dens, ihre Wälder erstrecken sich in der Mitte des Kontinents ununterbrochen
über vierzehn Breitengrade (68°— 540 N. B.). In
dieser düsteren Einförmigkeit bieten nur die Uferwaldungen der
Flüsse einen Wechsel, die neben der Balsamtanne [P. balsamea'
auch Laubhölzer, Weiden, Erlen und Pappeln erzeugen (Popidus
balsamifera und tremuloides). Eine Birke (.Betula papyracea) reicht
zwar auch hier ebenso weit nach Norden wie die weisse Tanne, ist
jedoch nur ein untergeordneter Bestandtheil der Nadelwälder. Im
Westen der kanadischen Seen bildet der Saskatchawan (54° N. B.)
die Südgrenze der Tannenzone, von hier aus fangen die Laubwälder
an mit den Coniferen abzuwechseln. In westöstlicher Richtung ist
das Gebiet der weissen Tanne über die ganze Breite des Kontinents
bis zu den Küsten nachgewiesen, von der Behringstrasse ?) bis Labrador8).
Hieraus ergiebt sich, dass, ebenso wie am Meerbusen
von Ochotsk, das gemischte Klima der Ostküste denselben Charakter
der Flora bedingt wie das des hohen Nordens in der Nähe der
Baumgrenze. In beiden Fällen wird durch die geringe Sommerwärme
und die Strenge des Winters die Vegetationszeit auf die kürzeste Zeitdauer
eingeschränkt, welche das Baumleben ertragen kann. Aber
die Winterkälte ist in der Tannenzone grösseren Schwankungen9)
unterworfen (— 250 bis — 14 0) als die Sommertemperatur (7°bis
i2°). Wo die Sommerwärme unter 70 sinkt, gedeiht die weisse
Tanne nicht mehr, die Polargrenze der Wälder ist nun erreicht. An
der Südwestküste von Alaska (6i° N. B.) werden die nordischen
Tannenwälder durch einen baumlosen Landstreifen unterbrochen10),
und gerade hier ergeben, wahrscheinlich weil das Festland daselbst
von einer Polarströmung des Meerwassers berührt wird, die meteorologischen
Beobachtungen eine unter jenen Grenzwerth herabsinkende
Sommertemperatur [6°] "). In einem grossen Theile Sibiriens ist das
Klima kontinentaler, die Sommerwärme höher als in Nordamerika,
und mit diesem Verhältniss steht der abweichende Verlauf der Baumgrenze
in Beziehung. Von der Behringstrasse bis zum Bärensee ist
die Lage derselben ähnlich wie dort, bis zu einer mässigen Entfernung
sind die Wälder von der durch die Eismassen des Polarmeers
abgekühlten Nordküste zurückgedrängt. Dann aber senkt sich die
Baumgrenze Amerikas südostwärts zur Hudsonsbai und erreicht in
Labrador die niedrigste Breite auf der ganzen nördlichen Hemisphäre
(590). Die Zone der weissen Tanne ist hier um mehr als
das Doppelte schmaler als im Inneren des Kontinents. Diesen
Gegensatz zwischen dem Westen und Osten Nordamerikas hatte
schon Förster, auf Mackenzie’s Reisen fussend, erkannt. Dove wies,
um ihn zu erklären, auf die arktischen Meeresströmungen hin, welche
die Eisberge bis in die Hudsonsbai treiben. Diese Küsten, erkältet
durch deren Schmelzungsprocess, nannte er die Länder des kalten
Frühlings. Aber auch andere Momente bieten sich dar, zu diesem
Ergebniss mitzuwirken. Der Nordwestwind weht hier über die
grossen, von Eis umgürteten Inseln des Polarmeers, die, ebenso sehr
wie die Kontinente in der heissen Zone Centren der Hitze, mit dem
offenen Polarmeere verglichen, Mittelpunkte der Kälte im Winter
und Frühling sind. Das Kap Bathurst, in dessen Meridian dieser
dicht gedrängte Archipel endigt, ist nach Richardson eine wahre
Wetterscheide oder ein klimatischer Grenzpunkt, westwärts dem frei
geöffneten Golf der Mackenzie-Mündung gegenüber liegend, nach
Osten hingegen auch im Sommer fast vollständig durch Eisbänke mit
den Inseln an der Barrowstrasse verbunden. Endlich ist, wie bereits
bemerkt wurde, auf die geographische Lage der Hudsonsbai
ein besonderes Gewicht zu legen. Die niedersinkenden, auf ihre
höchste Dichtigkeit abgekühlten Schichten ihrer Gewässer können
hier nicht, wie im offenen Ocean, nach Süden, nach der heissen Zone
abfliessen, und am Grunde der Bai ist daher stets eine auf das angrenzende
Festland wirkende Kältequelle vorhanden, welche die Wärme
des Sommers nicht auszugleichen vermag. Ein solcher nach Süden
verschlossener Meerbusen verhält sich ähnlich wie ein tiefer Landsee,
an dessen Ufer die geringere Erwärmung des Wassers fühlbar
wird, aber die Hudsonsbai ist grösser als alle nordamerikanischen
Seen zusammengenommen, und deshalb ist auch die erkältende Wirkung
ihrer Gewässer die grösste.
Die Polargrenze des Getraidebaus reicht im Innern der nordamerikanischen
Tannenzone weiter nach Norden als in Sibirien.
Fast unbewohnt, nur zu Jagdgründen für den Pelzhandel dienend,
ist Hudsonien freilich weit entfernt, ein Korn producirendes Land
zu werden, aber es hat doch vielleicht eine reichere Zukunft als
Sibirien. Zu Fort Simpson (62 0 N. B .) , in der Breite vonjakuzk,
wo in Sibirien der Ackerbau aufhört, wird die Gerste in der zweiten
Hälfte des Mai gesäet und reift nach drei Monaten, aber auch noch
bei Fort Norman (65 °) giebt sie in günstigen Jahren eine gute Ernte :
auch Kartoffeln und verschiedene Küchengewächse werden daselbst
gezogen6). Da die Versuche, bei Fort Good Hope (67°) Getraide