für die Dauer derselben Zeit gewonnen werden muss, um das Leben
in seinem späteren Verlauf unter nachtheiligen und durch andere
Mittel nicht zu besiegenden Einflüssen zu erhalten. Durch die Erblichkeit,
welche mit dem Samenkorn auch die Periodicität des Wachsthums
fortpflanzt und an bestimmte Zeitabschnitte bindet, ist nur die
Form der Erscheinung ausgedrückt, aber das Wesen instinktiver
Thätigkeiten nicht ergründet. Hierüber könnte man vielmehr sagen,
dass sie nur deshalb unserer Naturauffassung so befremdlich scheinen,.
weil sie äusserlich der unmittelbaren sinnlichen Wahrnehmung
sich darbieten, indem das Walten der inneren Bildungskräfte des
Organismus in mechanischem Sinne nicht weniger unerklärlich bleibt.
Jede Zellenbildung, die bei der Keimung eines Samenkorns stattfindet,
hat eine nothwendige Beziehung zu der zukünftigen Gestaltung
der ausgewachsenen Pflanze, und ebenso äussert sich auch der
Instinkt in beiden Reichen der organischen Natur nur in solchen Leistungen,
die zu den Lebenserscheinungen der Zukunft mitwirken. Das
Zweckmässige im Leben des Organismus ist nicht an die Bedingungen
der Gegenwart gebunden, sondern erscheint unsern Vorstellungen
von der Zeit als einer Reihe abgesonderter Zustände gegenüber ebenso
unabhängig, wie der denkende Geist bei seinen Berechnungen Vergangenheit
und Zukunft verbindet.
Die Formationen der brasilianischen Carnpos sind von der Nachbarschaft
des Aequators bis über den südlichen Wendekreis hinaus
bei aller Mannigfaltigkeit ihrer Erzeugnisse durch allmählige Ueber-
gänge verbunden. Indessen hat Martius10) nach der geographischen
Breite drei Abschnitte aus einander gehalten, das nördliche Flachland
(30 bis 15°, im Fransciskothal bis 20°j, das mittlere Tafelland (150
bis 23°j und die südlichen Landschaften jenseits des Wendekreises
(2 3°bis30 °S . B.). In den nördlicher gelegenen Carnpos20, herrschen,
wie in den Llanos diesseits des Aequators, die Savanengräser
mit ihrem ungeschlossenen Rasen, der rasch in der trockenen Jahreszeit
gelb wird und aus dem sich einzelne Säulencactus-Stämme erheben.
Auf dem Tafellande nimmt mit der Erhebung des Bodens
die Menge farbenreicher Stauden zu (namentlich von Melastomaceen
und Gentianeen); es treten die Vellosien aus der Reihe der Liliaceen-
bäume auf; statt der Cereen zeigt sich die Form der kleineren
Melonencactus: die Gesträuche und Waldformationen sind beiden
Abschnitten der Carnpos gemeinsam, aber aus verschiedenen Bestandteilen
zusammengesetzt. Den Savanen endlich des Südens sind die
fast unvermischten Waldbestände der Araucarien eigen [A. bvasili
ensis), die Pinheiros, welche vereinzelt noch bis Minas Geraes bemerkt
werden (iS0 — 30° S. B.). Dieser Conifere entspricht der
in den höheren Breiten wachsende Temperaturunterschied der Jahreszeiten,
der jedoch selbst an der Südgrenze der brasilianischen Flora
nicht über 6° R. beträgt21). Zwischen dem Tafellande und seiner
nördlichen Abdachung zum atlantischen Meere aber lassen sich keine
andere klimatische Verschiedenheiten nachweisen als diejenigen,
die von dem Niveau abhängig und nach Maassgabe des wechselnden
Reliefs doch nicht bedeutend sind. Der eigenthümliche Charakter
imd der grössere Reichthum der Flora in den Hochlanden ist vielmehr
eine Folge der unregelmässigeren Bildung der Oberfläche und
des häufigeren Wechsels der geognostischen Unterlage als des kühleren
Bergklimas. Auf dem vielfach durch Flüsse eingefurchten und
zu höheren Kuppen und Hochebenen gehobenen Tafellande von
Minas Geraes, sowohl auf den offenen als den mit niedrigem Gebüsch
bewachsenen Carnpos 180— 20° S. B.) ist die Mannigfaltigkeit
der Vegetation zum höchsten Maasse gesteigert. Diese Gegenden
beschreibt Gardner ) als einen reichgeschmückten, unermesslichen
Blumengarten, wo nach den langen Wanderungen dieses Reisenden
jede Pflanzenart ihm neu, jede schöner und seltener erschien als die
andere. Nach seinen Angaben muss man annehmen, dass auch hier
die Vermischung der Arten um so mehr gehindert ist, je höher das
Niveau ansteigt und die Höhen durch tiefere Einschnitte abgesondeit
werden.
Nach Westen erstrecken sich die Carnpos durch die Provinz
Mattogrosso bis zu den Zuflüssen des Paraguay und Madeira22), wo
die sumpfige Niederung von Cuyaba nur 460 Fuss über dem Meere
liegt. Hier treten wieder, wie an der Küste, aufs Neue Urwälder
mit tropischer Ueppigkeit des Pflanzenwuchses auf, welche die Meridianzonen
der Pantanals bilden. Während der höher gelegene
Thalweg des Francisko in Minas und Bahia von Catingas begleitet
wird, erinnern diese Pantanals an die Wälder der Hylaea und verdanken
ihre Figenthümlichkeit, ebenso wie dort, dem fliessenden
Wasser, welches sie befeuchtet. Wie im Igapo scheint das Baumdickicht
in die Flussbetten selbst einzudringen, indem die Stämme
zu Zeiten in das Wasser eintauchen, und dem Schlamme entsprosst
dasselbe Rohrgras wie am Amazonas [Arundo saccharoides). Durch
den Madeira also, dessen grössten Nebenfluss, und durch den Para