auf der tropischen Meeresströmung, welche sie bespült, theils darauf,
dass die Winde in ungleichem Sinne wirken, je nachdem sie
See- oder Landwinde sind. Wenn die östlichen Polarwinde über
das Festland wehen, reinigen sie die Atmosphäre von Wolken und
erzeugen, indem sie den Sonnenstrahlen ihre volle Wirkung lassen,
im Sommer die höchsten Temperaturen. Sie verhalten sich im Winter
zwar entgegengesetzt, dann hat die Strahlung aus dem Boden,
welche die niedrigsten Temperaturen hervorruft, freien Spielraum,
aber die Sommerwärme des Kontinentalklimas nimmt nicht in gleichem
Grade zu wie die Winterkälte. Die Landwinde bringen daher
an eine Westküste weniger Sommerwärme, als sie einer Ostküste
Winterkälte zuführen. Ueber das Meer kommend, sind die Luftströmungen
in jeder Jahreszeit von den mittleren Wärmegraden desselben
begleitet. Mit den Westwinden entsteht inEuropa ein bewölkter
Wasserhimmel, nach Ostsibirien verbreiten dieselben die strengste
Winterkälte, weil sie aus den kältesten Gegenden des Kontinentalklimas
entspringen. Die Küsten haben also , auch abgesehen von
der Vertheilung der beiden allgemeinen Luftströmungen nach den
Jahreszeiten, je nach ihrer Lage ihre besonderen Temperaturquellen,
die, entgegengesetzt wirkend, in Europa das reine Seeklima ausbilden,
während an den Ostküsten Sibiriens der Winter kontinental ist
und der Sommer wenig erwärmt wird. Dort überwiegen die Wirkungen
des heiteren und umwölkten Himmels auf die Temperatur,
hier die Einflüsse, welche auf der Herkunft des Windes beruhen,
weil das Centrum des kontinentalen Klimas viel näher liegt.
Dies ist nämlich das zweite Moment, welches die normale Anordnung
der See- und Kontinentalklimate verändert. Nicht mit dem
Abstande vom Meere allein vermindert sich dessen Einfluss, sondern
die äussersten Gegensätze der Sommer- und Wintertemperatur treten
in Sibirien erst an der Lena hervor. Jakutsk ist der Winterkältepol
der östlichen Hemisphäre. Hier ist der Boden nach Middendorff
über 600 Fuss tief gefroren, aber da die oberflächlichen Schichten
im Sommer hinreichend aufthauen, äussert das unterirdische Eis auf
das Wachsthum der Waldbäume keinen Einfluss und auch der Ackerbau
ist diesen kalten Gegenden an der Lena nicht fremd. Diese
Verrückung und höchste Steigerung des kontinentalen Klimas von
den mittleren Meridianen bis zu dem fernen Osten ist eine Folge
von der Gestaltung des nördlichen Asiens, sowie von der grossen
Küstenentwickelung Europas. Dove hat nachgewiesen, dass das atlantische
Meer durch ganz Europa bis an den Ural seinen mildernden
Einfluss äussert. In Sibirien hingegen vermag das stille Meer
die nach Osten wachsenden Gegensätze des Sommers und Winters
wenig aufzuhalten und mässigt sie in bedeutenderem Grade erst auf
der Halbinsel von Kamtschatka. Eine Gebirgskette, die den Meerbusen
von Ochotsk weit über die Amurmündung hinaus umsäumt,
hindert die Feuchtigkeit des Seewinds in das Binnenland einzudringen
und die Sommerwärme der Küste selbst wird durch treibende
Eismassen vermindert. Aber wenn diese Verhältnisse den Einfluss
des Meers auf einen engen Raum einschränken, so ist im Inneren
von Sibirien die östliche Verschiebung der kontinentalen Jahreszeiten
von den Hochländern Centralasiens und der Wüste Gobi abzuleiten.
Das kontinentale Klima wird nicht bloss durch den unmittelbaren
Einfluss des Meers, sondern auch durch die äquatorialen Luftströmungen
gemässigt, welche in ihren von Südwest nach Nordost
gerichteten Bahnen die Wärme niederer Breiten dem Norden zuführen.
In dieser Richtung nun liegen dem grössten Theile Sibiriens
die höchsten Gebirgsketten der Erde und die sie verbindenden oder
sich ihnen anschliessenden Hochflächen gegenüber, so dass alle
Wärme des Südens der Atmosphäre entzogen ist, ehe die Südwestwinde
das sibirische Tiefland erreicht haben. Man erkennt aus der
Lage von Jakutsk an der Lena, dass eine Linie, von hier aus nach
Südwesten bis Indien gezogen, gerade dem grössten Durchmesser
der Hochlande entspricht, wo die Trockenheit dér Luft und die Erhebung
des Bodens vom östlichen Altai bis zum Himalaja die das
Klima mässigenden Einflüsse des tropischen Asiens am vollständigsten
ausschliesst. Auf der anderen Seite weist der Ursprung nordöstlicher
Luftströmungen an der Lena auf das erst kürzlich entdeckte
Festland, welches Ostsibirien im Eismeere gegenüberliegt, und vielleicht
haben hier auch die Polarwinde weniger Feuchtigkeit als weiter
westwärts. Der heitere Himmel, der die meisten Luftströmungen
begleitet, gestattet den Wäldern und selbst dem Ackerbau über dem
tief gefrorenen Erdboden sich zu entwickeln, aber im Winter hemmt
er den Schneefall und unter dem Einfluss der nächtlichen Ausstrahlung
gefriert Wochen lang das Quecksilber.
Unter allen die Physiognomie der Landschaft bestimmenden
Waldbäumen ist die Buche der vollkommenste Ausdruck für den
klimatischen Einfluss des Seeklimas in Europa. Die nordöstliche
Vegetationslinie der Buche beginnt im südlichsten Theile Norwegens