Richtung zu den Küsten , wo die Erwärmung durch die Sonne ab-
nimrnt. Ein solcher Raum erstreckt sich im äquatorialen Südamerika
vom F usse der Anden bis zum Rio Negro, und hier werden in der
That nur unregelmässig wechselnde Luftströmungen und häufige
Windstillen beobachtet6), wie in dem Kalmengürtel des Meers. In
diesem Abschnitte des Stromlaufs, wo derselbe den Namen Solimoes
führt, ist der Wald am ausgedehntesten und undurchdringlichsten,
von Savanen nirgends unterbrochen, das ganze Jahr hindurch fallen
die Niederschläge, der menschliche Organismus wird durch die
Wärme und Feuchtigkeit der Luft berührt, als befände er sich in
einem beständigen Dampfbade. Hier liegen die höchsten Isothermen
(20° R.) in der Nähe des Aequators, die ostwärts zu den offenen
Campos Brasiliens in südlichere Breiten übergehen7). Diesem inneren
Wärmecentrum ist es zuzuschreiben, dass am unteren Amazonas
ein immerwährender Ostwind herrscht3), welcher den Wasserdampf
des atlantischen Meers beständig erneuert und dem Festlande zuführt.
Dem unteren Abschnitt des Stroms vom Rio Negro bis zur
Mündung fehlt daher die Erscheinung des Kalmengürtels ganz, vielmehr
vereinigen sich hier die nördlichen und südlichen Passate zu
einer mittleren, genau östlichen Windesrichtung6) und verbreiten die
verhältnissmässige Kühle des Meers in das Innere, indem sie zugleich
dem Klima des Hauptthalwegs eine seltene Salubrität verbürgen. Je
stärker dieser Ostwind weht, desto mehr verschwinden die Wolken:
hier also sind trockene Jahrszeiten möglich, hier können Savanen
sich von den Wäldern ausscheiden, wiewohl sie doch nur selten von
bedeutendem Umfange sind. Denn freilich ist ja dieser herrschende
Passat ebenso wenig wie in Guiana ein trockener Wind. Mit Wasserdampf
beladen, verliert er unter dem Einfluss der Wälder schon hier
einen Theil seiner Feuchtigkeit. Auch müssen sich diese Niederschläge
in demselben Maasse vermehren als die Stärke des Passats
nachlässt, wenn in der wärmeren Jahrszeit oder in den wärmsten
Stunden des Tags auch hier Wärmecentren mit aufsteigenden Luftströmungen
wirksam werden.
Nach diesem Ueberblick über die beiden Hauptklimate des
Thalwegs sind die Beobachtungen über die Jahrszeiten selbst zu
ei läutein. Im oberen Stromlauf unterscheidet man6), wiewohl auch
die trockeneren Monate niemals der Niederschläge entbehren, doch
zwei feuchtere Perioden, die zu den Zenithständen der Sonne in Beziehung
stehen. Die Hauptregenzeit dauert daselbst von Ende
Februar bis Mitte Juni, die schwächere von Mitte Oktober bis Anfang
Januar: die erstere bewirkt das Ansteigen des Flusses zu seinem
höchsten Wasserstande, während der letztem findet eine Anschwellung
statt, die um das Dreifache geringer ist (15 Fuss). Am unteren
Amazonas kennt man nur eine Regenzeit, aber die Niederschläge
sind hier weniger regelmässig vertheilt. In Para, an der Mündung
also, wo der Unterschied der Jahrszeiten nur unbedeutend ist, rechnet
man auf die nasse Periode die Monate Januar bis Juni, auf die
trockenere Juli bis December. Zu Santarem , etwa in der Mitte des
unteren Stromlaufs beginnt die Regenperiode Anfang Februar und
ist vom April bis Juni am stärksten ausgebildet: vom August bis
zum Februar verstärkt sich die Heftigkeit der Ostwinde, dann herrscht
fast vollkommne Dürre, Wochen lang bleibt der Himmel heiter und
unter diesen Bedingungen scheiden sich hier Savanen von den Wäldern
aus. Fassen wir diese Beobachtungen zusammen, die während
eines vieljährigen Aufenthalts an den einzelnen Stationen von Bates
gesammelt wurden, so ergiebt sich, dass, da die beiden Zenithstände
der Sonne zu Ende März und September eintreten, die Niederschläge
dem ersten derselben, der Frühlingsnachtgleiche, wie im Inneren von
Afrika, überall um ein oder zwei Monate vorausgehen, dass hingegen
der herbstliche Stand der Sonne von weit geringerem und im unteren
Stromthale von gar keinem Einflüsse auf die Häufigkeit des Regens
begleitet ist. Aus dem ersteren Verhältniss kann man schliessen,
dass der aufsteigende Luftstrom, der in diesen Tiefebenen die einzige
Ursache verstärkter Wolkenbildungen ist, früher zu Stande
kommt als die Sonne in den Zenith einrückt, weil das Stromthal zu
dieser Zeit stärker erhitzt wird als die höher gelegenen Landschaft-
ten Brasiliens und Venezuelas. In der verhältnissmässigen Wirkungslosigkeit
der herbstlichen Nachtgleichen aber erkennen wir die
eigenthümliche Stellung des südamerikanischen Festlands, wo die
zum Wendekreise des Steinbocks wandernde Sonne durch die Erhitzung
der brasilianischen Campos den Passat der nördlichen Hemisphäre
über den Aequator hinübertreibt und diese Verschiebung
schon herbeiführen kann, noch ehe sie in die Südhemisphäre selbst
eingetreten ist. Diese Wirkungen äussern sich in der geschwächten
Regenzeit des oberen Stromlaufs, wodurch sich die zweite Hälfte des
Jahrs von der ersten unterscheidet. Die Wanderung der Sonne nach
Norden kann nämlich den südhemisphärischen Passat nicht in gleicher
Weise über das äquatoriale Stromthal herüberziehen, da hier