in der Othrys-Kette (39 °) endet, bildet die Grenze der Landschaften
mit regenfreiem Sommer gegen das innere, mitteleuropäische Vegetationsgebiet.
Man kann daher hier mit noch grösserem Rechte als
in Italien diesen weiten Raum der nördlichen Flora zutheilen, weil
kein zusammenhängender Gebirgskamm denselben von den Donauländern
scheidet. Aehnliche Verhältnisse wiederholen sich in der-
östlichen, macedonisch-thracischen Hälfte der Halbinsel. Hier scheint
die Rhodope einen ähnlichen Einfluss auf die Entwickelung des
Sommerpassats zu äussern, wie dort der Pindus. Auf das Reichste
ist die Mediterranflora von der thessalischen Küste aus über die Vorgebirge
von Chalcidice ausgebreitet, aber in Thracien nimmt sie all-
mälig Bestandtheile der Steppenvegetation auf: hier sind weitere
Forschungen im Maritzathal und Bulgarien erforderlich, um die
Grenzen des Steppenklimas imDonaudelta mit der mitteleuropäischen
und immergrünen Vegetation genauer festzustellen.
Die vierte, die anatolische Halbinsel, ist Spanien sowohl an
Gestalt und Grösse, als in der Bildung der Oberfläche ähnlich,
unterscheidet sich aber dadurch, dass die Hochebene, welche durch
das Innere sich erstreckt, und die von der Küste oft nur durch Randgebirge
und schmales Vorland getrennt ist, in einem höheren Niveau
liegt und durchschnittlich auf 3000 Fuss geschätzt werden kann.
Durch das Relief entsteht hier ein wirkliches Steppenklima, die
Vegetationszeit ist auf eine kurze Frühlingsblüthe eingeschränkt.
Da ferner Kleinasien mit dem noch höher gelegenen armenisch-persischen
Hochlande in ununterbrochener Verbindung steht, kann man
nur die Küstenlandschaften mit dem Mittelmeergebiet naturgemäss
zusammenstellen. Durch diese Verknüpfung der Steppen aber mit
der immergrünen Region, sowie durch die über das ganze Hochland
unregelmässig vertheilten alpinen Gebirge, auf denen sowohl nordeuropäische
Gewächse wiederkehren, als. auch reiche, selbständige
Vegetationscentren in ursprünglicher Absonderung verharren, ist die
Flora Anatoliens noch weit mannigfaltiger als die spanische. Aber
auch die Küstenlandschaften, welchevfür die hier zu besprechenden
Fragen allein in Betracht kommen, zeigen ganz ähnliche klimatische
Gegensätze wie in Spanien, und diese sind ebenso, wie dort, der
Ausdruck ihrer verschiedenen, maritimen Lage. Während das Klima
der Westküste Ioniens, den normalen Verhältnissen der geographischen
Breite und kontinentalen Stellung Anatoliens entsprechend,
sich unmittelbar an das der griechischen Küsten anschliesst und
daher einen umfassenden Austausch der Pflanzen über das ägäische
Meer gestattet hat, erinnert das Vorland von Cilicien an das heisse
Andalusien, das Litoral des Pontus in seiner östlichen Hälfte an die
Feuchtigkeit Asturiens. Wie ferner der spanische Süden mit dem
gegenüberliegenden Theile Afrikas und die kantabrische Küste mit
dem westlichen Frankreich durch Klima und Vegetation verbunden
sind, so geht auch die cilicische Flora in die syrische, die pontische
in die Mingreliens über, ohne dass die Aenderung der Küstenlinie
hier irgend einen bemerklichen Einfluss auf diese Verhältnisse ausübt.
Die ionische Westküste zeigt uns im Klima von Smyrna38) fast
denselben Unterschied des wärmsten und kältesten Monats, wie Athen
(180 R.) ; von der benachbarten Insel Chios kennt man dieselbe
Regenarmuth (62 Regentage im Jahr). Die Dürre des Sommers
muss hier auch deshalb besonders gross sein, weil der Passat von
dem Tafellande herabkommt. Dasselbe gilt auch von dem südlichen
Litoral, wo in der That nach den Beobachtungen in Tarsus an der
cilicischen Küste die Zahl der Regentage noch geringer ist (nur 46
im Jahr). Aber hier steigert sich die Temperatur bedeutend, nicht
bloss wegen des doch nur geringen Unterschiedes der Breite, sondern
aus denselben Ursachen, wie in Nizza, weil die hohen, westöstlichen
Taurusketten steil über das Vorland sich erheben und die nördlichen
Winde abhalten. Hier ist daher der kontinentale Charakter des
Klimas aufgehoben, der Winter, wiewohl doch zuweilen Schnee fällt,
ungemein milde, und der Unterschied des wärmsten und kältesten
Monats beträgt nur 14 0 R. Der Südküste Anatoliens entspricht die
Grenze der Dattelpalme, die von Syrien aus bis Lycien hier und da
Vorkommen soll, aber der westlichen Abdachung der Halbinsel fehlt.
Verwickelter sind die klimatischen Erscheinungen an der Nordküste,
am schwarzen Meere. Die Olivenkultur, die dem Süd- und Westrande
Anatoliens gemeinsam ist und noch bei Brussa am küsse des
bithynischen Olymps in voller Bltithe steht, hört am Bosporus auf
und fehlt in dem westlichen Abschnitte der pontischen Küste, um jenseits
des Vorgebirgs von Sinope im Osten noch einmal wiederzukehren
39).. Wenn die Ursache dieser Erscheinung auf dem strengeren
Winter von Konstantinopel beruht, so handelt es sich dabei doch nur
um Grenzwerthe, die hier überschritten und in Trapezunt nicht erreicht
werden. Aber die Unterschiede in dem Vegetationscharakter
des westlichen und östlichen Theils der Nordküste von Anatolien sind
viel bedeutender als dass sie hiedurch zu erklären wären, sie be