in Ober-Kalifornien der in den nördlichen Prairieen ähnlich. Die
Entwickelung der Vegetation fällt, wie dort und wie in Südeuropa,
in den Frühling, sie ist im Sommer unterbrochen. Das Ueberwiegen
der westlichen Luftströmungen, welche der Kontinent vom stillen
Meere aspirirt, ist eine Erscheinung, die in gleicher Weise, aber
nicht mit denselben Einwirkungen auf die Vegetation, auch auf die
kalifornische Halbinsel sich ausdehnt. Denn hier rückt die feuchtere
Periode des Jahrs, gerade wie in den südlichen Prairieen, in
den Sommer 5), der Zenithstand der Sonne tritt in grössere Wirksamkeit,
aber das Maass der Niederschläge ist geringfügig und ihre
Dauer unbeträchtlich. Hiedurch erklärt sich die Uebereinstimmung
des Vegetationscharakters an beiden Gestaden des kalifornischen
Golfs: »die Einbildungskraft,« sagt Duflot deMofras, »könne sich
nichts Traurigeres, Verlasseneres denken als diese beiden Küsten,
welche der Wassermangel wüst gelegt.« Erst in der Nähe des
Wendekreises, jenseits der Magdalenen-Bai ?) [240 N. B.] vermehrt
sich das Maass der Feuchtigkeit, und nun beginnen die tropischen
Formen Mexikos an der Südspitze der Halbinsel aufzutreten.
Vegetationsformen.. In den Coniferenwäldern Kaliforniens
und namentlich auf der Sierra Nevada ist die Mannigfaltigkeit der
Nadelholz- und Cypressen-Formen grösser als in irgend einem anderen
Gebiete Nordamerikas von gleichem Umfange. Die Anzahl
der bis jetzt bekannt gewordenen Arten von Coniferen (28) ist beinahe
so gross wie in Japan. Mehr als die Hälfte ist in dem doch
nur so wenig geräumigen Küstenlande oder seinen Gebirgen endemisch:
die übrigen, welche den Oregon überschreiten oder bis zu
den Rocky Mountains verbreitet sind, scheinen grösstentheils von
hier aus auf ihren Wanderungen ausgegangen zu sein. Dass in diesen
gemässigten Breiten gerade an den beiden gegenüber liegenden
Küsten des stillen Meers die Familie der Coniferen reicher an Arten
ist als irgendwo sonst, gehört zu der Reihe von Thatsachen, aus
denen im Gegensatz zu den bloss physisch auf die Organisation
wirkenden Lebensbedingungen der Einfluss der geographischen Lage
auf die Vertheilung der systematischen Gruppen des Pflanzenreichs
hervorgeht. Denn wie möchte man nachweisen können, dass die
ungleichen Klimate von Japan und Kalifornien, deren Coniferen auch
der Art nach sämmtlich verschieden sind, zu dieser Familie in einem
günstigeren Verhältniss ständen als andere Gegenden der nördlichen
Hemisphäre.' Auf der anderen Seite kann in diesem Falle dem Darwinismus,
der die Erscheinung aus der durch die geographische
Lage erleichterten Wanderung ableiten würde, ein Schein des Zusammenhangs
nicht bestritten werden, wiewohl auch dabei die Anhäufung
der Arten unerklärt bliebe. Denn es besteht in der That
auch darin eine systematische Aehnlichkeit zwischen den Inseln
Japans und dem amerikanischen Küstenlande, dass neben den besonderen
Arten von Kiefern und Tannen eine Reihe von eigenthüm-
lichen, kleineren Gattungen auftritt, die meist der Cypressenform
angehören und von denen zwei in beiden Floren zugleich vertreten
sind [Chamaecyparis und Torreya). Eine dritte Gattung verbindet
Kalifornien mit anderen pacifischen Floren der Südhemisphäre (L i-
bocedrus)■; ausser diesen findet sich auch noch eine endemische Gattung
[Sequoia).
Als Vegetationsform betrachtet, sind die kalifornischen Coniferen
viel merkwürdiger dadurch, dass bei mehreren derselben ihr
Wachsthum so grosse Dimensionen erreicht wie in keinem anderen
Lande. Nur in das nahe Oregon-Gebiet reicht diese Tendenz hochstämmigen
Wuchses angenähert hinüber. In dem sogleich zu besprechenden
Falle aber ist die Masse des in demselben Stamme gebildeten
Holzes so gross, dass sie überhaupt von keinem anderen
Baume der Erde übertroflen wird. Auch hierin sind wir weit entfernt,
einen Zusammenhang zwischen Klima und Vegetation einzusehen.
Die gleichmässige Temperatur, durch welche eine Vegetationsperiode
von langer Dauer möglich wird, genügt nicht, darüber
aufzuklären: wir müssen auch dieses Verhältniss als eine Eigen-
thümlichkeit der kalifornischen Vegetationscentren gelten lassen,
deren Ursache unbekannt bleibt.
Durch diese ungewöhnlich gesteigerten Kräfte, das Wasser des
Bodens im Gewebe in die Höhe zu heben und dadurch stetiges
Wachsthum der Gipfelknospe und entsprechende Verstärkung des
Stamms einzuleiten, ragt als grösste Merkwürdigkeit der kalifornischen
Flora die Wellingtonia oder der Mammuthbaum der Sierra
Nevada hervor [Sequoia gigantea), die grösste Conifere der Erde,
deren Höhe an die höchsten menschlichen Bauwerke, an den Strassburger
Münster und selbst an die ägyptischen Pyramiden hinanreicht.
Nach den ersten Nachrichten8) über die Entdeckung des Mammuth-
baums, die an den Nebenflüssen des S. Joaquim, in der oberen Waldregion
des kalifornischen Abhangs der Sierra Nevada (38° N. B.)
stattfand, wurde die Höhe desselben zu 280 Fuss (300 F'uss engl.)
Gri sebach, Vegetation der Erde. II. 2. Aufl. l 9