kanischen Steingeröllen bestehenden Bodens. Nicht als ob die Temperatur
für das Leben höher organisirter Gewächse zu niedrig wäre,
kann das Klima höchstens dadurch nachtheilig werden, dass die
Schneemassen sich periodisch anhäufen. An passenden Oertlich-
keiten breitet sich daher der Blüthenschmuck der alpinen Stauden
auch bis zum ewigen Schnee aus und bis fast unmittelbar zum Rande
desselben beobachtete WeddelLs) auf dem Pass des Sorata in Bolivien
(bei 15400 Fuss) sogar einen kleinen Synanthereenstrauch
[Senecio glacialis), derselben Gattung angehörig, die auch am Orizaba
in Mexiko eins der am höchsten ansteigenden Holzgewächse
enthält2Ö).
In 1 eru und Bolivien werden die Regionen zwar, wie in Mexiko,
durch bestimmte Namen unterschieden, welche den Naturcharakter
dei einzelnen Landschaften bezeichnen sollen, aber an der westlichen
Abdachung sind die Grenzen wenig erkennbar, weil der Blick auf
die weiten und überall nackten Abhänge und Hochebenen fast nirgends
an bedeutenden oder geselligen Vegetationsformen haftet. Der
sandige Küstenstreif [Arenal de la cos tu, o bis 3750 Fuss) erscheint
wo er nicht bewässert ist, in den trockenen, wolkenlosen Jahrszeiten
gänzlich wüst und pflanzenlos. Wenn aber im Winter die Garuas
eintreten, bedeckt er sich zauberhaft schnell mit Blumen und dem
Grün ihrer Blattorgane, mit einer Vegetation von kurzer Dauer, die,
nachdem die Nebel aufgehört, bald wieder spurlos verschwindet2Ü.
Oder wo der Boden aus Kies besteht, sieht man nur vereinzelt die
Gruppen von Saftgewächsen und niedrigem Dorngebüsch28): eine
abschreckende Unfruchtbarkeit, wo der unorganische Boden sein
einförmiges Kolorit ausbreitet, lässt ihnen wenig Raum übrig. Wo
dann mit steigender Erhebung des Landes die Winterregen eintreten
vermehren sich die Geröllablagerungen, die grössere Feuchtigkeit
muss ohne Wirkung bleiben. Nur in den durch die Küstenflüsse
bewässerten Thalern besitzt auch die peruanische Wüste ihre Oasen,
ihre tropischen Baumformen *s) und tropischen Kulturgewächse!
Hier ist der Boden, dessen Aufbau durch Irrigationen befördert
wird, von hoher Fruchtbarkeit. Das Zuckerrohr gedeiht vortreff-
hch (bis 3400 Fuss), und tropische Fruchtbäume, die Cherimolia
[Anona Cherimolia) und der Pisang reichen noch in die folgende
Region (bis 5600 Fuss).
Die Abhänge der westlichen Sierra [Sierra Occidental, 3750 bis
10800 Fuss), wo die Niederschläge des Sommers beginnen, haben
vor der Küstenregion keinen Vorzug. Die Luft ist zu trocken, die
nächtliche Abkühlung sehr beträchtlich. Die im untern Theile sanft
geneigte, nach oben steile und durch enge Thäler gespaltene Kor-
dillere6) ist mit kahlen Gerollen bedeckt. Poeppig28) fand auf dem
Wege von Lima nach Paseo in ihrem Bereich nur eine Steinwüste:
Cacteen und einige Bromeliaceen (Tillandsia) sind ihre sporadischen
Erzeugnisse, Sträucher mit schöngefärbten Blumen der Schmuck der
felsigen Flussufer. Die wenigen Bäume sind seltene Erscheinungen
IS): selbst in den Thälern verdrängt oft die Uferweide 29), die
alle Klimate des tropischen Amerikas erträgt, den sonstigen Holzwuchs.
Unter den Kulturgewächsen nimmt, falls überhaupt ein
Anbau möglich ist, neben den europäischen Cerealien die Luzerne
oder Alfalla [Medicago sativa), wie in Chile, eine bedeutende Stelle
ein, als ein Futtergewächs, das in den westlichen Andenthälern zu
auffallender Grösse heranwächst.
Die alpine Region beider Kordilleren und die zwischen ihnen
eingeschlossene Puna-Region, die Hochebene Perus und Boliviens,
kann man recht wohl als demselben Naturcharakter angehörig zusammenfassen
(10200 bis 16200 Fuss). Spärlich bewachsene Flächen
wechseln mit Sümpfen, Seen und Alpenbächen und werden auf der
Kordillere zu wilden Gebirgslandschaften mit steilen Felsgehängen,
die von ewigem Schnee und Gletschern umgrenzt sind6). Den
Charakter der Puna-Region 3°) bestimmt die Formation des Ichu-
Grases (S.409), welches steife, meist kreisförmig wachsende, ein bis
anderthalb Fuss messende Büschel bildet, die fasst immer in der Richtung
des herrschenden Windes versandet sind und den grössten Theil
des Jahrs hindurch durch den Verlust der grünen Färbung «wie angebrannt
aussehen«. Neben dieser Stipacee und kleinen kantigen
Cacteen (.Echinocactus) enthält diese Formation einige Synanthereen
(.Baccharis), Umbelliferen (.Azorella), Verbenaceen, Gentianeen und
Valerianeen. Die rasenförmig geordneten Stauden und Gräser wechseln
mit vereinzelten Sträuchern niedrigen, dürren Wachsthums. Das
Ichu-Gras (,Stipa lehn) und der Tola [Baccharis Tola) sind in der
ganzen Puna Boliviens die häufigsten und am weitesten verbreiteten
Gewächse: der Tola-Strauch bewohnt auf den Anden Südamerikas
einen unermesslichen Raum bis zu den Gebirgen der Plata-Staaten
und die sogenannte Sumpfbalsam-Staude, eine in Halbkugeln ihren
Rasen gestaltende und dicht in winzige Blattschuppen eingehüllte
Umbellifere [Azorella s. Bolax glebaria) erstreckt ihren Wohnbe-
G r i s e b a c h , Vegetation der Erde. II. 2. Aufl.