Waldes von Concepcion bis Chiloe ist die durch die Masse der Vegetation
bedingte Undurchdringlichkeit. In Chiloe, wo erst wenig Land
urbar gemacht ist, führen nur einzelne Pfade von Küste zu Küste,
und selbst diese sind wegen des weichen Morastbodens lästig zu betreten1).
Alles Uebrige ist unzugänglicher Wald. Selbst durch das
Feuer lassen sich die feuchten Bestände nur schwer vertilgen, und
ihr Werth würde für die Holzausfuhr beträchtlicher sein, wenn es
leichter wäre, ihnen beizukommen. Darwin erklärt diese Wälder für
unvergleichbar schöner als die einförmigen Buchengehölze von
Fuegia, aber, als er auf einer Insel an der Südseite von Chiloe einen
Hügel besteigen wollte, gelang es ihm nicht, den Gipfel zu erreichen.
Der Wald, duftend von Laurineen und Drimys, war durch das Gemisch
lebender und abgestorbener Bäume so undurchdringlich, dass
der Fuss oft den Boden nicht berühren konnte. Erst höher aufwärts
folgten hier, mit Nadelhölzern gemischt, die antarktischen Buchen,
nur von zwerghaftem Wuchs, und doch war hier noch weniger durchzukommen.
In Valdivia ist der Wald ebenso unzugänglich, aber
nicht wegen des dichten Wachsthums der Bäume, sondern weil die
Bambusen den Raum zwischen ihnen einnehmen und die Schlingpflanzen
sie verweben+). Die Laubkronen prangen hier in einem
helleren, freudigen Grün1), weil die immergrünen Bäume nicht so
häufig sind und die Roble-Buche vorherrscht. Aehnlich wie in Valdivia
und auf Chiloe werden von Poeppig6) auch die Wälder bei
Concepcion geschildert, wie sie die Höhenzüge, die in gefälligen
Formen an der Küste sich lang dahinstrecken, mit dem freundlichsten
Grün bekleiden, und wie aus den hohen Beständen, die sie krönen,
an einem gelegentlich abstürzenden Felsen oder am Rande der Saatfelder
und Weingärten die Schlingpflanzen Überhängen und das Gebüsch
sich hervordrängt. Die Lianen verschwinden in den höher
gelegenen Wäldern von Antuco (37 0 S. B.), die nun zuweilen mit
blumenreichen Wiesen gemischt sind: auch die Bambusen fehlen
nicht, die, allmälig zu Gestrüpp verkümmernd, im Gebirge bis zur
Baumgrenze hinaufsteigen.
Dem auch hier also dicht verwachsenen immergrünen Laubwalde
stehen in diesem Theile der Anden auf felsigem Boden die
Pinares gegenüber, Waldungen, die ausschliesslich aus Araucarien
bestehen, deren essbare Samen den araucanischen Indianer ernähren.
Dies sind reine Coniferenbestände, deren Boden wegen mangelnder
Erdkrume unfruchtbar und nackt ist wie in einem Kieferwalde.
Unmittelbar der Insel Chiloe gegenüber beginnt schon auf dem
Chonos-Archipel ^ der Waldcharakter von Fuegia. Von hieraus ist
die ganze Westküste bis zum Kap Horn, wie sie, zu Archipelen und
Fjorden zerrissen, an ihren umstürmten Felsgestaden nirgends eine
Stätte fruchtbaren Vorlands übrig lässt, so auch in ihrer Vegetation
übereinstimmend gebildet. Hier sind die einzigen Waldbäume?) die
Buchen und die immergrüne Drimys, das dichte Unterholz besteht
aus Berberis und andern antarktischen Sträuchern. Aber nur in
feuchten Schluchten und Binnenlagen gedeiht der Hochwald, er bedarf
des Schutzes gegen die Sturmwinde des Kap Horn. An der
Wetterseite verwandeln sich die Buchen in Krummholz oder lassen
dem Gesträuch freien Spielraum, weil sie dem Winde nicht Stand
halten und auch die Erdkrume verweht oder durch die Giessbäche
fortgespült wird. An der gewundenen Magellanstrasse besitzen daher
die inneren, durch das Bergland geschützten Gegenden, wie zu Port
hMmine, die ansehnlichste Hochwaldung, an den westlichen Eingängen
ist ihr Wachsthum unterdrückt, und auf dem Flachlande der
Ostseite fehlen die Bäume ganz, weil hier die antarktische Flora aufhört.
Dass aber nicht bloss jene berufenen Stürme dem Aufkommen
des Buchenwalds nachtheilig sind, sondern auch der Mangel des
tiefem Humusbodens, geht aus der Beschreibung einer unfruchtbaren
Gebirgsstrecke, der Cordillera pelada im Süden des Hafens von Valdivia8),
hervor, wo auf einem Glimmerschieferplateau der Hochwald
schon in dem niedrigen Niveau von 2500 bis 3000 Fuss plötzlich
aufhört und nur junge Stämme, bis ihre Wurzeln das Gestein treffen,
sich eine Zeit lang erhalten. Auf dieser nackten Hochfläche kehren
dann manche Gewächse von Fuegia wieder, wodurch ein neuer Beweis
von der Zusammengehörigkeit des nördlichen und südlichen
Abschnitts der antarktischen Flora gegeben ward.
Die waldlosen Landschaften nehmen nur einen verhältnissmässig
kleinen Theil des antarktischen Gebiets ein. Am Fusse der hohen
Anden von Valdivia scheidet sich ein Streifen offenen Weidelandes
vom Urwalde aus12), was vielleicht daraus erklärt werden könnte,
dass die zwischen beiden Kordilleren eingeschlossene Thalfläche
durch das Küstengebirge vor den Regenwinden mehr geschützt ist.
Indessen sind diese Llanos von Valdivia doch grösstentheils bewaldet15)
und gehen, wenn man dem grossen Längsthaie nach Norden
folgt, in die Kulturebene des südlichen Chile über, die, über dem
Gerolle der Anden von der fruchtbarsten Ackerkrume bedeckt, wohl
Gr i s eba ch, Vegetation der Erde. II. 2. Aufl. 3°