ungleiche Zugänglichkeit  
 des Flusswassers,  welches in beiden Fällen  dem Ackerbau  noth-  
 wendig  ist,  sondern  die  verschiedene  geographische  Lage  ist  die  
 Ursache  dieses Gegensatzes,  indem  das Araxesthal,  noch  Nordost  
 geöffnet,  die Luftströmungen  des Kontinentalklimas  aus  den kaspischen  
 Steppen  empfängt,  der Euphrat und Tigris  hingegen mit den  
 heissen  Küsten  des  persischen  Meerbusens  und  mit  der  syrischen  
 Wüste  in  unmittelbarer  Verbindung  stehen.  Die  armenische Flora  
 beweist  eben  aufs  Neue,  indem  sie  allmälig  in  die  um  2000 Fuss  
 tiefer gelegene,  dürre .  baumlose ,  von  der Sonne  verbrannte Hochebene  
 von Aserbeidschan  übergeht,  dass  der Charakter der Steppenvegetation, 
   wie  in  Spanien,  von  dem Niveau  unabhängiger  ist  als  
 von  der Dauer  und  Strenge  des Winters  und  von  der  Trockenheit  
 der Luft. 
 Das armenische Klima ist den benachbarten Hochländern gegenüber  
 zwar durch  die Kälte  des Winters33)  und  durch  die Verspätung  
 der Vegetationszeit  im  Nachtheil,  aber  ungeachtet  einer  trockenen  
 Atmosphäre  doch  durch weit grösseren Wasserreichthum vortheilhaft  
 ausgezeichnet.  Der Uebergang zum  Sommer  erfolgt rasch nach dem  
 Aufthauen  des  Schnees,  aber  die  kurze Dauer  einer dem Pflanzenleben  
 entsprechenden Wärme  lässt  in Armenien  keinen Wald  auf-  
 kommen,  sondern  erzeugt  in  den  höher  gelegenen  Gegenden  Gewächse, 
   die  in  ihrer Organisation  der  alpinen Flora  näher  stehen,  
 während  durch  die Regenlosigkeit der heissen Monate die klimatische  
 Analogie  mit  den  oberen Regionen  der Alpen  und  des Kaukasus  
 wiederum aufgehoben  wird.  Ein  zusammenhängender Waldbestand  
 gehört  nur  den äusseren Randgebirgen  an,  deren  feuchter Sommer  
 einen  entschiedenen Gegensatz  zwischen  der Flora  des  inneren Armeniens  
 und  der Vegetation  in  den Gegenden  des Alages  hervorruft,  
 durch  welche  ein Uebergang  zu  den  Pflanzenformen  des Kaukasus  
 vermittelt wird.  Zu  den  feuchtesten Landschaften  gehören  die Um