diesen Garten von Blumen bis zu den kahlen Felsgeröllen über die
Anhöhen Chiles ausgespannt.
So wird auch nordwärts in demselben Verhältniss, wie der
Winterregen schwächer wird, bis er zuletzt ganz aufhört, der Eintritt
in die Wüste von Atacama durch allmälige Uebergänge vermittelt.
Als Darwin2) in dieser letztem ganz pflanzenlose Strecken
antraf, wo er einmal auf einem Ritt von 14 Stunden ausser einer
kleinen Lichene, die selten genug war, kein einziges Gewächs
zu erblicken vermochte, fand er den Eindruck nicht so sehr auffallend
, weil er auf der Reise von Coquimbo nach Copiapo sich
bereits an ähnliche Landschaften gewöhnt hatte. Mochten dieselben
aber auch aus der Ferne ebenso wüst erscheinen, so gab es hier
doch selten einen Raum von 400 Schritten, wo man nicht «bei sorgfältiger
Untersuchung einen kleinen Strauch, einen Cactus oder eine
Lichene hätte auffinden können«, und dann liegen hier im Boden die
keimfähigen Samen, die bei dem ersten, gelegentlichen Regenschauer
aufgehen.
Anders wie im Norden verhält sich die chilenische Küstenflora
an ihrer Südgrenze ; hier endet der Garten von Valparaiso an einer
scharf bezeichneten Vegetationslinie, wo die dichten Wälder plötzlich
beginnen. Dies erfolgt in einer etwas höheren Breite als an
der Kordillere der Anden: nach Darwin’s Beobachtung berühren
sich beide Floren fast unmittelbar an der Küste von Concepcion
(36° S. B.), er sagt, »sie vermischen sich fast plötzlich«. Poeppig?)
rückt 'die Polargrenze der Wälder etwas weiter nach Norden, an
den Fluss Maule (350 S. B.). Die Waldregionen der inneren Kordillere
hören eben da (etwa 340 S. B.) auf, wo die Schneelinie so
steil herabsinkt. Ueber das Niveau der chilenischen Schneegrenze
haben wir genauere Auskunft aus der Breite von Valparaiso [33 0
S. B .] 1): sie liegt hier, wie schon angeführt wurde, 13800 Fuss
hoch, also ebenso hoch wie im tropischen Mexiko. Eine trockene
Atmosphäre, die den Schneefall mindert und den Sonnenstrahlen
freien Zutritt gewährt, ist die Ursache ihrer hohen Lage. Da die
Puna-Region in Chile fehlt und also der Einfluss des Hochlands auf
das Höhenklima wegfällt, so ist die Trockenheit der Luft wohl nur
davon abzuleiten, dass die Anden hier weder auf der West- noch
Ostseite von Seewinden getroffen werden. Vergleichen wir sie mit
andern Gebirgen unter entsprechender Polhöhe, so finden wir gleich
hohe Schneelinien in Asien nur da, wo dieselben durch anschliessendes
Hochland elevirt sind. Die chilenischen Anden sind in dieser
Beziehung ohne ihres Gleichen und bieten daher der alpinen Flora
unverhältnissmässig weite Niveauabstände, während das Gegentheil
in wenig höherer Breite auf demselben Gebirgszuge eintritt. Aber
dieselbe Dürre, welche die Schneegrenze erhöht, beschränkt auch
den alpinen Pflanzenwuchs und, so weit in vertikalem Sinne die
Grenzen der alpinen Region auseinanderliegen, so eng ist, mit Peru
verglichen, ihre horizontale Ausbreitung, weil der Kamm der Anden
hier zu einer einfachen oder doch schmalen Kordillere zusammenrückt.
Denn die südliche Gebirgskette, welche vom Meere sich
erhebt, kann zwar als eine Wiederholung der Küstenkordillere betrachtet
werden, aber die alpine Region wird durch sie nicht erweitert,
indem sie viel zu niedrig ist und vom Hauptzuge der Anden
durch eine tiefe Einsenkung abgesondert wird, eben durch jenes
grosse Längenthal, durch welches die natürlichen Hülfsquellen des
Landes vor denen Perus so sehr bevorzugt sind.
Vegetationscentren. Obgleich eine Vermischung der chilenischen
mit den Nachbarfloren stattfindet, so ist die Menge der
endemischen Pflanzen doch bei Weitem überwiegend. Verhältniss-
mässig die meisten Arten haben die mittleren mit den südlichen Provinzen
Chiles gemein, und doch beträgt deren Zahl, so weit ich die
Angaben zu beurtheilen vermag10), noch nicht 20 Procent von der
Gesammtsumme der Gefässpflanzen, welche aus der Uebergangsflora
bis jetzt bekannt geworden sind. Diese Absonderung ist um so merkwürdiger,
als das breite, die Verbindungen erleichternde Längenthal
zwischen den Anden und der Küstenkordillere sich ununterbrochen
über acht Breitengrade [330 bis 410 S. B . j J1) von Santiago bis zum
Binnenmeer von Chiloe erstreckt. Sie ist nicht blos eine Folge des
klimatischen Gegensatzes, sondern auch daraus zu erklären, dass
die Erzeugnisse der offenen Landschaften sich nicht leicht mit denen
der dichten südlichen Wälder vermischen können. Hiernach ist man
eben berechtigt, in Chile zwei selbständige Vegetationsgebiete zu
unterscheiden, die sowohl durch den Endemismus ihrer Erzeugnisse
als durch den klimatischen Wechsel und die dadurch bedingte Waldgrenze
von einander getrennt werden. Ueber den Zusammenhang
der Floren von Chile und Peru liegen noch keine umfassende Vergleichungen
vor. Beträchtlich ist indessen die Anzahl der gemeinsamen
Arten nicht: denn, obgleich die Klimate beider Länder all-
mälig in einander übergehen, so wirkt doch die Wüste Atacama den