ableitet, dass sie eine ungleiche Receptivität gegen äussere Einflüsse
besitzen und die eine zarter organisirt sei als die andere.
Der Austausch der Pyrenäen mit den Alpen ist auf die Weise
vor sich gegangen, dass die Wanderung von den Alpen aus häufig
erfolgte, von den Pyrenäen zu den Alpen dagegen nur selten. Dies
ergiebt sich daraus, dass die meisten Alpenpflanzen, die in den Pyrenäen
wiederkehren, Arten von grosser Wanderungsfähigkeit sind,
die in den verschiedensten Richtungen sich ausbreiteten und daher
auch in anderen Gebirgen aufzutreten pflegen. In den Pyrenäen ist
der östliche Abschnitt der Kette, der durch die Cevennen mit den
übrigen Gebirgen Frankreichs unmittelbar zusammenhängt, jedoch
von den Verzweigungen des Alpensystems durch das Rhonethal getrennt
wird, vermöge seines Mediterranklimas dem Gebiete fremd,
und deshalb sind nur wenige seiner Erzeugnisse den Bergketten nach
Norden gefolgt. Den klimatisch ähnlicheren Centralpyrenäen aber
fehlt mit diesen jede orographische Verknüpfung. Zwischen den Gebirgen
Spaniens dagegen und der ganzen Pyrenäenkette besteht ein
vielfältiger, sowohl orographischer als klimatischer Zusammenhang,
und diesem Verhältniss entspricht es, dass beinahe die Hälfte derjenigen
Gewächse, die man früher nur von den Pyrenäen kannte, in
den oberen Regionen jener Halbinsel wiedergefunden ist (62 Arten
unter 150 meiner Sammlung). Dieses Ergebniss gewinnt noch dadurch
an Interesse, dass der französische Abhang der Pyrenäen weit
genauer bekannt ist als der spanische, und also die Pflanzen, die im
Inneren von Spanien wiederkehren, an dem Hauptkamme der Kette
keine Schranke gefunden haben. In einigen besonderen Fällen wird
es noch deutlicher, dass die Pyrenäen mit Spanien in einer näheren
klimatischen Beziehung stehen als mit Frankreich. Sowie gewisse
Pflanzen der spanischen Flora zugleich in den Steppen des Ostens
einheimisch sind, so wächst auf den trockeneren Ostpyrenäen eine
eigenthümliche Gentiane (Gentiana pyrenaica] , die, in den Alpen
fehlend, auf den Karpaten Siebenbürgens und auf dem Kaukasus
wiederkehrt. Aehnlich verhalten sich noch mehrere andere Pyrenäenpflanzen,
die sowohl den östlichen als den centralen Theil der Kette
bewohnen, und von denen einige (z. B. Carexpyrenaica] ebenfalls
erst auf den südlichen Karpaten, andere (z. B. Saxifraga media) auf
den Gebirgen Rumeliens wieder auftreten.
In den Pyrenäen selbst lässt sich die klimatische Absonderung
der drei Gebirgsabschnitte zwar in einer gewissen Reihe von endemischen
Arten erkennen, aber die Mehrzahl derselben überschreitet
deren Grenzen, namentlich wenn sie der alpinen Region angehören.
Der fast ununterbrochene Zusammenhang des Hauptkamms und die
mit der Höhe zunehmende Gleichartigkeit der klimatischen Bedingungen
machen diese Erscheinung leicht erklärlich. In meinem Verzeichniss
ist die Hälfte (44) der bis jetzt noch als streng endemisch
zu betrachtenden Pyrenäenpflanzen entweder in allen drei Abschnitten
nachgewiesen oder die Angabe der Fundorte nicht genügend,
diese Frage zu entscheiden. Einige Arten (9) sind nur den östlichen
und centralen, andere (4) den centralen und westlichen Pyrenäen
gemeinsam. Von den auf die einzelnen klimatischen Abschnitte des
Gebirgs beschränkten endemischen Arten finden sich die meisten
(17) in den Centralpyrenäen, was ihrem grösseren Umfang und ihrer
bedeutenderen Massenerhebung zugeschrieben werden kann. Die
eigenthümlichen Pflanzen der Westpyrenäen (6) sindbis auf eine nur
in dem cantabrischen Gebirge Biscayas und Asturiens bemerkt worden.
Unter den endemischen Arten der Ostpyrenäen (8) kommt der
Fall vor, dass eine monotypische Gattung (.Xatardia) nur an einem
einzigen Standorte hat aufgefunden werden können, auf der Couillade
de Nouri, dem hochalpinen Passe, der die Val d’Eynes von Catalo-
nien trennt, und wo diese Doldenpflanze auf beiden Abhängen angetroffen
wird. Der Endemismus des Gebirgs ist ausser dieser noch
durch eine viel merkwürdigere, monotypische Gattung ausgedrückt,
durch die Gesneriacee Ramondia, die von den centralen Pyrenäen,
wo ich sie in den Circus von Gavarnie herabsteigen sah, bis zu den
östlichen sich verbreitet. An dieses Beispiel einer fremdartigen Organisation
hat sich erst vor Kurzem eine nicht minder bemerkens-
werthe Entdeckung angeschlossen, das Vorkommen der einzigen
europäischen Dioscorea auf einem hochgelegenen Standorte der
Centralpyrenäen [D. pyrenaica Boiss.). Die artenreichste Gattung
unter den endemischen Pyrenäenpflanzen ist die der Saxifragen, von
denen sich nur wenige nach Spanien verbreiten (3 Arten, wogegen 7
streng endemisch sind). Wenn die Systematik der Hieracien auf
einer sicheren Grundlage beruhte, so würden die Saxifragen von
dieser Gattung vielleicht noch an Mannigfaltigkeit eigenthümlicher
Bildungen überboten (ich zähle 11 Arten, von denen ich nur 2 auch
aus Spanien besitze).
Auf den Karpaten lassen sich nach der Verbreitung der endemischen
Gewächse zwei Gruppen von Centren unterscheiden, die