legend, hielt er es für wahrscheinlich, dass der Boden daselbst das
Niveau von 2640 Fuss nicht erreiche. Die 'Produkte 83) von Khotan
und Kaschgar sind in der That fast die nämlichen wie im Tief lande
von Buchara: ebenso wie dort beruht ihre Erzeugung auf Irrigationen;
mit dem Weizen wird Mais und Reis, auch Baumwolle wird
gebaut, neben dem Wein und dem Morus finden wir unter denFrüch-
ten des Landes den Pfirsich und die Aprikose, selbst Oliven und
Granatäpfel bezeugt. Nach chinesischen Quellen soll Hami sogar
Orangen hervorbringen ®2). Dennoch hat sich die Vermuthung Humboldt
s, dass der Boden amFusse der Gebirge eingesenkt sei, wenigstens
in Khotan nicht bestätigt; es liegen jetzt Johnson’s umfassende
Höhenmessungen 8l) vor, nach denen die weiten Ebenen, in denen
jene Kultur stattfindet, in einem noch etwas höheren Niveau liegen
als die Gobi zwischen Peking und Kiachta. Die Bodenerzeugnisse
dieses Tafellandes müssen daher aus den klimatischen Bedingungen
ihrer Kultur selbst erklärt werden. In dieser Beziehung geben
neuere Nachrichten84) über den Verlauf der Jahrszeiten in Kaschgar
näheren Aufschluss. Der Winter ist so milde, dass weder die Flüsse
gefrieren, noch der spärlich fallende Schnee über drei oder vier Tage
liegen bleibt. Auch Nebel und Regen werden im Winter selten beobachtet
: vom September bis zum März regnete es nur an zwei Tagen,
und auch dann nur mit Unterbrechungen, obgleich die herrschenden
Winde aus Westen kamen. Die Belaubung der Bäume
begann Anfang März, dann blühten auch Tulpen und Anemonen,
erst Ende Oktober fingen die Blätter an abzufallen. Den Sommer
hindurch soll eine drückende Hitze herrschen, während dichte Staubwolken
die Luft erfüllen und Regenschauer äusserst selten sind.
Das Klima ist also hier, in der Breite von Valencia (3g0 N. B.), dem
des Mittelmeergebiets zu vergleichen, aber es unterscheidet sich
durch eine hohe Trockenheit der Luft in allen Jahrszeiten, und dadurch,
nicht durch den Winter, wird das Land zur Steppe und
Wüste. Es würde jene Produkte nicht erzeugen können, wenn es
nicht von den drei es umschliessenden Schneegebirgen aus mit Gewässern
reichlich versorgt würde, die sich zumTarim vereinigen, einem
Flusse, der in den Lop-Noor sich ergiesst. Das fliessende Wasser
stellt eine Vegetation von achtMonaten zur Verfügung, und die hohe
Sommerwärme vermehrt den Zuckergehalt der Früchte. Die Trockenheit
des Klimas ist leichter zu begreifen als die Milde des Winters:
denn die Richtung der Luftströmungen ist hier von keiner Bedeutung,
weil sie auf den Gebirgsketten ihren Wasserdampf verlieren, und die
einzige geöffnete Seite, die östliche, die der Gobi selbst ist. Aber
auch vor den kalten, sibirischen Polarwinden schützt der Thianschan
diese Hochebene, der auf die an seinem Fusse gelegenen Städte
Aksu Hami und andere ähnlich wirken wird wie die Alpen auf die
lombardischen Seeufer. Die Seltenheit der Wolkenbildungen lässt
der Insolation den freisten Spielraum, und die Höhe des Niveaus
verstärkt dieselbe auch im Winter, wenn auch in geringerem Grade
als oben von Leh erwähnt wurde. Dies scheinen die Bedingungen
zu sein, unter denen hier am Aussenrande der Hochebene eine
beträchtliche Zahl grosser Städte und Mittelpunkte der Bodenkultur
sich entwickelt haben, im Gegensatz zu den vom Gebirge entfernteren
Gegenden, die wüst und unbewohnt sind, obgleich sie, nach dem
Laufe der Flüsse zu urtheilen, in einem tieferen Niveau liegen. Denn
wie in Buchara grenzt unmittelbar an den irrigirten Kulturboden
eine Wüste mit beweglichen Dünen aus Flugsand , fast völlig von
Vegetation entblösst 8s) und mit salzhaltigen Thonschichten wechselnd.
Auch hier scheinen , wie in Persien , die tiefsten Niveaus der Wüste
anzugehören, deren Umgebungen aus Steppen zu bestehen; aber die
vielfältige Bewässerung durch zahlreiche Gebirgsflusse bewirkt, dass
fruchtbare Landschaften, selbst mit Baumdickichten begrünt, sich
»wie blühende Inseln« in die Oede hinabziehen. So ist es auch hier
nur das Gebirge, welches Oasen erzeugt, wogegen in den weiten
mongolischen Hochebenen der Gobi keine Städte gegründet wurden,
sondern, wie in der Kirgisensteppe, nur wandernde Hirtenvol er
umherschweifen. _
Dass in diesen mittleren und östlichen Theilen der Gobi ebenfalls
Wüsten und Steppen mit einander wechseln, ist wahrscheinlich.
Aber die Nomadenbevölkerung von mongolischen und turkisc en
Stämmen, die eben von der Gobi aus zu wiederholten Malen in die
Kulturländer des Westens wie des Ostens erobernd einbrachen, ist
viel zu zahlreich, als dass man nicht den Steppen und Weideländern
einen viel grösseren Umfang als der Wüste zuschreiben musste.
Ohnehin wiederholen sich die Sandwüsten Hochturkestans nur selten
in den östlicher gelegenen Gegenden, wo die steinige und felsige Beschaffenheit
des Bodens bis nach Daurien überwiegt86). Auf dem
Wege von Kiachta nach Peking wurde die Gobi zwar streckenweise
wasserlos gefunden, aber doch nur auf wenigen Tagemärschen, und
selbst hier von Weideplätzen mit Grundwasser in geringer Tiefe
G r i s e b a c h , Vegetation der Erde. I. 2. Auf).