hervorzubringen. Jede natürliche Flora ist eine besondere Schöpfung,
aus dem Austausch zwischen ihre» Vegetationscentren zu einem
Gesammtbilde von Landschaften erwachsen und selbständig für sich
bestehend. Ihre Grenzen liegen da, wo das Klima der Mehrzahl dei
einheimischen Pflanzen eine Schranke setzt, oder wo ein weites Meei
oder andere mechanische Hindernisse ihrer Ausbreitung entgegentreten.
Die natürlichen Floren sind um so schärfer bestimmt, je weniger
eine Vermischung ihrer Erzeugnisse durch Wanderungen möglich
war.
Im Raume verhalten sich die Floren zu einander gerade so, wie
die Schöpfungen der Vorwelt der Zeit nach auf einander gefolgt sind.
Was diese in der Unermesslichkeit der Perioden und durch die unvollständige
Erhaltung der Ueberreste unserer Einsicht in ihie Entstehungsweise
verhüllt, das müsste man erwarten, durch die Geographie
der Organisationen in den Grenzgebieten dei F loien aufgedeckt
zu sehen. Allein diese lehren uns nichts weiter, als dass mit dem
Wechsel der Lebensbedingungen klimatische Varietäten entstehen,
die man oft für besondere Arten gehalten hat. In ihnen ist dei
Darwinismus thatsächlich erwiesen, aber auch nui in ihrem Bereich
findet diese Lehre eine empirische Begründung. Uebergänge zwi-
' sehen weiter aus einander liegenden Bormen finden sich nicht. Wo
Gattungen oder Familien durch Mittelstufen verbunden sind, stehen
dieselben in keiner Beziehung zu räumlichen Verhältnissen. Die
Thatsache, dass auch da, wo ein klimatischer Wechsel allmälig ein-
tritt, Organisationen von bestimmtem Gepräge plötzlich aufhören
oder höchstens in einer klimatischen Varietät erlöschen, und dass sie
dann unvermittelt anderen Formen Raum geben, gerade wie es auch
in den Grenzgebieten der geognostischen Formationen bei den Organismen
der Vorwelt der Fall ist, bietet einen gewichtigen Einwurf
gegen die Ansicht, dass die Entstehung der Arten auf dem Wege der
langsamen Umbildung oder Variation erfolgt sei. Nichtsdestoweniger
ist ein genetischer Zusammenhang auch in einer lückenhaften
Reihe von Bildungen möglich, ja wahrscheinlich, aber derselbe liegt
jenseits der Grenzen unserer bisherigen Erfahrung. Den vegetabilischen
Organismus kann man in manchem Betracht eine chemische
Maschine nennen. Die Arten stehen einander in ähnlicher
Weise gegenüber wie die Verbindungen der Grundstoffe: allmälige
Uebergänge finden wir bei den Legirungen der Metalle wieder, aber
in den meisten Fällen sind die Körper, die nach der Art und Anordnung
ihrer Bestandteile sich unterscheiden, in ihren Eigenschaften
scharf gesondert und gehen do<?h leicht aus einander hervor, je nach
den Umständen, unter denen sie sich begegnen. Die Zahl möglicher
Formen ist auch hier unendlich viel grösser, als die Natur sie wirklich
hervorgebracht hat. Einige Sätze aus einer früheren Schriftz) glaube
ich hier wiederholen zu dürfen. »Die Arten einer Gattung verhalten
sich wie die Muster eines Geräths, von denen man nur diejenigen
anfertigt, die einem besonderen Zweck oder Geschmack dienen können,
nicht aber jede beliebige Gestalt, die weniger gut zu gebrauchen
wäre. Die geologische Reihe der Pflanzenschöpfungen hat sich aus
weniger zahlreichen und unbestimmteren Typen zu der Mannigfaltigkeit
des heutigen Systems erst in den letzten Perioden gegliedert.
Bestand hierbei wirklich ein genetischer Zusammenhang zwischen
den früheren und späteren Schöpfungen, so hatte die Natur ganz
andere Kräfte zur Verfügung, wie diejenigen sind, welche stetige
Reihen von Variationen erzeugen.« Jede Entwickelungsgeschichte
eines Organismus vom Ei bis zu seiner Vollendung lehrt, wie weit
diese bildenden Naturkräfte reichen. »Den Variationen wirkt immer
eine ausgleichende Kraft in der Zeugung entgegen, welche die Art
auf ihren ursprünglichen Typus zurückzuführen strebt. Dagegen
zeigen uns Erscheinungen, wie die Metamorphose der Insekten oder
kryptogamischer Pflanzen, der Generationswechsel anderer Organismen,
dass, wie der Schmetterlingsflügel, die Axe des Farns an
Larven und Vorgebilden räthselhaft auswachsen, so überhaupt aus
einer Gestalt unvermittelt eine andere sehr verschiedenartige hervorgehen
kann. Die Kräfte der organischen Natur, durch veränderten
Plan der Entwickelung den Zwecken des Lebens zu dienen, sind
nicht nach unserer beschränkten Kenntniss der Thatsachen zu bemessen
: die Wege, die wir nicht kennen, können nicht wunderbarer
sein, als was unter unseren Augen vorgeht.«
Die wirksamste der Schranken, durch welche die Vermischung
der natürlichen Floren mehr oder weniger vollständig gehindert wird,
ist das Meer, welches durch seine Strömungen sie verbindet, durch
seine Ausdehnung sie trennt. 3) Je mehr der Küstenabstand sich
erweitert, desto strenger gesondert bleibt die Vegetation der Länder,
welche von den Wellen desselben Meeres bespült werden. Gleich
diesen scheidet auch die grosse Wüste die Flora des tropischen Afrikas
von den Küstenlandschaften des Mittelmeers, oder der für die natürlichen
Wanderungen untiberschreitbare Wald des aequatorialen Ame