glaube ich jetzt, ebenso wie die Verbreitung von gewissen Erzeugnissen
eines feuchten Bodens, von den Zügen des Albatross [Dio-
medea) ableiten zu können, welcher, abweichend von der Lebensweise
der meisten anderen Zugvögel, über beide Hemisphären, vom
Kap Horn bis zu den Kurilen und Kamtschatka, wandert und die
Standorte jener Pflanze in der arktischen und antarktischen Flora
in Verbindung setzt. Mit der Beute, die dieser Vogel verschlingt,
kann er auch die Samen von Pflanzen, welche, mit den Flüssen ins
Meer gespült, in den Magen der Fische übergehen, in einzelnen
Fällen ausstreuen, so dass sie an fernen Küsten aus seinem Dünger
auf keimen. Solche Deutungen enthalten wenigstens nichts Hypothetisches,
als dass die Uebertragung des Samens nicht unmittelbar
beobachtet ist, und wie viel mehr unerwiesene und selbst unzulässige
Voraussetzungen sind erforderlich, wenn man mit Hooker
solche Ansiedelungen von einer vorweltlichen Eisperiode herleitet
und annimmt, dass zur Zeit, als die Erde sich wieder erwärmt haben
soll, eine Wanderung der Pflanzen vom Aequator in der Richtung
zu beiden Polen stattgefunden habe. Bei solchen geologischen Hypothesen
ist jede weitere Untersuchung ausgeschlossen, und es bleiben
die nächstliegenden Fragen unbeantwortet, weshalb die arktischen
und antarktischen Pflanzen nur in äusserst seltenen Fällen identisch
sind, oder wie es kam, dass jene Gentiane sich nicht irgendwo auf
den Kordilleren erhalten hat, wo die Bedingungen ihres Vorkommens,
ebensowohl wie auf den Alpen und auf den asiatischen Gebirgen,
vorhanden sind. Die wirklichen Wanderungen von Pflanzen längs
der Andenkette, wie die der Drimys und der Desfontainia, lassen
sich an dem Zusammenhang der einzelnen P'undorte erkennen und
wurden durch den Isthmus von Panama gehemmt.
Von grösserer Bedeutung für den Charakter der antarktischen
Flora als der Austausch mit anderen Gebieten ist die Analoo-ie im o
Bau der vikariirenden Arten, wodurch die Waldregion mit Neuseeland,
die alpine mit dem hohen Norden unserer Hemisphäre verknüpft
wird. Hooker hat die antarktischen Gattungen verzeichnet21),
welche in Neuseeland durch nahe verwandte Arten vertreten werden.
In der australischen Flora sind solche Fälle weit seltener, in
der des Kaplandes am seltensten, wie dies theils den räumlichen,
theils den klimatischen Beziehungen der Vegetationscentren entspricht.
Die letzteren allein aber sind für die Verwandtschaft der
antarktischen Flora mit der des hohen Nordens22) maassgebend.
Man kann auf den Umfang des antarktischen Gebiets etwa
4000 g. Quadratmeilen23) rechnen. Ungeachtet des feuchten Klimas
und der grösseren Verschiedenheit der Standorte erkennt man, von
der chilenischen Uebergangsflora ausgehend, eine ebenso entschiedene
Abnahme des Reichthums an Arten, wie in Europa mit wachsender
Polhöhe eintritt. Eine Schätzung der bekannt gewordenen
Pflanzen2-*) ergiebt gegen 1600 Arten, von denen etwa 1200 endemisch
sind; Hookeds Flora der Magellanländer, soweit sie den
südlichen Abschnitt unseres Gebiets umfasst, enthält noch nicht
300 Phanerogamen. Von endemischen Gattungen hat die antarktische
Flora etwa 25 geliefert25), die sich unter 13 Familien vertheilen
und (mit Ausnahme von Myzodendron) fast sämmtlich monotypisch
sind. Eine Mehrzahl von Gattungen enthalten die Synanthereen (6),
die Coniferen und Smilaceen (je 3).
Die Reihe der vorherrschenden Familien stellt sich verschieden
heraus, je nachdem man das ganze Gebiet oder den südlichen Abschnitt
der Magellanländer allein zu Grunde legt26). Demungeachtet
zeigen beide Reihen eine grosse Analogie mit den verwandten Floren
der nördlichen Hemisphäre, wie es in den übrigen südlichen Kontinenten
nirgends und ausserdem nur noch in Neuseeland der Fall ist.
Eine Eigentümlichkeit besteht darin, dass, den Vegetationscentren
der Nachbarfloren gemäss, unter den Synanthereen auch hier noch
die Labiatifloren vertreten sind.