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aussetzt. Hier darf man annehmen, dass die Bewaldung des Tieflandes
zum grossen Theil die Bedingungen ihrer Erhaltung in sich
selbst trägt und dass die Erhebung des Bodens unmittelbar nur wenig
zu den Niederschlägen beiträgt. Wo so geringe Wärmeunterschiede
hinreichend sind, sie zu erzeugen, wird durch die tiefe Beschattung
des Bodens, durch die Baumkronen, welche die Wirkung der Sonnenstrahlen
hemmen, die erforderliche Abkühlung unterhalten. Dächte
man sich die Bäume entfernt, so würde der Wasserdampf sich nicht
so häufig verdichten, es würden Savanen entstehen, wie im Inneren
des Landes. Der Ausdehnung der Wälder in Guiana sind ferner die
gedrängten, mächtigen Ströme förderlich, die, von den diese Tiefebenen
in einem Halbkreis umspannenden Parime-Bergen genährt,
ihre Uferwaldungen unter einander verknüpfen. Die ungleiche Erwärmung
des Waldes und der ihn durchkreuzenden Wasserspiegel
erleichtert die Entstehung von Nebeln und Wolken. Mit dem Zenithstande
der Sonne wachsen diese Unterschiede und, da in diesen dem
Aequator schon genäherten Breiten (50— io °N . B.) die Perioden
der stärksten Erwärmung der Jahrszeit nach schon weit aus einander
rücken, so unterscheidet man in Guiana zwei Zenithregenzeiten3),
in denen die Niederschläge sich verstärken, ohne jedoch von den
übrigen Monaten ganz ausgeschlossen zu sein.
Eine zweite zusammenhängende Waldzone erstreckt sich von
der karaibischen Küste Centralamerikas über den Isthmus von
Panama und Darien und sodann längs des pacifischen Litorals bis
zur Bai von Choco (160—4 0 N. B.). Die Feuchtigkeit an den Abdachungen
zum karaibischen Meer steht, soweit die Fortsetzung der
mexikanischen Anden reicht, die dem Passatwinde sich entgegen
strecken, unter denselben Bedingungen wie in Tabasco. Wo die
Erhebung des Isthmus zu höheren Gebirgen aufhört, überdeckt der
Wald die Landenge von einem Meer bis zum, anderen und durch
eine Menge von kleinen Küstenflüssen wird eine nicht minder reiche
Bewässerung angezeigt. Hier machen sich ähnliche Einflüsse geltend
wie in Guiana, aus dessen Wäldern ein von dorther fliessender
Meeresstrom manche Gewächse bis hieher verbreitet hat. An einigen
Küstenplätzen des karaibischen Meers umfassen die atmosphärischen
Niederschläge einen Zeitraum von zehn bis elf Monaten4) , und in
Darien hören auch an der pacifischen Seite des Isthmus dieSavanen-
bildungen auf. Hier aber treten nun in südlicher Richtung neue Bedingungen
ein, um den Ueberfluss des Regens zu verstärken, die
äquatoriale Breite und die Hebung der die Küste begleitenden Kordilleren
von Neu-Granada. Je mehr man sich dem Aequator nähert
und die Zenithstände der Sonne daher einen grösseren Theil des
Jahrs beherrschen, desto mehr verlängert sich die Zeit der Niederschläge.
In Panama dauern sie bereits wenigstens acht Monate (vom
April bis December), im südlichen Darien, sowie an den Baien von
Cupica (70 N. B.) und Choco (40 N. B.) benetzen sie fast unaufhörlich
das ganze Jahr hindurch den Boden4). Diesseits und jenseits
des Aequators (40 N. B. bis 40 S. B.) selbst aber nimmt die Dauer
der Regenzeit an der Küste von Ecuador wiederum in raschen Ueber-
eängen ab, nun wechseln öde Strecken mit den bewaldeten, bis
plötzlich bei Tumbez [40 S. B .]5) das regenlose Florengebiet Perus
beginnt, welches hier den Wäldern eine Grenze setzt. Die pacifischen
Küstenlandschaften werden durch die vorliegende Kordillere gegen
den'Passat geschützt, der erst auf hohem Meere in einer beträchtlichen
Entfernung vom Festlande wiedererscheint: aber die westlichen
Seewinde, welche die Erwärmung des Festlands erzeugt und deren
Wasserdampf sich an den Gebirgsabhängen niederschlägt, sind ebenfalls
geeignet, lange Regenzeiten zu erzeugen. Weshalb dies an der
peruanischen Küste nicht der Fall ist, wird in dem Abschnitt über
die Anden zu erklären versucht werden. Die Flora dieses nördlicher
gelegenen, feuchten Litorals ist weniger bekannt als die des Isthmus,
in welche sie jedoch allmälig übergeht.
Ueberall fanden wir in den Küstenländern Südamerikas diesseits
des Aequators, dass die Verbreitung der Wälder von der Feuchtigkeit
bedingt wird, welche das Meer dem Festlande zuführt. Aber
entgegengesetzt verhält sich das Innere des Kontinents, wo die
grossen Savanen von Guiana und Venezuela, die unermesslichen
Llanos, welche Humboldt so plastisch geschildert hat, einem schroffen
Gegensatz trockener und nasser Jahrszeiten entsprechen, der vom
Stande der Sonne abhängig ist. Hier ist der Einfluss des Meers gehemmt,
weil die Gebirgsketten und Wälder den Seewinden den
Wasserdampf entzogen haben. In dem weiten Gebiete von Tiefebenen
zwischen dem östlichen Fusse der Anden von Neu-Granada
und den Wäldern des atlantischen Küstenlandes herrscht. so lange
der nordöstliche Passat weht, die grösste Trockenheit: es ist die
Zeit, wo die Savanen wie leblos zu ruhen scheinen, und erst, wenn
mit dem Zenithstande der Sonne das Wärmecentrum in diese Flächen
selbst eintritt, bringt der südhemisphärische Südwest, wie in Sudan,