nissmässig nur wenige: in meiner Sammlung sind noch nicht hundert
enthalten I22). Eine etwas grössere Anzahl ist dem kaspischen Tieflande
mit den angrenzenden Tafelländern gemeinsam, sie beweist die
Unabhängigkeit solcher Pflanzen von dem Niveau des Standorts und
ihre Fähigkeit, auch die noch höheren Gebirgsketten des Plateaurandes
auf ihrer Wanderung zu überschreiten. Endlich ist ein sehr
bedeutender Theil der Steppen- und Gebirgspflanzen über mehrere
Abschnitte des Tafellandes ausgebreitet und zeigt also ebenfalls, dass
die wechselnden Erhebungen des Bodens ihre Wanderungen nicht
beschränkt haben. Dass indessen bei der Sonderung oder Mischung
der Centren die Organisation eine Hauptrolle spiele, erkennt man
leicht und besonders deutlich an den der Sahara und den Steppen
gemeinschaftlichen Pflanzen, von denen ich eine Reihe von etwa
hundert Arten nachweisen kann (s. u.). Von den vorherrschenden
Familien sind unter diesen die Cruciferen und Gräser am reichsten
veitreten, schwächer die Synanthereen und Chenopodeen, die Leguminosen
fast gar nicht. Die winzigen Samen der Gramineen und der
Cruciferen können leicht durch die Steppenstürme in weite Fernen
getragen werden. Auch in den Steppen selbst sind die einzelnen
Astragaleen grösstentheils nur auf beschränktem Raume angetroffen,
und von den Chenopodeen, die in der Kirgisensteppe und in der Gobi
^ 7 Procent von der Summe der Gefässpflanzen ausmachen123),
kommen so viel weniger Arten auf den südlichen Tafelländern vor,
dass sie in dem ganzen Umfange des Gebiets auf die Hälfte jenes
Verhältnisses herabsinken. Da es aber auf den Plateaus doch durchaus
nicht an Salz führenden Erden fehlt und das Wachsthum der
Halophyten daselbst ebenso gesellig ist wie im Tieflande, so muss die
überwiegende Mannigfaltigkeit der kaspischen Chenopodeen als eine
ursprüngliche Eigenthümlichkeit dieser Gegenden betrachtet werden.
Der Einfluss der Wüsten auf die Sonderung der Vegetations-
centren ist in den kaspischen Steppen und in Persien deutlich zu
erkennen. Die fruchtbaren Erdkrumen der Songarei werden von
denen Südrusslands durch die ödere Kirgisensteppe getrennt, und
diese wiederum ist durch die Wüsten am Aral mehrfach gegliedert.
Ebenso scheidet die grosse Salzwüste in Verbindung mit derKohrud-
kette das nördliche Persien von dem südlichen. In beiden Fällen
aber finden wir die Vegetation zu beiden Seiten weit weniger übereinstimmend,
als es der Fall sein würde, wenn die reicheren Landschaften
in unmittelbarer Verbindung ständen.
Wir können daher den Gebirgsketten und dem Wechsel der
Gras- und Sandsteppen einen bedeutenden Einfluss auf die Sonderung
der Vegetationcentren einräumen, wenn derselbe auch hauptsächlich
auf bestimmte Organisationen beschränkt ist. Man könnte meinen,
dass überhaupt die ursprünglichen Verhältnisse in den Steppen sich
weniger geändert haben als in den Kulturländern, weil die Natui
unter den Nomaden ungestörter sich selbst überlassen blieb, als wo
der Ackerbau sich ausbreitete: allein auf die Vegetation der sibirischen
Wälder haben die Bewohner noch weniger eingewirkt als auf
die Steppen, die sie durch Feuer zu verwüsten pflegen. Und doch
ist die Flora dort durch die natürlichen Pflanzenwanderungen viel
gleichartiger geworden als hier, weil es in dem weiten Waldgebiete
und im Bereiche der grossen Flusssysteme jenes Tieflandes keine
Hindernisse, sondern nur Förderungen der Verbreitung gab. Von
grösserer Bedeutung möchte es sein, dass die Steppenpflanzen den
grössten Schädlichkeiten, die das organische Leben treffen können,
widerstehen müssen. An ihrem'; Entstehungsorte hiezu am vollständigsten
ausgerüstet, werden sie die Erzeugnisse anderer Centren
nicht leicht verdrängen können, weil sie bereits da, wo sie
geschaffen wurden, gleichsam an der Grenze der Bedingungen ihres
Daseins stehen.
Die Erscheinung, dass so viele Steppen- und Wüstenpflanzen
das ebene Tiefland bewohnen, ohne in die Gebirge anzusteigen oder
sie zu überschreiten, ist besonders dadurch merkwürdig, dass diese
Flächen, geologisch betrachtet, erst in der jüngsten Zeit vom Meere
entblösst worden sind. Die Entstehung dieser Vegetation fällt also
in die letzte Periode der Erdgeschichte. Geht man dabei von den
Vorstellungen Darwin’s aus, so ist es schwer einzusehen, aus welchen
Organisationen der Vorwelt die Chenopodeen der kaspischen Salzsteppe
hervorgegangen sein sollen, da sie mit keiner Pflanzenform
der Tertiärzeit in näherer Verbindung stehen, und ebenso wenig
begreift man, weshalb sie sich hier zu viel mannigfaltigeren Gebilden
dem Sinne jener Hypothese gemäss gespalten hätten als in Anatolien
oder Tibet. Alle solche ursprünglich gegebenen Eigenthümlichkeiten
entziehen sich durchaus unserer Einsicht und bleiben unerklärte
Probleme.
Da die Anordnung der Vegetationscentren des Steppengebietes
aus dem Endemismus der Arten sich noch nicht mit Sicherheit ableiten
lässt, so habe ich zunächst die monotypischen Gattungen ins