Raum ist zur Herstellung undurchdringlicher und von einander abhängiger
Massen ausgenutzt, wie im Tropenwalde, nur nicht von
gleichem Formenreichthum. Jenseits der Insel Chiloe, wo im Golf
von Penas die Gletscher der Anden zum Meer herabzureichen anfangen,
herrschen dagegen bis zum Kap Horn (44°bis 5Ö°S.B.) die
antarktischen Buchen fast allein. Aber da die herrschende Baumart,
welche im Winter sich entlaubt (Fagus antarctica) von einer andern
immergrünen Buche [F. betuloides) begleitet wird, so ist die Physiognomie
des Waldes doch auch hier von der des nördlichen Europa
abweichend. Gegen den Südpol hin ist Fuegia das äusserste Land,
welches Baumwuchs erzeugt hat. Noch diesseits der südlichen Polarzone
scheint überhaupt jede Spur von Landpflanzen aufzuhören.
Vegetationsformen. Feuchtigkeit oder vielmehr die dadurch
bedingte Verlängerung der Vegetationsperiode hat in Chile den bedeutendsten
Einfluss auf die Höhe des Baumwuchses. Statt zwerg-
hafter Holzgewächse begegnet uns nun ein geschlossener, fast das
ganze Land bekleidender Hochwald. Valdivia kann Bauholz im
Ueberfluss und von der trefflichsten Beschaffenheit liefern, die
Stämme haben in den dortigen Beständen eine Stärke wie die Waldbäume
Europas, aber von den noch grösseren Dimensionen, wie sie
im Oregongebiete Vorkommen, ist doch nichts bekannt geworden.
Bei mehreren Baumarten bemerke ich, dass die Blätter von geringer
Grösse sind, namentlich bei den antarktischen Buchen, und dies hat
wohl Förster, als er von denselben die erste Kunde gab, dazu verleitet,
dass er die immergrüne Art von Fuegia [Fagus betuloides) für
eine Birke hielt. Immerhin kann der Umfang des einzelnen Blatts
durch die Menge der Organe ersetzt werden, die in einem bestimmten
Verhältniss zu dem Wachsthum des Stamms stehen müssen. Im
Gegensatz zu dieser Belaubungsform bei den Bäumen kommt eine
Staude vor (Gunnera chilensis), deren am Rande eingeschnittene rundliche
Blätter zu erstaunlicher Grösse auswachsen: Darwin*) beschrieb
einige Pflanzen dieser Art, bei welchen dieselben, vier oder fünf an
einem Stengel, beinahe acht Fuss im Durchmesser maassen, und
gewöhnlich sind sie grösser als bei dem in dieser Beziehung ähnlichen
Rhabarber, der unter so abweichenden klimatischen Bedingungen
steht. Zur Dekoration in Gärten wären diese Gunneren
passend, so wie manche andere antarktische Gewächse mit schöngefärbten
Blüthen, aber nicht leicht würde man bei der Kultur den
bewölkten Himmel nachahmen, der sie vor der Sonne schützt, und
ihnen die gleichmässige Wärme verschaffen können, die ihre Entwickelung
verlangsamt.
Die immergrünen Bäume der Lorbeer- und Olivenform vertheilen
sich in Valdivia unter etwa zwölf Familien, von denen jedoch
die meisten nur einzelne Arten aufzuweisen haben. Mehrere Laurineen
(z. B. Persea Lingue) können als Vertreter einer Familie der
Tropen betrachtet werden; nur wenige entsprechen dem besonderen
Bildungskreise Südamerikas, so ein grosser Myrtaceenbaum (Luma),
ferner die Magnoliacee der Anden (.Drimys), welche in Fuegia als
hoher Baum die Buchen begleitet, und ein dem wilden Oelbaum ähnlicher
Monotyp, der den Euphorbiaceen verwandt ist [Aextoxicum].
Die übrigen stehen nach ihrer systematischen Stellung in nächster
Beziehung zu Arten oder Gattungen, die über die jenseitigen Küstenländer
und Inseln des stillen Meers zerstreut sind. In Neuseeland
und Tasmanien finden sich ähnliche Buchen und Arten einer Tilia-
ceengattung (Aristotelia), auf der letzteren Insel wiederholt sich der
Bau eines Rosaceenbaums (Eucryphia). Ebenfalls in Neuseeland und
Australien wachsen die nächstverwandten Gattungen von zwei Moni-
mieen (Laurelia und Peumus), sowie von einer Saxifragee (Caldcluvia).
Noch näher mit der australischen Flora verknüpft sich die südchilenische
durch die Proteaceen, von denen zwei Gattungen Vorkommen
{Embothrium und Lomatia), deren Belaubung weniger an das dort
vorherrschende starre und glanzlose Blattgewebe als an das der Olive
erinnert; andere Arten haben getheilte Blätter und reihen sich an
die Tamarindenform (z. B. Guevind). Ein Synanthereenbaum [Flo-
towia), der für den grössten in dieser Familie erklärt wird [bis
xoo Fuss hoch]8), verbindet Südchile mit den oceanischen Inseln
Juan Fernandez, den Galapagos und St. Helena. Durch alle diese
Baumformen scheint ein genetischer Zusammenhang ausgedrückt zu
werden, den wir in den nördlicheren Gegenden Chiles vermissten,
mit weit entlegenen Küsten, die aber doch derselben geographischen
Zone angehören oder von den Südamerika umschliessenden Meeren
bespült werden. Allein es ist schwer zu entscheiden, welchen An—
theii daran die klimatischen Analogien haben, welche den gemässigten
Breiten der Südhemisphäre gemein sind. Denn wie die Wälder
daselbst einer flachen Temperaturkurve, einer mässigen Wärme und
einer langen Vegetationsperiode entsprechen, so finden wir unter
ähnlichen Bedingungen auch die Buchen, freilich nicht die immergrünen,
in der nördlichen Hemisphäre wieder, mit welcher ein Aus