436 IV . Steppengebict.
vorhanden, und einige bessere Gräser (Triticum) gedeihen in ziemlicher
Menge. Der Boden dritter Klasse erzeugt fast nur Thyrsa und
die wenigen Stauden, welche übrig sind, werden als Futterkräuter
vemg erth haben. Aber auch auf dem ergiebigsten Steppenlande
sind die Zwischenräume nackten Erdreichs so gross, die Gräser so
gering im Ertrage, dass die besten Schläge in den fruchtbarsten
Jahren nach dem deutschen Bonitirungssystem der untersten Klasse
der einschungen Wiesen entsprechen, welche Thaer mit dem Prä
dikat »ganz schlecht« belegt (60 Pud Heu oder etwa 20 Centner auf
die Desjätine).
In den nackten Zwischenräumen des Rasens der russischen Grassteppe
sprossen wie gesagt, nur im ersten Frühjahr einige Gewächse,
d,e bald wieder in Staub zerfallen und neun Monate lang den Boden
selbst Mh‘ T U<P aSSen- 0Auch bei d“ übrigen, den den Rasen
selbst bildenden Steppenpflanzen, dauert die Vegetationszeit nur
drei Monate, etwa von der Mitte des April bis Mitte Juli aber der
ausgedorrte Rasen kann doch auch in den übrigen Jahrszeiten, so
lange derselbe nicht mit Schnee bedeckt ist, zur Weide dienen. Allein
weit günstiger als in diesen flachen Landschaften sind die Bedingd
e fw e eth \ 'e lR Ci t m denHochstePP“ > wo zwar die Dornsträucher
den Werth des Bodens verringern, aber die alpinen Matten der Gen
ge und die Wiesen an ihren Gewässern einen Wechsel der treff-
ic is en ei egrunde nach den Jahrszeiten gestatten. Was Hesse
sich in dem kasp,sehen Tieflande den Alpentriften am armenischen
Alages oder jener üppigen Grasebene an die Seite stellen, die unmittelbar
am Nordrande der persischen Salzwüste beginnt und zu
b ^ ^ b° mS hinZieh“ d > 0— * Gebirgswasser
... A 'e P lr d*e der russischen Grassteppe von dem
asserzufluss aus den atmosphärischen Niederschlägen abhäimt
e,kennt man daran dass die oberflächlichen Erdschichten in den
Sommermonaten vollständig austrocknen. Dann bilden sich zwischen
Ib e r auTh dieeU T Aber auch die Ungleihchht e .Bte°nd edner’ N^ied erschläge in ver^scrhbieedne naebn
Jahren bewirken grosse Unterschiede in der Höhe des Graswuchses ■
diese klimatischen Unregelmässigkeiten sind weit erheblicher als im
westlichen Europa. Es kommen im Gouvernement Taurien Jahrgange
vor, wo es weder regnet noch schneit. Teetzmann»«] erlebte
eine Dürre von so Monaten (.83z und ,833), in denen kein Jro p fe t
Grassteppe. 437
keine Flocke zu Boden fiel; in anderen Jahren verminderte sich die
Menge des Niederschlags auf weniger als ein Zehntel des Betrages
von nassen Perioden (wie des J. 1838). Durch die Nässe, die den
Boden zu sehr aufweicht, leiden die Versuche des Ackerbaus noch
mehr als durch die Dürre, aber in solchen Zeiten wachsen alle
Steppengewächse in ausserordentlicher Ueppigkeit und reifen, was
übrigens bei den mehrjährigen nicht gewöhnlich, ihre Samen. In
jenen Jahren der Dürre war kein Grashalm höher als bis zum Fuss-
knöchel gewachsen, zu anderen Zeiten (1837—39) reichte ungefähr
die Hälfte der Rasen bis an die Wade, die übrigen bis an den Leib:
der Unterschied im Ertrage mochte im letzteren Falle auf das Sechsfache
geschätzt werden. Allein die Vortheile nasser Jahrgänge sind
auch in Bezug auf die Güte des Weidegrundes vielmehr scheinbare
als wirkliche, da die Thyrsa , die weder durch Dürre noch durch
Frost völlig zu Grunde geht, um so weniger nutzbar ist, je höher sie
aufschiesst.
Auch die Mannigfaltigkeit I0°) der Steppengräser ist mit der der
nordischen Wiesen gar nicht zu vergleichen. Auf den Corniess’schen
Plänen sind nur sieben Gräser verzeichnet, und die Stauden , deren
bunter Wechsel doch auf einem kleinen Raume der Steppenflora
leicht eine Ausbeute von mehreren Hundert Arten bietet, sind ebenfalls
anders wie auf den Wiesen vertheilt, wo die einzelnen gewöhnlich
in reichlicher Menge auftreten. Teetzman gab ein Verzeichniss
von 250 Pflanzen, deren Vorkommen er auf einem Gute der nogai-
schen Steppe untersuchte, und er bemerkt, dass die meisten so selten
seien, dass die Zahl der Individuen, wenn sie bei dem vorherrschenden
Thyrsagrase (Stipa capillata) 5 Millionen betrüge, nur bei 18 Arten
über 10000 und bei 33 anderen über 100 steigen würde.
Auf die Vertheilung der Pflanzen in der Grassteppe hat die Beschaffenheit
der oberflächlichen Erdkrumen weniger Einfluss als
man denken sollte. Die Stellung des Grundwassers, die von den
tiefer liegenden Schichten abhängt, ist von grösserer Bedeutung als
der Wechsel von Sand und Thon oder die oft nur unbedeutende
Humusablagerung an der Oberfläche. Auf reinem Sandboden sah
Baer?8) in der Steppe am Eltonsee wilden Hanf sechs Fuss undhöher
aufgeschossen: wie wäre ein solches Wachsthum möglich, wenn
nicht in der Tiefe thonreichere Bodenschichten lägen, die die Feuchtigkeit
aus dem Sande abzufliessen hinderten und dadurch die Wirkung
der Niederschläge erhöhten? Der Boden der Steppe von Tau