Ginstergesträuche zu nennen pflegt, das südliche Tiefland Spaniens
bewohnen, so könnte man auch in der Vertheilung der Spartiumform
nur eine Eigentümlichkeit dieser Gegenden erblicken, die, ursprünglich
gegeben, sich nicht weiter erklären lasse. Wie aber die Eriken
sich an den atlantischen Küsten Europas anhäufen, so weisen die
blattlosen Sträucher von dem trockeneren Klima Granadas auf die
Sahara, wo sie in grösserer Mannigfaltigkeit des Bliithenbaus auf-
treten und noch viel weniger befeuchtet werden. Stellen wir die
Eriken mit ihren reichen, gedrängten Blattnadeln den nackten Zweigruthen
des Spartium gegenüber, so ist einleuchtend, dass die ersteren
an Zellenbildungen und Wachsthumsprocessen, mit einem Wort an
Arbeit im Verlauf einer Vegetationsperiode viel mehr zu leisten
haben als diese. In beiden Fällen kann die Periode gleich lang
sein, aber in dem feuchteren, atlantischen Klima ist der Saftumtrieb
verhältnissmässig lebhafter, die Zufuhr von Nahrungsstoffen aus dem
Erdboden grösser, die Stetigkeit des Wachsthums nothwendiger.
Je trockener das Klima wird, desto mehr vereinfacht sich daher die
Organisation. Nicht in den Blüthen, aber in den Vegetationsorganen
tritt diese Vereinfachung des Bildungsganges ein, und vielleicht liegt
auch darin der Grund, dass die Spartiumform leichter die Entwickelungsperiode
verkürzen kann als dies bei den Eriken der Fall ist.
Von dem geringeren Umfange der Leistungen des Wachsthums wäre
es dann auch abzuleiten, dass die nordischen Eriken von den südlichen
im gleichen Sinne abweichen, die Calluna, weil ihre Blattnadeln
viel kleiner sind, die Glockenheide [Erica Tetralix) , weil sie
weit niedriger bleibt und daher wenig Holz zu bilden hat. Allein
doch erreichen sie die Einfachheit der blattlosen Sträucher nicht und
treten daher nicht, wie diese, in das Steppen- und Wüstenklima ein,
wo die Bedingungen des Wachsthums noch viel ungünstiger sind als
im feuchten Gebirge. Es ist schwer, die Spartiumform des Mittelmeergebiets
anderen Sträuchern gegenüber sicher abzugrenzen, weil
die Blattbildung der Genisteen in allmäligen Uebergängen von den
belaubten zu den nackten Arten schwindet, dann aber auch die
letzteren, wenn sie stechende Zweige entwickeln, mit denDornsträu-
chern verbunden sind. Fasse ich alle diejenigen zusammen, bei
denen die Funktionen des Laubes mehr oder minder vollständig auf
die grünen Zweige übergehen, indem die Blätter entweder ganz
fehlen oder nur kurze Zeit vorhanden sind, so zähle ich in meiner
Sammlung über 40 Arten (44), unter denen aber fast die Hälfte (20)
dornig ist. Sehr ungleich vertheilen sie sich in den beiden Familien
der Leguminosen (39) und Gnetaceen (.Ephedra). Die ersteren
gehören mit einer einzigen Ausnahme (Coronilla juncea) zu den
Genisteen, aber dieZahl derGattungen, von denen ich 8 unterscheide,
steht nicht fest, da die Ansichten der Systematiker über deren Umfang
getheilt sind. Ohne feinere Unterschiede im Bau der Blüthen
und Früchte zu beachten, lassen sich diese Genisteengattungen nicht
unterscheiden, und nur in einem Falle (.Pterospartum) nehmen die
Zweige eine flache, blattähnliche Gestalt an und ersetzen hier also
allein das fehlende Laub in vollem Umfange. Unter den blattlosen
Genisteen, die keine Dornen tragen, finden sich nur zwei Arten durch
das ganze Mittelmeergebiet oder doch den grössten Theil desselben
verbreitet, und beide überschreiten auch in gewissen Richtungen
dessen Grenze, die eine [Spartium junceum) im Rhone-Thal, wo sie
bis Lyon hinaufgeht, und angeblich auch in Armenien, die andere
[Syspone radiata) in den wärmeren Alpenthälern und im Banat.
Anders verhalten sich die dornigen Formen, die fast sämmtlich auf
den Westen beschränkt sind, und von denen zwei Arten (Ulex) gleich
der Erikenform längs der atlantischen Küste sich bis hoch in den
Norden der britischen Inseln verbreiten. Die Gattung Ephedra, die
durch die Gliederung ihrer steifen, blattlosen Zweige sich auszeichnet,
und deren festeres Gewebe dem kälteren Winter des kontinentalen
Klimas widersteht, ist geographisch den Genisteen gerade entgegengesetzt:
ihr Centrum berührt das Steppengebiet, aber zwei
Arten reichen doch bis nach Spanien, und eine dritte ist sogar dem
Westen eigenthümlich. Fassen wir endlich die Thatsachen zusammen,
so ergiebt sich innerhalb des Mittelmeergebiets doch nur für
5 Sträucher der Spartiumform ein ausgedehnter Verbreitungsbezirk,
einige (3) gehören dem Osten, andere (3) den Inseln Sicilien und
Sardinien an, alle übrigen (33) sind auf den Westen beschränkt und
die meisten überschreiten kaum die spanische Halbinsel oder Nordafrika.
Von diesen zahlreichen spanischen Genisteen dringt indessen
eine Art über die Grenzen der Mediterranflora in Frankreich vor
[Sarothamnus purgans bis zur Loire).
Die Dornsträucher nehmen im Mittelmeergebiet eine verschiedene
geographische Stellung ein, je nachdem sie zu den Genisteen
oder anderen Gruppen gehören. Die ersteren sind häufiger im
Westen, die übrigen auf den östlichen Halbinseln. Ich rechne indessen
zu dieser Pflanzenform nur solche Gewächse, bei denen die
G r i s e b a c h , Vegetation der Erde. I. 2. Aufl.