Himalaja geliefert h a t 55), steht mit diesen Erscheinungen in Beziehung,
in den Waldregionen, deren Baumwuchs sie unterdrückt, ist
die Seltenheit der Gräser leichter erklärlich als an den freien A b hängen,
wo der Boden doch ebenfalls stark befeuchtet wird. Aber
der Bau des Gebirgs ist im Osten und Westen, in Sikkim wie in
Simla, der Bildung von Weidegründen gleich ungünstig. Die Wasserströme,
genährt durch tropische Niederschläge, haben den Boden tief
eingefurcht, nirgends erreicht die Erosion der T h äle r nach Schlagint-
weit’s Untersuchung so grosse Werthe wie hier s6); die regelmässig-
geneigten A bhäng e werden nach diesem Verhältniss rasch abgetrocknet.
Nur wo das Wasser fliessend verweilt, wo dasselbe lang-
sam und stetig sich bewegt, so dass die Wurzeln es beständig aufsaugen
können, gedeiht ein zusammenhängender Grasrasen und
bildet sich eine fruchtbare Humusdecke. Dieselben Ursachen erklären
auch die geringere pittoreske Schönheit des Himalaja, in
V e rg leich mit den A lp en . Wo der schmelzende F irn wieder erstarrt,
entstehen Gletscher, wo durch terrassenförmige Felsbrüstungen die
B ew egu n g des Wassers verzögert wird, höhlen sich Mulden aus, mit
Alpenseen erfüllt und durch Wasserfälle geschieden, zuletzt mit
Wiesen erfüllt, wenn diese sich entleert haben, und alle diese Bildungen,
die den A lp en ihren Schmuck verleihen, gehören im Himalaja
zu den seltensten Erscheinungen.
Man darf den indischen Himalaja als eine Gruppe von Vege-
tationscentren betrachten, wo die Natur, den günstigsten und zugleich
mit der geographischen L a g e , wie mit dem Niveau wechselnden
Bedingungen des Pflanzenlebens entsprechend, eine hohe Mannigfaltigkeit
der Formen geschaffen hat. A n Reichthum eigenthümlicher
Holzgewächse übertrifft sie alle anderen Hochgebirge der alten Welt.
D en europäischen Gattungen ist hier zwar nicht unter den Gramineen,
aber in den meisten übrigen Familien eine grössere R eihe endemischer
A rten , tropischen wenigstens einiges Eigenthümliche hinzugefügt,
und dazu wird die Einwanderung von aussen durch die L a g e , durch
die Ausdehnung und Verknüpfung des Geb irg s mit anderen Gebieten
au f das Mannigfachste gefördert. D ag eg en lässt sich, wiewohl gewisse
endemische Gattungen bekannt sind, kaum behaupten, dass
der Himalaja etwa in höherem Maasse als. die A lp en durch einen
eigenthümlichen Bau der endemischen Gewächse bevorzugt sei.
Die Vermischung europäischer und arktischer mit tropischen,
eingewanderter mit endemischen Pflanzen ist es besonders, wodurch
die Vegetation des indischen Himalaja charakterisirt wird. Diese
Verbindung von A rten aus verschiedenen Klimaten an gleichen S tan d orten
l ä s s l i c h so au ffa ssen , dass die indischen B e s t a n d t e ile der
regelmässig geordneten Befeuchtung der Monsunniederschläge b e dürfen,
aber nicht an tropische Wärme gebunden sind, und dass die
Gewächse des Nordens hier die ihrem Bau entsprechende T em p e ratur
wiederfinden. T ropische Stauden und einjährige Kräuter,
deren Vegetationszeit von kurzer Dauer ist, steigen im westlichen
Himalaja bis in die Wälder der gemässigten R eg io n , wo sie während
des Sommers ihre Entwickelung vollenden können. Mit zunehmender
Feuchtigkeit und gemindertem Unterschiede der Jahrszeiten
wiederholt sich in Sikkim dasselbe Verhältniss auch mit anderen
tropischen Gewächsen, mit dikotyledonischen Bäumen, m itBambusen
und Orchideen, die g egen die A bnahme der Temperatur unempfindlich
sind. In den höchsten Reg ionen finden die Gewächse der arktischen
Zone durch das allmälige Abschmelzen des Winterschnees
die ihrem Wachsthum entsprechende Kürze der Vegetationsperiode
wieder, aber sie mischen sich hier mit so ähnlichen endemischen
Arten, dass man im Zweifel ist, ob die ersteren sämmtlich eingewandert
oder erst von hier aus nach Nordasien und zu den A lp en gelangt
sind. Und über manche europäische Pflanzen der gemässigten R e gion
herrscht dieselbe Ungewissheit. Im westlichsten Theil des
Himalaja mischen sich auch Steppenformen ein und bewohnen daselbst
entweder die alpine R eg ion , oder steigen von der E b en e des Punjab
in das Gebirge, die durch Afghanistan, ebenso wie T ib e t durch T u r -
kestan, mit den trockenen Klimaten A siens und A frik a s in V e rb in dung
steht. D ie se Mischungen der F lo ra aus B e s ta n d te ile n v e rschiedenen
Ursprungs werden durch die Thaleinschnitte des Indus
und Satlej befördert, welche hier die Hauptkette von T ibe t aus
durchbrechen.
Durch die Verzwe igu ng zu hohen Parallelketten, welche ebenfalls
von diesen Strömen durchschnitten werden, entsteht ferner im
Inneren des westlichen Himalaja, an der Südseite der tibetanischen
Pässe, eine klimatische U eb e rg an g szon e s? ), d ie , zwar noch ganz
unberührt von den tropischen Sommerregen, doch so viel N ied e i-
schläge empfängt, dass neben der Steppenvegetation auch eine E n t
Wickelung von Wäldern möglich wird. D ie se Zone umfasst die
Landschaften von Kunawur bis Ka schm ir und bis zum T h ale des
Indus unterhalb Iskardo. V ie le Pflanzen haben diese Gegenden ge