häufigsten Farben sind Braun bis ins Schwarze, Grau oder Gelblich-
weiss, der Boden zeigt diese Färbungen schon aus der Ferne. Nach
der Art der Verzweigungen sind mehrere Bildungen28) zu unterscheiden
, die den physioJjiomischen Charakter ihrer Standorte bestimmen
: die Form der Rennthierflechten, aus vielfach verästelten,
starren Fäden gebildet, die an ihren sparrigen Enden sich verschlingen
, die der Cladonien, einfacher und derber gebaut, und die der
isländischen Flechten, die in blattartig erweiterte, am Rande der
Fläche leicht gekräuselte Zweige auslaufen.
Die Grasformen der arktischen Flora gehören theils zu den
rasenbildenden Wiesengräsern, theils zu den Cypeiaceen, die durch
die fehlende Anschwellung an den Knoten des Halms sich von jenen
unterscheiden. Beide Formen bewegen sich in demselben Bildungs
kreise der Organisation wie in den Waldgebieten der gemässigten
Zone, die erstere am fliessenden, die letztere an dem gestauten
Wasser des Sumpfbodens vorzugsweise entwickelt. Unter den Ge-
fässpflanzen übertreffen diejenigen, welche an das Wasser oder überhaupt
an feuchte Standorte gebunden sind, die übrigen bedeutend
Grösse ihres Wohngebiets. Während einerseits der Austausch
über weite Landstrecken durch die Wanderungen der Wasser- und
Sumpfvögel erleichtert wird, die ihren Samen mit sich führen, ist die
engere Temperatursphäre des Wassers nicht minder geeignet, den
Umfang ihrer Lebensbedingungen über einen grösseren Raum auszudehnen.
Denn die Sonne erwärmt das Wasser und den feuchten
Boden nicht bloss desswegen langsamer, weil die Strahlen auf die
trockenen Erdkrumen stärker wirken, sondern auch, weil sie die
Verdunstung beschleunigen, die zur Bildung des Wasserdampfs einen
grossen Theil der empfangenen Wärme verbraucht. Die Wiesen-
o-räser der arktischen Llora sind daher meist europäische Arten, sie
gehören zur Familie der Gramineen, denen sich mehrere Junceen
anreihen. Sie stimmen vorzugsweise mit denen überein, welche
auch die alpine Region der Gebirge bewohnen, und bilden in der
Regel einen kurzen Rasen. Unter den wenigen, die eigenthümlich
sind, finden sich indessen einige Gattungen von besonderem Bau,
die nur aus einzelnen Arten bestehen (solche sogenannte Monotypen
sind Dupontia und Plcuropogon). Eins der kleinsten aller bekannten
Gräser, welches man auch als eigene Gattung aufgefasst hat (Phippsia),
hat sich aus der arktischen Flora bis zu den norwegischen Fjelden
verbreitet.
Ganz anders verhalten sich die Cyperaceen der arktischen Flora,
ln ihren Formen zwar ebenfalls mit denen des Waldgebiets völlig
übereinstimmend, entwickeln sie sich in der Gattung der Seggen
[ Carex) zu einer Mannigfaltigkeit von Arten, dass beinahe der zehnte
Theil aller arktischen Gefässpflanzen aus ihnen besteht. Die meisten
derselben bewohnen zugleich die alpine Region Skandinaviens, und
man darf daher annehmen, dass sie durch die Kürze ihrer Vegetationszeit
verbunden sind. Ueberhaupt hat der Sumpfboden insofern
eine besondere klimatische Stellung, als das gestaute Wasser im
Frühlinge länger das Eis bewahrt als das fliessende, die Vegetation
in den Morästen sich daher verspätet und in diesen Beziehungen den
Bedingungen der arktischen und alpinen Flora ähnlicher ist. In verschiedenen
Breiten gleicht sich desshalb bei aller Verschiedenheit der
Bestandtheile das physiognomische Bild der mit Cyperaceen bewachsenen
Flächen in hohem Grade aus. Schon aus der Ferne erkennt
man diese Formation der Sümpfe an dem Wollgrase [Eriophoritm],
welches seine langbehaarten Fruchtköpfe aus dem Cyperaceenrasen
hervorstreckt; nur dass die arktischen Arten dieser Gattung kleiner
sind, und dass ihre Wolle nicht immer, wie in unsern Gegenden,
weiss, sondern in mehreren Fällen röthlich oder bräunlich gefärbt ist.
Auf der Form der Stauden beruht der Schmuck und die Mannigfaltigkeit
der arktischen Flora, wie in den alpinen Regionen der
Gebirge. Ihre Organe sind sämmtlich, aber in verschiedener Weise
bei den einzelnen Bestandtheilen der Vegetation, dem Klima eigenthümlich
angepasst, durch Kleinheit des Wuchses, durch die Entwickelung
der Blätter oder durch die überwiegende Ausbildung der
unterirdischen, ausdauernden Stämme. Die Grösse der arktischen
Stauden wird dadurch herabgedrückt, dass die Stengelglieder meist
unentwickelt bleiben und die Blätter, die an der Grenze derselben
dem Knoten eingefügt sind, daher rosettenförmig zusammenrücken.
Die Entwickelung der Stengelglieder kann man als das Mittel betrachten,
jedes Blatt mit einer möglichst grossen Luftsäule zu umgeben
und dessen freie Beleuchtung zu befördern. Denn auf dem
Lichte, welches den grünen Organen zu Theil wird, und auf der
Luft, aus welcher sie ihre gasförmigen Nahrungsstoffe schöpfen, und
mit der sie die Bestandtheile ihres Saftes austauschen, beruht die
Thätigkeit der Blätter, die wichtigste des Pflanzenlebens für seine
erste Aufgabe, für die Verwandelung der unorganischen in organische
Nahrungsmittel. Der Vortheil reicherer Wechselwirkung mit der