endete Wanderung zu betrachten sein, indem der Baum die Höhen
des Gebirgs von auswärts nicht zu überschreiten und daher in das
innere Tiefland nicht einzudringen vermochte. Klimatisch verglichen
scheint die Fichte von der Kiefer durch die kürzere Vegetationszeit
sich zu unterscheiden, und rückt daher auf den Pyrenäen, an deren
PTiss dieselbe am längsten währt, höher in das Gebirge als auf den
Alpen. Da aber ihre Polargrenze von Skandinavien bis zum Jenisei,
wenn wir nämlich die sibirische Fichte als eine blosse Spielart auffassen
, überall fast unter gleicher Breite liegt, so verhält sie sich
unbeachtet ihres Schattenbedürfnisses wie ein Gewächs des solaren
Klimas [Lappland und Kanin 67°, Petschora 68°, Jenisei 67°] .
Umgekehrt ist die Lärche ein Baum, der das Licht sucht, wie die
milde Helligkeit ihrer Wälder andeutet, und gerade sie wächst nicht
in Skandinavien, nicht im Meridian der Alpen, sondern im Nordosten,
zwischen dem weissen Meere und dem Ural. Diese nordischen
Lärchen, die wir als sibirische Spielarten betrachtet haben, sind von
der europäischen Form, die in der Schweiz die oberste Waldregion
bewohnt, durch die ganze Tiefebene Russlands von Wjätka bis zu
den Karpaten getrennt, und hiemit stimmt die Verbreitung der
Cembra-Kiefer oder Arve überein, nur dass diese in Sibirien nicht
so weit nach Norden reicht (68°) und diesseits des Ural siidwestwärts
bis Wologda und Perm gefunden wird. Dieser Baum ist durch fünf
in derselben Scheide vereinigte Nadeln und durch essbare Samen
kenntlich, derselbe scheint an eine kurze Wachsthumsperiode gebunden
zu sein und beschattet den Boden tiefer als die Lärche. Die
beiden Edeltannen gleichen sich im Wüchse nicht: die europäische
ist ein prächtiger Baum mit weit ausgebreiteter, dunkel schattender
Krone und von bedeutender Stammdicke; die Pichta hat die Pyramidalform
der lombardischen Pappel e>4), ihre kurzen Zweige geben
ihr das magerste Ansehen. Keinen edleren Baumschmuck hat der
Schwarzwald, als wo die alten Edeltannen, mit Fichten gemischt,
die feuchten Gehänge der gegen den Rhein sich öffnenden Thäler
bewalden, sobald nur die Erdkrume tief genug ist, ihre Pfahlwurzel
aufzunehmen. Die Pichtatanne gleicht ihr nur in dem Feuchtigkeits-
bedürfniss, sie bewohnt das aufgeschwemmte Uferland der sibirischen
Ströme.
Die Anzahl der laubtragenden Bäume ist zwar sechsfach grösser
als die der Nadelhölzer (ich zähle, abgesehen von der Weidenform,
67 Arten), aber die meisten sind nur Begleiter der zusammenhängenden,
einförmigen Buchen-, Eichen- und Birkenwälder, und fast
die Hälfte beschränkt sich auf einzelne Abschnitte der Grenzgebiete,
in welche sie zum Theil nur spärlich von auswärts eintreten. Zur
übersichtlichen Darstellung habe ich zwei Verzeichnisse entworfen,
von denen das eine die hochstämmigen Laubhölzer nach den Baumformen,
das andere sie nach ihrer geographischen Verbreitung ordnet.
Legen wir Humboldt’s Auffassung zu Grunde, der die dikotyledoni-
schen Laubhölzer nach der physiognomisch bedeutenden Gestaltung
des Blatts eintheilt, so haben wir unter den Bäumen mit biegsamem
und periodischem Laube überhaupt nur vier Formen zu unterscheiden,
deren Typus durch die Buchen, Linden, Eschen und Weiden
bezeichnet werden kann. Dieser Eintheilung entspricht, was man
in der Landschaftsmalerei den Baumschlag zu nennen pflegt. Der
Buchenform ist ein breites, elliptisches oder längliches, der Linde
ein abgerundetes Blatt eigen: vom Blattstiele aus tritt in das erstere
ein einziges Gefässbündel, die Mittelrippe, ein, in das letztere eine
Mehrzahl von solchen Rippen, die sich divergirend in der Fläche
ausbreiten; die Esche sodann hat gefiedertes Laub, bei welchem an
denselben Blattstiel eine Anzahl von paarweise geordneten, abgesonderten
P'lächen oder Blättchen sich anfügt, und die Weide trägt
einfache, schmale, vorzüglich im Längsdurchmesser entwickelte
Blätter. Zu den drei ersteren P'ormen werden nur wirklich hochstämmige
Bäume gerechnet; unter der Weidenform, die schon Humboldt
so benannte, ist es wegen der häufigen Uebergänge und der
übereinstimmenden Bedingungen des Vorkommens zweckmässig,
die bäum- und strauchartigen nicht von einander zu trennen. Der
Lindenform entspricht bei Humboldt, der von der Physiognomie der
Tropen ausging, seine Malvaceen- und Bombaceenform, der Esche
die Mimose, oder, wenn man diese wegen der zarten Theilungen des
Blatts auch abgesondert aufführt, die tropische Tamarinde. Uebri-
gens ist die Unterscheidung des Buchen-, Eichen- und Eschenlaubes
nur von Interesse für die Physiognomie und die individuelle Gestaltung
des Baumschlags, für die geographische Anordnung der Laubhölzer
ist sie bedeutungslos, obgleich die mannigfaltige Beleuchtung
des Walddunkels innig mit den Blattgestalten zusammenhängt. Zu
der Buchenform (25 Arten) zähle ich ausser der Buche selbst die
Kastanie, die Hainbuche (Carpinns), 5 Eichen, 3 Ulmen, dieSyringa,
2 Ebereschen [Sorbits] und 11 wilde Obstbäume (Prunns, Pyrits); zu
der Lindenform (29 Arten) gehören 6 Linden, 9 Ahorne(Acer), eine