Wald mit seinen reichen Gründen durch den Scrub verdrängt werden
oder in öde Steppe sich verwandeln. Die Waldsavanen Australiens
scheinen daher, auch wenn die Kultur sie nicht antastet, zu
den Formationen von säkularem Wechsel zu gehören, während die
Gebirgslandschaften der Erde unvergängliche Bestände erzeugen
können, weil ihre letzten Nahrungsquellen, die Gesteine, die das
Wasser auslaugt, in grösserer Tiefe liegen.
Der Charakter des Scrub oder der australischen Gesträuchdickichte
beruht darauf, dass der Erdboden unter Ausschluss von
Kräutern und Gräsern dicht mit den verschlungenen Sträuchern der
Proteaceen- ^und Erikenform bedeckt ist, aus denen hier und da
auch wohl Bäume hervorragen. Diese Elolzgewächse sind von sehr
verschiedener Höhe, einzelne Eukalypten wetteifern mit den Bäumen
in der Waldsavane, an anderen Orten [z. B. auf den Sand-plains
von Südaustralienj ” ) bleibt der ganze Scrub unter Mannshöhe zurück.
Pflanzen der verschiedensten Familien treffen im äusseren
Ansehen so zusammen, dass sie ohne Blüthe und Frucht nicht sicher
zu unterscheiden sind. Die Grenzen der Gestaltung sind eng gezogen
: nur in der Blattgestalt gestattet die Natur sich eine grössere
Mannigfaltigkeit, vom Eirund durch die Lanzettform bis zur Nadel,,
von der dichtesten Gedrängtheit durch alle möglichen Nüancen bis
zum kahlen, blattlosen Zweige. Während das Grasland bei scheinbarem
Reichthum nur wenige, gesellige Arten besitzt und diese auf
weiteren Räumen in auffallender Uebereinstimmung, findet sich im
Scrub eine unendlich viel grössere Mannigfaltigkeit; der höchst einförmige
Habitus verbirgt die grösste Fülle der Gestaltungen im Einzelnen
; jede Oertlichkeit hat ihre eigenthümlichen Bildungen vor
anderen voraus, die scheinbar ganz dieselben Verhältnisse darbieten;
einzelne Gattungen sind hier an Arten unerschöpflich zu nennen
{Eucalyptus, Acacia, Melaleuca, Pimelea, Grevillea, Hakea, u. a.). Die
Bestandtheile des Scrub übrigens im Einzelnen aufzählen, hiesse die
Dikotyledonen der australischen Flora zum grossen Theil zusammenstellen.
Dennoch stellt sich das Ganze immer als dasselbe einförmige,
undurchdringliche, unheimliche Dickicht dar. Selbst die
Regenzeit ändert wenig an diesem physiognomischen Bilde: »es kann
wenig welken, wo wenig spriesst, und jeder Monat sieht dasselbe
wüste Gedränge starrer, saftloser und unter einander grösstentheils
übereinstimmender Formen«11). Wie bei den Bäumen der Waldsavanen
wird auch hier die nasse Jahrszeit vorzüglich zum Wachsthum
der vegetativen Organe verwendet und die meisten Sträucher
blühen erst, nachdem die Regen vorüber sind. Aber doch ist der
Scrub in keinem Monate ganz ohne Blumen: in der nassen Jahrszeit
blühen namentlich die so mannigfaltigen Epacrideen. Späterhin
»sieht man dann mit Erstaunen, wie das heideartige Gestrüpp, das
oft in seiner einförmigen Sonderbarkeit nur wenige Arten desselben
Geschlechts verhiess, sich plötzlich mit Blüthen des verschiedensten
Baus schmückt«, die nun unter stetem Wechsel, aber allmäliger
Abnahme bis zum Schlüsse der trockenen Jahrszeit sich unaufhörlich
erneuern.
Im Scrub ist demnach die periodische, nach der Zeit der Niederschläge
geordnete Entfaltung viel weniger scharf ausgesprochen als
in den Waldsavanen, wo die Stauden und Gräser der Dürre erliegen.
In dem tiefen Dunkel dicht verschlungener Zweige kann das Licht
nicht wirken, welches die Vegetation des Graslandes beleuchtet, und
wodurch das Wachsthum in der wärmeren Jahrszeit beschleunigt wird.
Die Entwickelung muss langsamer sein, wenn nur die oberen Blätter
durch die Sonne in regere Thätigkeit versetzt werden, und wenn der
Saftumtrieb vermöge der Kleinheit und Festigkeit der Blätter stockt.
So sind also die Lebensbedingungen des Scrub und der Waldsavanen
gerade entgegengesetzt, und es ist begreiflich, dass beide Formationen
sich räumlich so streng von einander absondern. Die ursprüngliche
Anordnung mag vom Boden und dessen Kraft, die
Feuchtigkeit zurückzuhalten, bedingt sein, aber in der Folge sind es
die Organe der Gewächse selbst, die entweder helles Licht zulassen
oder tiefen Schatten verbreiten.
Bei der verschiedensten topographischen Gliederung, aber oft
über unermessliche Räume ausgedehnt, ist der Scrub der Fluch, wie
die Waldsavane der Segen des Landes. Eine unbenutzbare und undurchdringliche
Einöde von Sträuchern, die selbst das Feuer nicht zu
vertilgen im Stande ist, stellt sich der menschlichen Kultur oft als unbesiegbare
Schranke entgegen. Der Scrub nicht minder als die wasserlose
Wüste ist lange Zeit das Hinderniss gewesen, in das Innere des
Kontinents einzudringen, ja nur die an entfernten Küstenpunkten
aufblühenden Ansiedelungen durch Ueberlandwege zu verknüpfen.
Auch im tropischen Australien sieht man aus Leichhardt’s Bericht15j ,
wie dieser energische Reisende, der zum ersten Male von der Ost-
zur Nordküste den Kontinent durchwanderte, oft Wochen und Monate
von undurchdringlichen Scrubdickichten aufgehalten wurde und