
 
		Kulturgebiets findet man den Feigenbaum, wenn auch nur zur Strauchgestalt  
 verkümmert,  zugleich  wie  ein  einheimisches  Gewächs  verbreitet, 
   ohne  dass  sich  unterscheiden  lässt,  ob  es  aus  den  durch  den  
 Anbau  veredelten Spielarten  zum Wildling zurückgeschlagen  oder  in  
 weiterem Umfange  durch  natürliche Kräfte  von  seiner Heimath  aus  
 fortgepflanzt  sei.  Da  der Feigenbaum  in  der Provence  erst zu Anfang  
 April  seine Entwickelungsperiode  zu  beginnen  pflegt,  so  wäre  
 seine  orientalische  Herkunft  hierin  ausgesprochen,  in  sofern  die  
 spat  ausschlagenden Bäume  entweder  aus  einem  nördlichen  oder  
 einem  östlichen Klima  abstammen.  Indessen  scheint bei  diesem Gewächse  
 die Zeit  der Belaubung  grösseren  Schwankungen  zu  unterliegen  
 68). 
 Die Weidenform,  der schon der Granatbaum durch seine schmale  
 Blattgestalt  sich  nähert,  hat  im  Süden  nicht  dieselbe Bedeutung wie  
 in höheren Breiten.  Doch  giebt  es  daselbst  einige  ähnliche Bäume  
 aus  verschiedenen Familien,  die  auf den östlichen Halbinseln häufiger  
 Vorkommen  [Elaeagnus; Pyrits  amygdaliformis]. 
 An  die Laubhölzer mit periodischer Belaubung reihen  sich  zahlreiche  
 Gesträuche,  welche im Winter  ebenfalls  ihre Blätter verlieren.  
 Bald  tragen  sie,  den  immergrünen Formen  eingestreut,  dazu bei,  die  
 Mannigfaltigkeit  der Maquis  zu  erhöhen,  bald  bilden  sie  das Unterholz  
 der Wälder,  aber  einige  sind  auch zu selbständigen Formationen  
 durch  geselliges Wachsthum  verbunden.  Das Letztere  ist  namentlich  
 bei  den  Eichengesträuchen  der Fall,  die  in  der  europäischen  
 Türkei  ungemein  häufig  sind  und wohl  als  die Ueberreste  einstiger  
 Hochwälder  gelten  dürfen,  welche,  allen  Schädlichkeiten  preisgegeben, 
   sich nicht wieder verjüngen konnten.  Wiewohl ich von Sträu-  
 chem,  die  der Rhamnusform  des  nördlichen Europas  entsprechen,  
 allein  in  der Mediterranflora  über  50 Arten  zähle und  diesen  in  den  
 Gebirgsregionen noch manche  andere  sich  anreihen,  die  meist  mit  
 denen höherer Breiten  identisch  sind,  so  haben  doch nur wenige  für  
 die Physiognomie  der Landschaft  ein  besonderes  Interesse.  Ln  der  
 immergrünen Region  fallen manche  dadurch  auf,t dass  die Rhamnusform  
 nicht  bloss  in  den Blüthen,  sondern  auch  in  der Gestalt des  
 Laubes  und  im Wüchse  hier weit mannigfaltigere Bildungen  zeigt  als  
 in  Mitteleuropa.  Ich  zähle  darunter  Arten  aus  27  Gattungen  die  
 zu  16  verschiedenen Familien  gehören.  Die grösste und  die  für  die  
 spanische Halbinsel  bedeutendste Reihe  gehört  auch  hier wieder zu  
 den Genisteen  (z.B. Adenocarpus, Sarothamnus),  indem der .Formenkreis  
 dieser Gruppe von  den nackten  und  dornigen bis  zu  den  reichlich  
 belaubten  Stämmen  vollständig  entwickelt  ist.  Um  aber  zu  
 zeigen,  wie mannigfaltig  auch  in  anderen Gegenden  die Organisation  
 der  Sträucher  sei,  genügt  es,  die wenigen Arten  anzuführen,  die  für  
 bestimmte Abschnitte  des Gebiets  oder  durch  die Geselligkeit  ihrer  
 Individuen  besonders  charakteristisch  sind.  Im Westen  finden  wir  
 eine Malvacee  mit  rundlich  gelappten Blättern  [Lavatera  olbia),  im  
 Osten eineStyracee mit feiner, weisser Behaarung  (Styrax officincdis),  
 am  Pontus  eine  reich  mit  grossen,  farbigen Blumen  geschmückte  
 Ericee  [Azalea  pontica).  Eine Euphorbiacee  mit  gedrängter Belaubung  
 bedeckt die sonnigen Kiesgerölle der ligurischen Küste  [Euphor-  
 bia  dendroides):  dieser  Strauch  ist dadurch merkwürdig,  dass  er  im  
 Sommer die Blätter abwirft und unter dem Einflüsse  der Herbstregen  
 sich wieder belaubt9®).  Eine  aromatische Verbenacee  [Vitex  agnus  
 castus),  die  dichte,  ausgedehnte Gebüsche  an  den Flussufern bildet  
 und  im Arabischen »Hand  der Maria«  genannt wird,  verdankt  diesen  
 Namen  der  graziösen Bildung  des Laubes,  welches aus fünf zierlichen  
 Blättchen besteht,  die  wie  die  Finger  einer Hand  an  dem Blattstiele  
 sternförmig  ausgebreitet  sind  und  auf  der  unteren Fläche  von einem  
 zarten,  weissen  Flaum  glänzen 6s).  Sind nun  auch  alle  diese besonderen  
 Erscheinungen  des  Südens  den  Waldregionen  der  Gebirge  
 fremd,  so  trifft man  doch  auf den höchsten  Gipfeln,  vom  Altlas bis  
 zum Libanon  und Athos,  einen anmuthigen  Zwergstrauch,  der hier  
 in  seinem Wuchs  und  in  seiner Belaubung  an  die  Zwergbirken  des  
 Nordens  erinnert,  aber  mit  lebhaft  rothen Blumen  das  nackte Felsgerölle  
 belebt  (.Prunus prostrata). 
 Die  Coniferen  nehmen  an  der Bildung  der Wälder  in Südeuropa  
 einen  ebenso  grossen Antheil  als  die  Laubhölzer.  Sie  bilden  nicht  
 bloss,  wie  im Norden,  häufig die  oberen Waldregionen  der Gebirge,  
 sondern  eigenthümliche Arten  sind  auch  an  den warmen Küsten weit  
 verbreitet.  Wenn  aber  in  vielen  Gebirgen  die  Laub-  und Nadelhölzer  
 nach Regionen,  also  klimatisch  geschieden  sind,  so  ist dies  in  
 anderen Gegenden  und  namentlich  im Bereich  der Mediterranflora  
 ebenso  wenig  der Fall  wie  in  den  Ebenen  des nördlichen Europas.  
 Die Beschaffenheit  der Erdkrume  ist  auch hier  für  die  Physiognomie  
 der ganzen Landschaft  entscheidend.  Wo  sie  flach  auf dem  Felsen  
 ruht  oder  wo  sie  sandig  ist  und  in Folge  dessen  stärker  von  der  
 Sonne erhitzt wird,  bewaldet sie sich leichter mit Nadelholz,  wogegen  
 Bestände  des Laubwaldes  auf  einem  thonreicheren Boden,  den  sie