Wanderungen der Pflanzen als eine nur in seltenen Fällen zu überschreitende
Schranke entgegen, da ungeachtet des hohen Niveaus,
zu dem sie sich von der Küste aus erhebt, in ihrem Bereich wenig
mehr als 400 Gefässpflanzen nachgewiesen werden konntenI2). Aber
wie dieser regenlose Abschnitt der Anden die Flora scheidet, so
bildet derselbe doch zugleich nach der eigentümlich geebneten Gestaltung
seiner Oberfläche die bedeutendste Verbindungsbahn für den
Pflanzenaustausch zwischen dem nördlichen Chile und den Pampas.
Hier ist das Klima zu beiden Seiten der Anden ähnlich, aber weiterhin
steht der zusammenhängende, schneebedeckte Kamm der Kor-
dillere als mechanisches Hinderniss der Vermischung beider Floren
entgegen. Leichter als über ihre hohen Pässe kann über die freien
Hochebenen der Wüste der doch nur beschränkte Austausch I3) vermittelt
werden. In der alpinen Region der chilenischen Anden lassen
sich endlich, in noch grösserem Umfange als in Peru, Wanderungen
längs der Kordillerenkette bis zum Feuerlande erkennen, wobei ein-
zelne Arten, allmälig herabsteigend, schon an der Magelianstrasse
das Niveau des Meeres erreichen und hier also ähnliche Erscheinungen
sich wiederholen, wie sie in der nördlichen Hemisphäre so
gewöhnlich sind. Im Uebrigen sind die chilenischen Vegetations-
centren durch das stille Meer so vollständig abgesondert, dass höchstens
die einsame Insel Juan Fernandez an ihren Erzeugnissen noch
einigen Antheil hat.
Nicht aber die Ansiedelungen allein sind durch das Meer ge-
hindert worden, sondern es fehlt auch an Fällen näherer Verwandtschaft
der Organisationen mit den zunächst gelegenen Inseln von
Neu-Seeland1*) und mit den übrigen Festländern der südlichen gemässigten
Zone. Wenigstens besteht diese in weit höherem Grade
mit Nordamerika und zeigt sich namentlich darin, dass die meisten
grösseren Pflanzenfamilien dieselben sind: nur einige kleinere Gruppen
und die Synanthereen mit Lippenblüthen (die Labiatifloren) sind für
die südlichen Centren des Kontinents charakteristisch. Auch bilden
solche Gruppen nicht, wie die Proteaceen und Restiaceen des Kap-
landes und Australiens, eigenthümliche Bildungskreise, sondern sind
als abweichende Typen grösseren Familien verwandt, die auch die
nördliche Hemisphäre bewohnenIS). Aus den klimatischen Analo-
gieen, die auch in den übrigen Erdtheilen bestehen, ist die nähere
Verwandtschaft zwischen den Organisationen beider gemässigter
Zonen in Amerika nicht allein zu erklären. Diese hat in Chile zu
einer besonders reichlichen Ansiedelung von europäischen Ruderal-
pflanzen und von Gewächsen feuchter Standorte geführtl6), aber der
Austausch durch Wanderungen, wovon bei Kalifornien die Rede war,
konnte in Afrika ebenso leicht stattfinden wie in Amerika, und dennoch
ist dort die Uebereinstimmung der Familien und Gattungen, die
der Darwinismus der Ansiedelung der Arten, geologisch betrachtet,
gleich stellt, in weit geringerem Grade bemerklich als hier. Die
Verwandtschaft der Organisationen scheint vielmehr hier auf die
gleichzeitige Entstehung des ganzen Erdtheils bezogen werden zu
dürfen, auf die wir aus der in beiden Hemisphären gleichartig erfolgten
Erhebung des Andensystems schliessen können. Wie in
jeder Periode der Vorwelt gewisse Familien die herrschende Vegetation
bildeten, so ist auch von den späteren Zeiten, als die heutigen
Arten geformt wurden, eine gleichzeitige Entstehung des Gleichartigen
anzunehmen. Nun reicht das orographisch-geologische Hebungssystem
des Kaplandes wohl bis Abessinien, aber nicht bis
Europa, das australische ist noch selbständiger abgesondert: also nur
in Amerika finden wir einen solchen Zusammenhang der den Kontinent
gestaltenden Gebirgsketten und auch nur hier in den gemässigten
Zonen beider Hemisphären eine gewisse Uebereinstimmung ihrer
Floren, die aus den gegenwärtig wirksamen Naturkräften nicht zu
erklären ist.
Der Umfang der zur Uebergangsflora von Chile gehörenden
Provinzen von Atacama bis Valparaiso beträgt nur etwa 3000 g.
Quadratmeilen. Die Zahl der daselbst bis jetzt beobachteten Pflanzen
schätze ich auf 2500 phanerogamische Arten, von denen wohl 1800
als endemisch betrachtet werden dürfen. Von den Gattungen finde
ich, abgesehen von manchen noch nicht sicher gestellten, der Flora
etwa 35 eigenthümlich und beinahe ebenso viele dieser und der südchilenischen
gemeinsam angehörend: die ersteren vertheilen sich
unter 22 FamilienI?), und eine grössere Anzahl enthalten nur die
Synanthereen und die Liliaceen. Die meisten dieser endemischen
Gattungen sind monotypisch. Wie in den peruanischen Anden giebt
es übrigens auch in Chile eine Reihe von Gattungen mit einer ungewöhnlich
grossen Anzahl von ArtenlS).
Die Reihe der vorherrschenden Familien ^ ist der der tropischen
Anden in sofern ähnlich, dass auch hier die Synanthereen
ungewöhnlich zahlreich sind und dass unter ihnen die Labiatifloren
einen grossen Bestandtheil bilden. Hierauf folgen, nach der Zahl