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 STEPPENGEBIET. 
 Klima,  Die  westliche Kultur Europas  wird  von  der  östlichen  
 Chinas  und Indiens  durch  das  weite Gebiet  der Steppen  abgesondert  
 und hierin  liegt  der Grund,  dass  beide  sich  selten  in  der  Geschichte  
 berührt  haben  und  eigenartig  entfalten  konnten.  Von  den Donaumündungen  
 am  schwarzen Meere  bis  zu  den Zuflüssen  des  Amur,  
 von  der  mittleren Wolga  (53 °N .  B.)  bis  zur Küste  des  arabischen  
 Meers  inBeludschistan  (26°)  und  bis  zum  indischen Hauptkamm  des  
 Himalaja  erstrecken  sich  über  die  am  tiefsten  eingesenkten  und  am  
 höchsten  gehobenen  Flächen  der  Erde  durch  ganz  Vorder-  und  
 Centralasien  die  Steppen  mit  ihrem  einförmigen  und  doch mannig-  
 faltig gegliederten Vegetationscharakter,  mit  ihren  nomadisirenden  
 Hirtenvölkern,  die  nur  da  zu  städtischer  Gemeinschaft  und  zu  selbständiger  
 Staatenbildung von  den  frühsten  Zeiten  an  sich  entwickelten, 
   wo  fliessendes  Gebirgswasser  dem Ackerbau  zur  Stütze  diente.  
 Nach  seinem  Einflüsse  auf  das  Pflanzenleben  beurtheilt,  ist  das  
 Klima nicht viel  günstiger  als  das  arktische,  obgleich,  der  geographischen  
 Lage  entsprechend,  eine viel  näherejVerwandtschaft  es mit  
 den  gesegneten Ländern  am  Mittelmeer verbindet.  Ein  regenloser,  
 heisser  Sommer  ist beiden  Gebieten  gemeinsam,  aber  da das kontinentale  
 Klima mit  dem  erweiterten Abstande vom  atlantischen Meere  
 in  östlicher Richtung immer  stärker ausgebildet wird ,  so  gehen mit  
 dem wachsenden Gegensätze  der Jahrszeiten  die Vortheile  des  südlichen  
 Himmels  verloren.  Durch  die Strenge  und Dauer  des Winters  
 wird  die Vegetationszeit desFrühlings  verkürzt,  die  herbstliche kaum  
 wieder aufgenommen,  und  das  Zeitmaass  der Entwickelung,  wie  im 
 hohen Norden,  auf höchstens  drei Monate eingeschränkt.  Auf einem  
 Raume,  dessen  Umfang  man  auf  beinahe  300000  Quadratmeilen  
 schätzen kann,  und  der  daher  mehr  als  den  dritten  1  heil von  ganz  
 Asien umfasst,  finden wir diesen einförmigen Wechsel von drei Jahrszeiten, 
   von  denen  fast nur  der kurze Frühling  dem  Pflanzenleben  zu  
 seiner Entfaltung  zu Gebote  steht,  indem an den regenlosen Sommer  
 sich  fast unmittelbar  die  Schneefälle  des Winters  anschliessen.  Nur  
 eine besondere,  der Dürre  des Klimas  angepasste  Organisation  vermag  
 bei  gewissen  Pflanzenformen  die  Entwickelungsperiode  zu  verlängern. 
   Und  da  bei  den  übrigen  die Kürze  der Vegetationszeit nur  
 auf dem Mangel  der Bewässerung beruht,  so  sind  mit  den  Flüssen  
 und Gebirgen,  die  auch  dem  Sommer Feuchtigkeit gewähren,  sofort  
 weit vortheilhaftere Bedingungen  für menschliche Kultur  geboten. 
 Dass  auf Meridianen,  welche  von  der  Kirgisensteppe  bis  zur  
 Küste  des  indisch-arabischen  Meers  sich  über  27  Breitengrade  erstrecken, 
   Klima und Vegetation in  so hohem Grade übereinstimmen,  
 hat seinen  allgemeinen  Grund  darin ,  dass  der Unterschied  der Polhöhe  
 durch  die Erhebung  des Bodens  zu  den  asiatischen Flochlän-  
 dern bis  zu  einem  gewissen Maasse  ausgeglichen  und  dadurch  die  
 Wirkung  der  Sonne  im  Süden  geschwächt  wird,  freilich  nicht  in  
 gleichem  Grade wie  auf den  Gebirgen,  deren  Wärme  in  vertikaler  
 Richtung  rascher  abnimmt  als  auf  ebenen  Grundflächen  von  verschiedenem  
 Niveau.  Die  Depression  des  kaspischen  Meers  liegt  
 8oFuss  unter dem Spiegel des Oceans  *).  Die südlichen Hochebenen,  
 die,  durch  Gebirgsketten  gegliedert,  sich ununterbrochen von Kleinasien  
 bis  zur Gobisteppe  erstrecken,  heben  sich  von  3000  bis  6000  
 Fuss  2)  und  erreichen  in  den.  höchsten Bodenschwellungen  Centralasiens  
 das  beispiellose  Niveau  von  mehr  als  16000 Fuss 3')>.  Zu  den  
 kontinentalen  Gegensätzen  der Erwärmung  gesellt  sich  als  zweites  
 klimatisches  Moment  eine  ungemein  trockene  Atmosphäre.  Hier  
 empfängt  das  nördliche  Tiefland  die  äquatorialen  Luftströmungen,  
 die  sonst Feuchtigkeit und Regen  spenden würden,  aus  der afrikanischen  
 Wüste  und  aus  den  vorderasiatischen Hochflächen,  nachdem  
 sie  auf diesem weiten Wege über zwei Kontinente ihren Wasserdampf  
 grösstentheils  verloren  haben.  Das  den  Hochebenen  selbst  eigen-  
 thümliche Klima kann man nirgends vollständiger als hier nach seinen  
 verschiedenartigen  Bedingungen  kennen  lernen.  Die  Trockenheit  
 desselben  ist,  vom  allgemeinsten  Standpunkte  aufgefasst,  eine Folge  
 der  Schwere  des Wasserdampfs,  dessen  Dichtigkeit  daher  mit  der