den Beleg (Peucedanumparisiense), die das ganze mittlere Frankreich
(46—490 N.B.) von Lyon bis Paris und namentlich das Flussgebiet
der Loire bewohnt T96tt). Ein anderer ähnlicher Fall [Silaus virescens)
hat sich nicht bestätigt1#). Wie ist nun eine Erscheinung dieser
Art im Tieflande erklärlich, wo die Fortpflanzung so viel mehr als
im Gebirge erleichtert ist? Es scheint doch ein deutliches Zeichen,
dass wir hier nicht eine untergehende, sondern eine in ihrem Hei-
mathslande beharrende Pflanze vor uns haben, wenn wir in Betracht
ziehen, dass unter der geringen Zahl von endemischen Gewächsen
des Tieflandes beinahe der vierte Theil (8) zu derselben Familie der
Doldenpflanzen gehört x98). Von diesen nämlich wissen wir, dass
der Samen die Keimkraft rasch verliert, und dass überhaupt viele
derselben nur auf wenige und entlegene Standorte beschränkte
Seltenheiten sind. So zählt die atlantische Flora Frankreichs vier
eigenthiimliche Umbelliferen, von denen eine (Libanons bayonnensis)
nur auf einem einzigen, vom Meere zerrissenen Felsen bei Biaritz
beobachtet wurde. Man wird durch solche Erscheinungen an das
Silphium des Alterthums erinnert, eine Doldenpflanze, die der Cyre-
naica eigenthümlich war und, nach ihrer Darstellung auf Münzen zu
urtheilen, im Laufe der Zeit völlig verschwunden ist, was bei endemischen
Gewächsen so viel leichter als bei anderen sich ereiognen
kann. Im Tieflande können demnach einzelne Vegetationscentren
auch dadurch erhalten bleiben, dass es ihren Erzeugnissen an hinlänglichen
Kräften fehlt, andere Organisationen von ihrem Platze zu
verdrängen, die ihnen an Fortpflanzungsfähigkeit überlegen sind.
In der deutschen Florenzone, wie sie der durch die Kastanie
bezeichneten französischen gegenüber aufgefasst wurde, hat sich
ausserhalb der Alpen keine Spur von Vegetationscentren erhalten,
und ebenso wenig in der nördlichen Fichtenzone diesseits des Urals.
Auch aus der Eichenzone Russlands kenne ich nur eine einzige endemische
Pflanze, und diese gehört wiederum zu den Umbelliferen
[Seseli campestre). Die Standorte auch der seltensten Pflanzen beruhen
entweder auf eigenthümlichen Bedingungen der Oertlichkeit
oder lassen wenigstens insofern auf solche Einwirkungen schliessen,
als da, wo die eine unvermuthet auftritt, gewöhnlich auch andere sie
begleiten, die ebenfalls in ihrer physischen Lebenssphäre beschränkt
sind. Oder in anderen Fällen ist die Seltenheit des Vorkommens nur
eine k olge davon, dass ein klimatischer Grenzbezirk erreicht ist, von
dem aus in bestimmten Richtungen solche Gewächse allmälig häufiger
werden und über ein weites Wohngebiet sich ausdehnen. Zwar fehlt
es auch in Deutschland nicht an Beispielen unvollendeter Wanderung
, wie man dies namentlich durch die Abnahme des Pflanzenreichthums
vom Inneren des Landes gegen die Küste der Nordsee
oder an den grossen Flussthälern nachweisen kann, wo das fliessende
Wasser die Ausbreitung förderte, aber, im Ganzen überblickt, sind
die Wohngebiete der Arten zu gross, als dass ihre Heimath auf bestimmte
Centren zurückgeführt werden könnte. Die Entstehungsorte
haben sich zu Flächen von bedeutendem Umfange erweitert, und
man kann wohl sagen, ob eine Art dem Buchen- oder B'ichtenklima
entsprossen ist, aber nicht, ob sie aus Deutschland oder Ungarn, aus
Skandinavien oder Russland abstammt. Die Flora des deutschen
Tieflands ist eine Vereinigung von Gewächsen der verschiedensten
Heimath, die der centralen Lage des Landes gemäss auf ihrer Wanderung
durch ähnliche Klimate sich hier begegnet sind. Bemühen
wir uns, sie nach ihren klimatischen Bedingungen zu sondern, so erhalten
wir mehrere Reihen, die nach der Lage und Grösse des Wohngebiets
sich von einander unterscheiden, zuerst eine Menge von
Pflanzen, die durch das Klima fast unbeschränkt sind, sodann solche,
die dem Buchenklima entsprechen, andere, die den Zonen der Kastanie
und Edeltanne oder diesen beiden und zugleich denen der
Eichen gemeinsam sind, endlich eine viel grössere Anzahl, die von
der Fichtenzone aus in dem Bereich der Edeltanne ihre westliche
Grenze finden. Weit seltener sind die Beispiele von Arten [16]
die auf die beiden Zonen der Edeltanne und der Cerriseiche sich einschränken
oder dieselben nur wenig überschreiten, und nur äusserst
wenige Fälle [2] *99a) sind mir bekannt geworden, in denen die Zone
der Edeltanne das einzige Wohngebiet diesseits der Alpen oder überhaupt
ist. Unter den charakteristischen Gewächsen des centralen
Europas ist die schon erwähnte Aldrovanda die einzige Wasserpflanze
, fast alle übrigen sind Erzeugnisse des Kalkbodens, und der
Mangel an festen Gesteinen, die solche Erdkrumen erzeugen, ist
wahrscheinlich die Ursache, dass sie nicht, wie die meisten übrigen,
in die Eichenzone Russlands Vordringen. Denn abgesehen von ubiquitären
oder solchen Pflanzen, die innerhalb des europäisch-sibirischen
Tieflandes klimatisch unbegrenzt sind, besteht die Masse der
Bestandtheile der deutschen Flora grossentheils aus Arten, die auch
Russland und Sibirien bewohnen und an der früher bezeichneten
nordwestlichen Vegetationslinie, 40—60 g. Meilen von der Nordsee