höheren Maasse ausgeprägt. Denn hier stehen der Vermischung mit
den Pflanzen der Nachbarländer bestimmte abschliessende Schranken
gegenüber. Die Gewächse der Campos können weder in der ewig
feuchten Aequatorialzone, noch in den höheren Breiten der Pampas
gedeihen, wo zwar ebenfalls die Gräser vorherrschen, aber die intensiven
Regenzeiten fehlen, deren die tropischen Pflanzen bedürftig
sind. Nach Westen sodann werden die Campos durch die Fluss-
thäler am Fusse der Anden und durch deren Erhebung selbst noch
schärfer abgesondert, und wenn ihre Vegetation die hohen Gebirge
übersteigen könnte, würde sie jenseits ein regenloses Klima zurückweisen.
Im Inneren der Campos wird das selbständige Fortbestehen
der Vegetationscentren, wie schon bemerkt wurde, durch die Unterschiede
des Niveaus, der Bewässerung und der geognostischen Unterlage
befördert. Die Erfahrung der Sammler hat gelehrt, dass auf
den höheren Serren die meisten eigenthümlichen und auf einen engen
Wohnort eingeschränkten Arten Vorkommen und daher solche Cen-
tren, über die ganze Oberfläche des Tafellandes vertheilt, durch das
Niveau am meisten vor gegenseitiger Vermischung bewahrt blieben.
Diese Vielfältigkeit von geographisch genäherten und klimatisch
übereinstimmenden Oertlichkeiten, wo doch nicht gleiche, sondern
nur ähnliche Organisationen entstanden sind, ergiebt sich auch aus
einigen artenreichen Gattungen, eine Erscheinung, wodurch die brasilianische
Flora an die des Kaplandes erinnert [z. B. zeigen dies
ausser den schon erwähnten Melastomaceen und Myrtaceen unter den
Labiaten Hyptis, den Restiaceen Eriocanlon: die letztere Gattung mit
mehr als 200 Arten 34); von denen die meisten einen Bezirk von geringem
Umfang auf den das Quellgebiet des Francisko umfliessenden
Serren bewohnen].
Eine Verwandtschaft der brasilischen Flora nach klimatischen
Analogieën mit entfernten Ländern lässt sich nur in wenigen Fällen
nachweisen. In Amerika selbst giebt es kaum ein ähnliches Hochland,
da die mittlere Höhe Brasiliens weit unter der von Mexiko zurückbleibt
und andere Savanen in dieser Beziehung übertrifft: die
Formen derCacteen undBromeliaceen stehen indessen doch zu denen
Mexikos und Venezuelas in systematischer Verwandtschaft. Wenn
das Klima des inneren Brasiliens mit dem der südlichen Tropenzonen
Afrikas am meisten übereinstimmt, so hat doch die Vergleichung
beider Kontinente ausser den Vellosien Benguelas wenig Analogieën
in ihren Floren ergeben (oben S. 120).
Der Charakter der Vegetationscentren Brasiliens besteht in der
höchsten Raumbenutzung durch verschiedene Vegetationsformen, und
dies ist es, was in den Wäldern und auf den Gebirgen der Küstenzone
selbst den in der Kenntniss des Einzelnen unerfahrenen Beobachter
am meisten in Erstaunen setzt. Hierher gehört der oben
erwähnte Fall einer in den Wasserbehältern einer Bromeliacee schwimmenden
Wasserpflanze, deren Ursprung in ein räthselhaftes Dunkel
gehüllt ist. Verwandte Utricularien mit ungetheiltem Blatt und rother
Blüthe bewohnen die Sümpfe von Minas Geraes. Wer Gefallen findet,
die selbständigen und an bestimmte Lebensbedingungen geknüpften
Organismen nach ihren Aehnlichkeiten von einander genetisch abzuleiten,
kann hier seiner Phantasie nachgeben, ohne doch seiner Vorstellungsweise
eine andere thatsächliche Grundlage verschaffen zu
können als die der räumlichen Analogieën.
Da es bis jetzt an einer zusammenfassenden Uebersicht der brasilianischen
Flora durchaus fehlt und in dem grossen von Martins
begonnenen Werke gerade die meisten vorherrschenden Familien
noch unbearbeitet sind, so lässt sich über den Reichthum an Arten
bis jetzt nicht weiter urtheilen, als dass die Sammlungen, die man
dort zusammenbrachte, unter allen in Amerika erworbenen die
grössten sind. Das Ergebniss der Forschungen von Reisenden, wie
Martius, Burchell und Gardner, lässt sich nur mit dem aus dem Kap-
lande vergleichen, die Artenzahl ist vielleicht noch grösser und kann,
zusammengefasst, wohl auf 10000 endemische Arten geschätzt werden.
Freilich ist der Umfang des Landes auch mehr als zwanzigfach
grösser35) als der der Kapkolonie, und, wenn auch nur einige 1 ro-
vinzen ebenso genau erforscht sind, so darf man doch schlossen,
dass der Reichthum der Flora den der Südspitze Afrikas bei Weitem
nicht erreicht.
Die Reihe der vorherrschenden Familien wurde von Burchell
nach seinen eigenen Sammlungen zusammengestellt3<5), die hauptsächlich
in den Campos erworben wurden: als artenreichste P amilic
erscheinen, wie in Mexiko, die Synanthereen, unter den übrigen
können die Rubiaceen, Melastomaceen, Myrtaceen, Leguminosen,
Malpighiaceen und Bromeliaceen als charakteristisch gelten. ^
Von endemischen Gattungen habe ich ein Verzeichniss entworfen,
welches mehr als 200 Typen enthält, unter denen die Synanthereen
(27), Melastomaceen (20), Leguminosen (18), Malpighiaceen
(10) und Orchideen (10) am zahlreichsten vertreten sind.