Bliithen in den Laubkronen verbergen. Ihnen ist das Wachsthum
von Baum zu Baum, von einer Stütze zur anderen eigentümlich, die
sie in steilen oder geneigten Richtungen umkränzen, oder von deren
Kionen sie wieder frei herabhängen. Auch die steilen Felsabstiirze
umranken sie wie die Bäume, weil sie nicht aus diesen, sondern aus
dem Erdboden ihre Nahrungsstoffe empfangen.
Bei den monokotyledonischen Lianen ist die geringe Dicke des
Stamms, wenn er holzig wird, eine nothwendige Folge der anatomischen
Entwickelung, und gerade in diesen, den Rotangpalmen, den
Frey cinetien und kletternden Bambusen finden wir, wie bemerkt, die
entschiedenste Eigentümlichkeit des asiatischen Jungle, denen die
in allen Tropenländern verbreiteten Smilaceen an die Seite zu stellen
sind. Aber wie es kommt, dass auch die dikotyledonischen Lianen
den Stamm so wenig ausbilden, ist morphologisch nicht leicht zu erklären,
sondern nur dadurch verständlich, dass die Annahme eines
Dickenwachsthums des Holzkörpers zu sehr verallgemeinert worden
ist, der auch bei den unterirdischen Organen der Stauden schwach
bleibt. Das ununterbrochen fortschreitende Dickenwachsthum tritt
überhaupt wohl nur da auf, wo eine starke Stütze der oberen Organe
nothig wird. Dikotyledonische Lianen mit dünnen Holzstämmen
finden sich in vielen Familien, unter denen in Indien die Leguminosen,
Euphorbiaceen, Ampelideen (Cissus), Urticeen [Ficus] die
artenreichsten sind, andere, wie die Sapindaceen, Melastomaceen,
Olacineen [Phytocrene], Piperaceen [Piper] charakteristische Gattungen
enthalten. Noch grösser ist die Reihe der Familien, die,
ohne in gleichem Grade zu verholzen, doch in ähnlicher Weise, jedoch
oft weniger hoch sich emporschlingen. Einige bestehen’ fast
nur aus solchen Formen, wie die Convolvulaceen, Cucurbitaceen,
Asclepiadeen und Dioscoreen; auch bei den Apocyneen sind sie
häufig. In anderen Gruppen finden wir einzelne Gattungen von
diesem Wuchs, z. B. bei den Aroideen [Scindapsus], Laurineen
üassyta), Gentianeen [Crawfurdid], bei Cardiopteris 31) , bei den
Farnen [Lygodium, Mertensia).
Epiphyten werden alle diejenigen Pflanzen genannt, die nicht
im Erdboden, sondern auf anderen Gewächsen, jedoch ohne sie zu
umranken, befestigt sind. Auch ihnen dienen die Stämme und
ronen der Baume zur Stütze, die, je mehr deren Axen von der
senkrechten Richtung abweichen, und je häufiger durch Auswüchse,
c urch die Ueberreste abgestorbener Zweige und Blätter oder durch
Unebenheit der Rinde geeignete Standpunkte sich darbieten, um so
reicher mit dem Teppich fremdartiger Organisationen geschmückt
sind, deren Mannigfaltigkeit die der Lianen noch weit übertrifft.
Unter der grünen Decke von wuchernden Epiphyten ist die Rinde,
die sie bekleiden, oft völlig verborgen28), die Zwischenräume zwischen
den grösseren Formen werden durch kleine Farne und Moose
dann völlig ausgefüllt. Man kann vielleicht behaupten, dass fast
alle Schattengewächse des Jungle, um dem Waldesdunkel zu entfliehen,
auf diesen organischen Stützen ebenso wohl als auf dem
unorganischen Erdboden sich entwickeln können. Nur gewisse
Formen von Epiphyten sind wirkliche Parasiten, die den Saft aus
der Mutterpflanze aufsaugen. Die meisten sind zu ihrer Ernährung
ebenso, wie die selbständig im Boden wurzelnden Pflanzen, auf ein
unorganisches Substrat, welches die Niederschlage des Waldes auf-
fängfi oder auf diese selbst unmittelbar angewiesen, sie können da-
heAhren Befestigungsort nach Maassgabe der äusseren Umgebungen
wechseln. Das Mittel, auch dann, wenn sie, vom Boden entfernt,
epiphytisch wachsen, die Feuchtigkeit aus demselben an sich zu
ziehen, gewähren in vielen Fällen ihre Luftwurzeln. Andere Epiphyten
finden genügende Zufuhr in den unbedeutenden Mengen von
unorganischen Stoffen, welche der Wind auf den Absätzen der Stämme
sammelt, und welche die verwesende Rinde, das Moos, sowie abfallende
Blätter mit Humus befruchten, während sie der Regen feucht erhält.
Wie eine Fichte auf felsigem Grunde mit wenig lockerem Erdreich
sich begnügen kann, so sieht man im Jungle gewaltige Farnwedel,
grossblättrige Stauden, Sträucher mit dichter Belaubung auf den
stützenden Bäumen thronen, die zu ihrer Befestigung und Ernährung
nur wenig leisten können. Dass aber dies Wenige doch genügend
sei, dass Beleuchtung und Luft ihnen mehr zu Statten komme als
der Boden, in dem sie wurzeln, erkennt man daran, dass die säulenförmigen
Stämme der Rasamalabäume mit ihrer glatten Rinde und
dichten Krone von Epiphyten frei bleiben und wegen der Grösse
ihres Umfangs selbst die Lianen meist zurückweisen.
Von einer bestimmten Vegetationsform der Epiphyten kann insofern
nicht die Rede sein, als der Ort, wo die Schattengewächse
befestigt sind, dem gesetzlosen Zufall überlassen ist. Die Keimung
der verschiedensten Pflanzen findet eben da statt, wo die Feuchtigkeit
sich sammelt, und wo die Wurzeln haften können. Unter den
Epiphyten, die am bedeutendsten in der Physiognomie des Waldes