misien undMimoseen verdorrt und blieb in diesem Zustande bis zum
folgenden Jahre. Die Bodenkultur ist daher nur an die wasserreichen
Ströme gebunden, die durch den schmelzenden Schnee hoher Gebirge
genährt werden, und aus welchen das Land ehemals, wie Aegypten,
kanalisirt wurde. Den Hochsteppen Armeniens gegenüber, mit denen
Mesopotamien die Form der Traganthsträucher gemein hat, ist der
Vegetationscharakter dadurch bezeichnet, dass zu den vorherrschenden
Artemisien dieMimoseen nebst einjährigen Gräsern sich gesellen
von den Kulturbäumen die Dattelpalmen und am Fusse der Gebirge
auch die Oliven auftreten. Auch kommen nackte Strecken vor, wo
der Boden nur von Lichenen bedeckt ist, die der Mannaflechte Arabiens
und anderer Wüsten und Steppen entsprechen. Es sind die
klimatischen Analogien mit drei anderen Floren, die durch die Vegetation
hier in die Erscheinung treten, wiewohl keine derselben mit
Mesopotamien in unmittelbare Berührung tritt. Die Kürze der natürlichen
Vegetationszeit, durch die geringe Dauer der winterlichen
Niederschläge bedingt, erneuert in den Artemisien das physiogno-
mische Bild der russischen Steppen, die Frühlingsvegetation der
Mediterranflora in den einjährigen Gräsern und die hohe Wärme
verknüpft diese Landschaften durch ihre Mimoseen mit der arabischen
Sahara. Wie aber durch Irrigationen die Entwickelungsperiode
fast über das ganze Jahr ausgedehnt werden kann, zeigen neben dem
Kornbau namentlich die Kulturbäume. Bemerkenswerth ist es dabei,
dass der Oelbaum und die Dattelpalme sich gegenseitig ausschliessen!
Die^Ohvenkultur reicht von Kurdistan aus am Euphrat bis Anah
(34° N. B.] 43) und. ungefähr ebenso weit am Tigris, während erst
jenseits dieser Breite die Datteln und zwar in bedeutendem Umfange
erzeugt werden. Zwar finden sich noch einzelne Dattelpalmen zu
Mosul (36°), aber ihre Früchte sollen daselbst nicht mehr reif werden.
Ich bezweifele indessen, dass dieser Kulturgrenze klimatische
Ursachen zu Grunde hegen, da der Oelbaum selbst von den Oasen
der östlichen Sahara nicht ausgeschlossen ist und also auch das Klima
von Bagdad wohl ertragen möchte, die Datteln von Valencia aber
kaum unter günstigeren Bedingungen reifen als in Mosul anzunehmen
sind, vorausgesetzt dass eine genügende Bewässerung ihnen
daselbst zu Theil würde. Es ist vielleicht nicht das Klima, sondern
nur die bessere Kenntniss der Natur beider Gewächse und ihre angemessene
Pflege, wodurch ihr Kulturgebiet in diesen Gegenden bestimmt
wird. Denn den Kurden ist der Olivenbau von Syrien her
bekannt, der sich daher am Fuss ihrer Gebirge entwickelt hat. Die
Araber hingegen haben stets auf ihren Eroberungszügen die Dattelpalme
ihrer Heimath überall anzusiedeln gesucht, wo das Klima es
gestattete, in Mesopotamien wie in Spanien, und sogar, wie vorhin
bemerkt wurde, noch an der Küste des kaspischen Meers.
Westlich von Mesopotamien erstreckt sich ein Hochland bis an
die Küstengebirge des mittelländischen Meers. Der grösste Theil
dieses Raums, von den Erhebungen des Taurus bis Arabien, wird
gewöhnlich als syrische Wüste bezeichnet. Da dieselbe jedoch
durchaus von arabischen Wanderstämmen bewohnt und überall, so
weit die Kunde reicht, von einer winterlichen Regenperiode befruchtet
wird, kann sie uns nur als eine Steppe gelten. Die Beduinen
ziehen mit ihren Heerden im Frühjahr nach Norden bis zur Gegend
von Aleppo und sollen im Herbste sowohl nach Osten am Euphrat
hinabwandern, als auch südwärts bis Nejed gelangen 43); bis zu den
Grenzen des an die centralen Gebirge Arabiens sich lehnenden Städtegebiets
woraus man wohl schliessen darf, dass die syrische Steppe
sich gleichartig bis dahin ausdehnt und unmittelbar den Nordrand
der arabischen Sahara berührt. Dass Innere dieser weiten Landstrecken
ist indessen geographisch noch unerforscht, und nur von dem
nördlichen und westlichen Rande der Steppe weiss man, dass ihr
Humusboden mit Graswuchs und aromatischen Kräutern reichlich
ausgestattet ist, wiewohl keine Flüsse vorhanden sind, die den Sommer
hindurch ihr Wasser bewahren. Ein Reisender, der Russland
und Afrika kannte, bemerkt, dass die sogenannte Wüste von Palmyra
mehr den russischen Steppen als der Sahara gleiche 44). In
gewissen Perioden der Geschichte blühte hier sogar eine höhere
Kultur, wovon die zahlreichen Städteruinen auf der Hochfläche von
Hauran einZeugniss aus dem Anfang unserer Zeitrechnung sind, und
auch jetzt wird in dieser an der Ostseite des Jordan gelegenen Landschaft
stellenweise Kornbau betrieben, indem zur Bewässerung Cisternen
dienen, die den Niederschlag des Winters sammeln. Vielleicht
hat in einem noch viel früheren Alterthum schon ein Ackerbau
hier bestanden, der mächtig in die Kulturgeschichte eingriff, wenn
die Vermuthung sich bestätigt, dass im Hauran einige unserer Cerealien
wild wachsen. Das Niveau der syrischen Steppe ist noch unbekannt,
aber da Damaskus in einer Thalfurche des Westrandes noch
über 2000 Fuss hoch liegt (2250'), und da im Winter Reif und
chnee keine ungewöhnlichen Erscheinungen sind, so muss man
G r i s e b a c h , Vegetation der Erde. I. 2 . Aufl. 2 g