Unter den Tropen sind die Phasen der Vegetation an die Regenzeiten
gebunden, insofern diese allein die erforderliche Feuchtigkeit
liefern. Die Masse der Niederschläge ist. allgemein betrachtet, bei
Weitem bedeutender als in höheren Breiten, sie wächst mit der
Wärme, welche die Verdunstung und die ganze Circulation des
Wassers durch die Atmosphäre beschleunigt. Allein wenn die verdunstenden
Flächen fehlen , oder wenn die Luftströmungen, indem
sie auf ihrer Bahn sich erwärmen, die Verdichtung des Wasserdampfs
verhindern , entstehen auch unter den Tropen wasserlose
Wüsten. Zwischen der äussersten Ergiebigkeit der Niederschläge,
die an den Khasiabergen, in der Nähe des Meerbusens von Bengalen,
sich über 600 Zoll steigert, und jener Regenlosigkeit, wie sie in
Sind, an der Mündung des Indus, vorkommt, liegt eine Reihe atmosphärischer
Zustände, die in den Gegensätzen tropischerVegetation,
in den indischen Jungles, denSavanen und den noch dürreren Landschaften
sich abspiegeln. Als Jungle bezeichnet man in Hindostan
alle mit Bäumen und anderen Holzgewächsen dicht bestandenen
Gegenden. Die Savanen der Tropenländer, die im indischen Archipel
auftreten , sind Grasebenen , die von den Steppen der gemässigten
Zone sich theils durch üppigere Vegetation, theils dadurch unterscheiden,
dass auch sie lichte Waldungen in ihrem Bereich zulassen.
Aber die Anordnung der beiden Hauptformationen der tropischen
Zone, der Wälder und Savanen, ist nicht so sehr von der Masse der
P euchtigkeit abhängig, die sie empfangen, als von der ungleichen
Dauer der Regenzeit, die in einigen Ländern fast das ganze Jahr
umfasst, gewöhnlich aber mehr oder minder schroff von der Periode
der Dürre getrennt ist. Auch hier werden die Baumformen zurückgedrängt,
wenn sich die Zeit der Niederschläge über ein gewisses
Maass verkürzt und nicht etwa das Grundwasser den mangelnden
Zufluss ersetzen kann.
Der Wechsel der nassen und trockenen Jahrszeiten ist zwar eine
Folge der regelmässigeren Bewegung der Atmosphäre unter den
Tropen, aber die Bedingungen der Niederschläge sind verwickelter
Natur. Die Passatwinde, die Solstitialbewegung, die Vertheilung
des Festlands und das Relief des Bodens sind die Quellen theils der
Dürre, theils des Niederschlags. Dächte man sich die Solstitialbewegung
aufgehoben, die Sonne stets im Zenith des Aequators
stehend und die tropische Zone aus gleichmässigen Flächen gebildet,
so würde da, wo die beiden Passate sich begegnen, ein ewig
Regenzeiten. — Zenith- und Elevationsniederschläge. 3
feuchter Erdgürtel entstehen, es würden aus dem aufsteigenden Luftstrom
beständige Regengüsse dessen Boden benetzen. Zu beiden
Seiten dieses Aequatorialgürtels müssten sich Wüstenzonen ausbreiten
, in welchen die Passatwinde die Bildung der Regenwolken verhinderten.
Erst an den Wendekreisen würden sodann aus der Vermischung
des oberen und unteren Passats wiederum zwei feuchte
Zonen mit dauernden Niederschlägen hervorgehen. In der Wirklichkeit
hat die Natur dafür gesorgt, an die Stelle einförmiger und
das organische Leben beschränkender Verhältnisse den Wechsel der
nassen und trockenen Jahrszeiten zu setzen und ungeachtet des
gleichmässigen Wehens der Passatwinde die höchste räumliche Mannigfaltigkeit
zu erzeugen. Zuerst werden durch die Solstitialbewegung
die Regenzeiten auf bestimmte Perioden eingeschränkt, dann
wirken in ähnlichem Sinne die ungleiche Erwärmung des Festlands
und des Meers, der Gebirge und der Tiefebenen.
Wie die Bildung der Wolken überhaupt auf einem Sinken der
Temperatur beruht, so können auch tropische Regenzeiten nur dann
entstehen, wenn der Raum, in welchen der Wasserdampf eindringt,
kälter ist als derjenige, von dem er ausging. Diese Abkühlung tritt
unter verschiedenen Bedingungen ein, je nachdem die Luft horizontal
bewegt oder von dieser Richtung abgelenkt wird und ansteigend
durch die wachsende Entfernung vom Erdkörper sich ausdehnt.
Dem ersteren Fall entsprechen die von wärmeren nach kälteren
Gegenden strömenden Winde in den Tiefländern höherer Breiten,
und sie kommen unter gleichen Verhältnissen auch im Monsungebiete
vor. Ueberall aber, wo der Passat die unteren, der Antipassat
die oberen Schichten der Atmosphäre beherrscht, steht die
Abkühlung, welche Niederschläge veranlasst, mit Ablenkungen der
Luftströmungen aus der horizontalen in andere Richtungen in Verbindung.
Diese nun erfolgen unter zwei verschiedenen Bedingungen,
wonach man Zenith- oder S olsti t ial regenz ei ten , die der
Solstitialbewegung folgen, und E l e v a t i ons n i ede r s chl ä g e
unterscheiden kann, die von der Erhebung des Bodens abhängig
sind. Im regelmässigen Wirken der Solstitialbewegung ist es der
vertical aufsteigende Luftstrom eines periodischen Wärmecentrums,
welcher da entsteht, wo die Passate beider Hemisphären sich begegnen
und stauen, und der zu den Bildungen von Wolken und täglichen
Gewittern den Anlass giebt, zu Regenzeiten , die kurz nach
dem Zenithstande der Sonne zu beginnen pflegen, aber immereinen