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eingeschränkt. Es bleiben also 2700 Arten übrig, deren Wanderung
durch das Meer beschränkt wurde, oder die nur wenig von einer einzelnen
Gruppe kontinental verbundener Vegetationscentren sich entfernt
haben. Hierin liegt daher der allgemeinste Gegensatz des nördlichen
und südlichen Europas. Während wir in dem nördlichen
Waldgebiete, so weit ununterbrochene Ebenen von dem atlantischen
bis zum pacifischen Meere sich ausdehnen, die Wohnorte der Pflanzen
vorzugsweise durch klimatische Linien bestimmt fanden, äussern im
Mittelmeergebiete mechanische Hindernisse der Verbreitung einen
weit grösseren Einfluss auf den systematischen Charakter der Flora.
Die ungemein grosse Küstenentwickelung, welche das Gebiet zu abgesonderten,
geographischen Räumlichkeiten gliedert, wirkt auf die
Wanderungen der Pflanzen viel mehr trennend als verbindend. Die
ursprünglichen Erzeugnisse wurden in weit höherem Grade festgehalten,
die Vegetationscentren lassen sich noch jetzt viel zahlreicher
erkennen, die Halbinseln nähern sich in dieser Beziehung den Gesetzen
der Anordnung, welche von den endemischen Archipelen abgeleitet
sind. Wenn im Norden fast nur unter den Gebirgspflanzen
Beispiele eng begrenzter Wohngebiete nachgewiesen werden können,
so ist zwar im Süden der endemische Charakter auf gewissen Gebirgen
ebenfalls stärker als im Tieflande ausgesprochen, aber auch
die Mediterrangewächse im engeren Sinne sind in manchen Fällen
nur an einzelnen Standorten bemerkt worden. Dieses ganze Verhält-
niss spricht doch entschieden dafür, dass die Monotypen und andere
seltene Organisationen nicht oder doch nicht allgemein als die Ueber-
reste früherer Schöpfungen, sondern als Zeugnisse für die produktive
Kraft derjenigen Oertlichkeiten zu betrachten sind, wo sie gegenwärtig
gefunden werden, und von denen sich zu entfernen ihnen die
Mittel nicht zu Gebote standen.
. Die Monotypen sind besonders geeignet, die Verknüpfungen und
Absonderungen des Mittelmeergebiets zur Anschauung zu bringen.
Unter den 12 allgemein verbreiteten Gattungen *33) gehören 2 zu den
Cruciferen, 6 zujden Synanthereen; sie sind fast sämmtlich einjährig
und Begleiter der Kulturgewächse, einzelne überschreiten auch als
solche die Grenzen des Gebiets. Ihre weite Verbreitung hat daher
nichts Auffallendes, nichts deutet darauf hin, dass das Meer dabei
mitgewirkt habe. Nur bei einer Staude [Diotis) ist dies der Fall, die
als Halophyt auch längs des atlantischen Meers bis nach England gelangt
ist. Die vier übrigen Gattungen sind Holzgewächse der Maquis
Absonderung der Vegetationscentren. 349
und jede monotypisch in einer besonderen Familie. Zwei grosse und
kräftige Sträucher [Spartium und Rosmarinus) sind weit häufiger
als die beiden anderen, die schwach und niedrig bleiben und also in
dem Kampf um den Boden keinen so leichten Spielraum fanden
(Coris; Cressa). Allein an die warme Region gebunden , konnten
doch alle diese Holzpflanzen ohne Schwierigkeit den Küstenlinien
weithin folgen.
Hieran schliessen sich fünf andere Monotypen I34), von denen
nur eine, eine winzige Rubiacee [Callipeltis], dem allgemeineren,
später zu erörternden Verwandtschaftsverhältniss Spaniens mit dem
Steppengebiet sich unterordnet. Die übrigen, von Küste zu Küste
verbreitet, sind nun auf einzelne, südliche Abschnitte des Gebiets
eingeschränkt. Die Wanderungen dieser Gewächse haben etwas
Räthselhaftes, als wären sie, wie ein vom Sturme verschlagenes Schiff,
an irgend einen entlegenen Strand gerathen, ohne dass ihr Ausgangspunkt
sich leicht ermitteln lässt, oder wie wenn sie, anderswo verdrängt
und verloren, nur an gewissen Grenzpunkten sich erhalten
und behauptet hätten. Dass solche Wanderungen hi er wirklich stattgefunden
, dafür spricht der Umstand, dass vier Monotypen in
und bei Sicilien Zusammentreffen, indem diese Insel wegen ihrer
centralen Lage in Bezug auf die Meridiane des Mittelmeers besonders
geeignet ist. als Ausgangspunkt oder als Ziel zu dienen und mit dem
fernsten Osten und Westen gleichmässig sich durch Strömungen zu
verknüpfen. So ist sie durch eine Ericee (.Pentapera) mit Cypern,
durch eine Oleinee (Fontanesia) mit Syrien verbunden, ohne dass
diese Sträucher jedoch bis jetzt an den dazwischen liegenden Küsten
von Kreta und Morea nachgewiesen wären. So weisen auch die
beiden anderen Gattungen (.Lonas und Apteranthes) auf die fernen, aber
im äussersten Westen gelegenen Standorte in der Nähe der Strasse
von Gibraltar, wobei die letztere als eine den südafrikanischen Sta-
pelien verwandte, succulente Asclepiadee merkwürdig ist. Auf den
einsamen Inseln Lampedusa und Linosa zwischen Malta und Tunis
von Gussone beobachtet, kommt sie ausserdem nur noch an zwei
westlichen Punkten , in Granada und an den Grenzen von Marokko
vor, wo sie schon einige Jahre früher von Webb am Meeresufer bei.
Almeria bemerkt und in der Gegend von Oran seitdem häufig beobachtet
worden ist. Die Lage der beiden kleinen Inseln im Süden
von Sicilien ist so versteckt und nach Westen durch die vorspringende
Küste von Tunis so abgeschlossen, dass man weit eher einen Aus