engere Bedeutung beizulegen, nur zu Missverständnissen führen
können. Denn etwas physikalisch Gemeinsames liegt den Wüsten
der Polarländer und denen der Kontinente Asiens und Afrikas überhaupt
nicht zu Grunde, sondern es wird durch diese Bezeichnung
nur die Unbewohnbarkeit von Landstrecken ausgedrückt, wo auch
die Thiere keine genügende Nahrung finden. Die Steppen sind von
Nomaden bewohnt, die Viehzucht treiben, die Bevölkerung der
Wüsten ist auf Oasen eingeschränkt die abgelegen ihre Oede unterbrechen.
Gewöhnlich ist Wassermangel die nächste Ursache der
Unbewohnbarkeit und des geringen Pflanzenwuchses, aber auf die
Polarwüsten mit ihrem die Oberfläche durchfeuchtenden Eiswasser
passt auch diese Beschränkung des Begriffs nicht, und ebenso wenig
auf die Salz führenden Moräste, die mit dem Flugsande am Aral
abwechseln, und deren Wasser nicht trinkbar ist. Wüsten ohne regelmässig
eintretende atmosphärische Niederschläge, wie die afrikanische
Sahara, wo es oft eine Reihe von Jahren hindurch nicht
regnet, kenne ich wohl in Arabien, im Innern von Asien dagegen nicht.
Dennoch kann aber auch in Asien der Wassermangel ebenso gross
sein, wenn es nicht möglich ist, das Grundwasser im Boden zu erreichen.
Allein dies hängt von der Beschaffenheit des Erdreichs,
nicht von dem jährlichen Regen- oder Schneefall ab. Ist die Oberfläche
thonhaltig oder liegen die Thonschichten, die den Abfluss des
Wassers nach abwärts verhindern, in nicht zu grosser Tiefe, so
bleibt der Boden, nachdem der Schnee geschmolzen, feucht genug,
um eine üppige Vegetation von Gräsern und Stauden zu erzeugen,
und diese wiederum, indem sie Humus zurücklässt, trägt auch hiedurch
dazu bei, die Feuchtigkeit zurückzuhalten. Wo aber mächtige
Sandmassen und Gerolle oder Felsen, die das Wasser durchlassen,
abgelagert sind, da versiegen die Zuflüsse, welche den Wurzeln der
Pflanzen erreichbar sind. Dann wird die Steppe zur Wüste, die
Karavanen finden nicht mehr wie dort einen Brunnen, ihr Vieh zu
tränken und suchen über die unwirthbare Fläche eilends hinüber zu
kommen. Das sind die Landschaften, wo selbst die fliessenden Gewässer
sich in der Tiefe des lockeren Bodens verlieren. Die Circu-
lation des Wassers ist auch in der Wüste nicht gehemmt, mag der
Schnee des Winters, wie in der gemässigten Zone Asiens, auf sie
herabfallen, oder der Boden nur durch die seltenen Gewittergüsse
der Sahara benetzt werden. Denn zu so grosser Tiefe das Grundwasser,
welches durch diese atmosphärischen Zuflüsse gespeist wird,
auch hinabsinken mag, der Boden des Meers ist doch noch viel tiefer,
auf den es, über undurchdringliche Schichten hinabgleitend, doch
zuletzt in verborgenen Quellen sich ergiessen kann, um in den Kreislauf
zwischen Ocean, Atmosphäre und Festland endlich zurückzukehren.
Wenn der Schnee der Steppen und Wüsten schmilzt, sinkt
die Feuchtigkeit im Frühling mit ungleicher Geschwindigkeit zu den
unterirdischen Behältern: die Wüste ist daher reicher an Holzgewächsen
als die Steppe, weil deren Wurzeln tiefer in den Boden
eindringen. Da sie aber zerstreut wachsen und wenig Blätter, wenig
periodische Organe besitzen, so bilden sie zu wenig Humus, um den
Abfluss zu verlangsamen, und bald steht ihnen nur noch die Feuchtigkeit
zu Gebote, welche sie im Anfänge ihrer Entwickelungsperiode
in ihr Gewebe aufgesogen hatten. So ist die Vertheilung der Pflanzenformen
des Depressionsgebiets durch die wechselnde Mischung
der Erdkrumen erklärlich, auch wenn die Oberfläche darüber keinen
Aufschluss giebt. Diese kann in den Steppen ebenso wohl aus Sand
wie aus Lehm oder Thon gebildet sein und mehr oder weniger Humus
erzeugen; in den Wüsten besteht sie aus durchlassenden Erdschichten.
Da in einer früheren geologischen Periode das ganze Depressionsgebiet
ein grosses Meer war, so ist es nicht auffallend, dass der
tiefste Raum desselben, der die Mitte bildet, vorzugsweise von sandigen
Erdkrumen bedeckt wurde, die nun zu den Wüsten am Aralsee
geworden sind, und dass gegen die ehemaligen Küstenlinien hin
der Thongehalt wächst, der die Steppenvegetation begünstigt. Denn
gerade so setzen in der Gegenwart die Flüsse den feineren Detritus
in den Marschen und Deltabildungen ab, wogegen der gröbere und
schwerere Sand erst in weiterem Abstande von ihrer Mündung zu
Boden fällt und in den tieferen Räumen des Meeresbodens gesammelt
wird. Die Fruchtbarkeit des Depressionsgebiets ist von dem nördlichen
Waldsaume aus gleichsam zu drei Terassen geordnet, wobei
indessen bedeutende Unregelmässigkeiten leicht begreiflich sind. Am
deutlichsten ist diese Abstufung in der Richtung von den südrussischen
Grassteppen bis zum Aralsee. Die untere Wolga scheidet das
bessere Weideland von der öderen Kirgisensteppe, und diese grenzt
südwärts, unter dem 46. Parallelkreise, an die Wüste Karakum am
nordöstlichen Gestade des Aral.
Dass das Klima der Steppen dem südeuropäischen näher als
dem des Waldgebiets verwandt sei, erkennt man daran, dass der
Uebergang im Westen minder schroff ist als im Norden. Dort ist
G r i s e b a c h , Vegetation der Erde. I. 2. Aufl, 25