und nur in sofern kann die geognostische Unterlage in Betracht gezogen
werden, als deren Hebung auf die Niveauverhältnisse bei der
Entstehung des Kontinents von Einfluss sein musste. Mitten in der
granitischen Serra do Mar erzeugen die steilen und daher weniger
feuchten Hochgipfel die Vellosien und andere Vegetationsformen der
Campos?). Freilich liegt auch hier an den dem Passatwinde ausgesetzten
Abhängen die Quelle der dauernden Niederschläge nicht
bloss in der Erhebung des Bodens, sondern auch in den Wäldern
selbst. Durch die Entwaldungen in der Umgegend von Rio haben
sich die Niederschläge in den Monaten, in denen die Sonne fern vom
Zenith steht, sehr vermindert. Früher regnete es daselbst fast das
ganze Jahr hindurch, jetzt kann man auch hier eine trockenere und
kühlere Jahrszeit (Mai bis September) unterscheiden. Gardner?),
dem wir diese Nachrichten verdanken, fügt doch ausdrücklich hinzu,
dass es auch jetzt noch in der trockenen Jahrszeit nicht an Niederschlägen
fehle. Wenn diese feuchte Zone sich hier sogar weithin
über den Wendekreis hinaus erstreckt, so dienen zwei Umstände zur
Erklärung, einmal die reiche Gliederung der Landschaft durch
schmale und schroff ansteigende Gebirgsketten, welche dem Seewinde
die Feuchtigkeit entziehen, und sodann die südöstliche Exposition der
Küste, wodurch die Axe der Erhebungen dem Passat sich mehr
oder weniger senkrecht entgegenstreckt. Obgleich die eigentliche
Regenzeit hier, wie auf den Campos, eine Wirkung der
Solstitialbewegung ist und deshalb in den südhemisphärischen Sommer
fällt, so hat die Küstenlandschaft doch voraus, dass auch in den
übrigen Jahrszeiten, in denen der regelmässige Südostpassat weht,
eine Wald erzeugende Quelle der Feuchtigkeit gegeben ist. Das
ungleiche Maass der Niederschläge in beiden Abschnitten des Jahrs
hat übrigens in den Urwäldern der Küstenlandschaft, ebenso wie
in dem äquatorialen Klima des Amazonas, die Wirkung, eine
Periodicität in das Pflanzenleben einzuführen, die in der für tropische
Gewächse so hohen Breite über Rio hinaus durch die vom
Stande der Sonne abhängigen Wärmeunterschiede noch schärfer
ausgeprägt wird. Die Frühlingsmonate (September bis November)
werden in Rio mit derselben Sehnsucht erwartet8) wie in Deutschland
der Mai.
Im Norden begegnen wir erst in der Breite von Pernambuco
(8° S. B.) einem klimatischen Wendepunkt, wo die Biegung der
Küste nach Nordosten anhebt und die Serra do Mar sich zu vereinzelten
Bergzügen auflöst. In diesem Abschnitt der Küstenlandschaften
sind die regenlosen Perioden von der nassen Jahrszeit, wie
im Inneren, scharf abgesondert und eben von der Mündung des Rio
Francisko (io° S. B.) bis Maranhao (30 S. B.) dehnen sich die
Campos bis zum atlantischen Meere selbst ausI0). Ganz anomal
verhält sich das Klima von Pernambuco selbst, es ist dies die einzige
Landschaft Brasiliens, wo die Niederschläge im südhemisphäiischen
Winter eintreten [April bis August] «). Die Ursache scheint darin
zu liegen, dass eben in dieser Breite die Küstenkette unterbrochen
ist und das heissere Klima des Sertao von Piauhy zur Zeit des Zenithstandes
der Sonne als ein Wärmecentrum aspirirend auf den Seewind
einwirkt, der auf dieser Bahn seine Temperatur erhöht und dadurch
den Niederschlag an den Küsten verhindert, während im Frühling
und Winter die benachbarten Bergketten durch den Passat getroffen
werden.
Im Bereiche der Campos wird die trockene Jahrszeit überall,
wo der Erdboden die Feuchtigkeit verliert, von einem Winterschlafe
des Pflanzenlebens begleitet. Am deutlichsten zeigt sich dieser Einfluss
in den Catingas, jenen eigenthümlichen und hier weit verbreiteten
Savanenwäldern, die periodisch ihr Laub abweifen. Wenn
in Minas Geraes die Regen nach sechsmonatlicher Dauer im Februar
aufhören, fangen die Blätter an abzufallen und im Juni sind die
Bäume fast völlig unbelaubtI2). In dieser Jahrszeit hat der Wasserzufluss
zum Gewebe aus dem ausgedörrten Boden aufgehört, aber
auch die Niederschläge der Regenperiode, deren Masse oft sehr bedeutend
ist, scheinen an vielen Orten minder stetig zu erfolgen als
in den Küstenlandschaften. So oft die Bewegungen der Atmosphäre
nachlassen, können die Wolken in den Sonnenstrahlen sich wieder
auiösen. Wenn demnach die Regenzeiten in den Campos nicht
überall von gleicher Intensität sind oder mit kürzeren Perioden heiteren
Wetters abwechseln, so ist doch ihre Dauer im Allgemeinen
länger, als die Sonne in der Nähe des Zeniths steht. Dies hat daiin
seinen Grund, dass durch die Erhitzung des unbeschatteten Bodens
auch im Tafellande Brasiliens schon Monate lang vorher Wärmecen-
tren entstehen können, welche den nordhemisphärischen Passat nach
Süden treiben. Denn die Regenzeiten sind von nördlichen Winden
begleitet13), welche dem südlichen Passat entgegen wehen, und, wo
beide sich begegnen, werden eben die aufsteigenden Luftströme ei-
zeust. die den Niederschlag- veranlassen. Stets foleen die ersten