sie und die Orte, wo der Wasserzufluss zu gering wird, und diese
Bedingungen würden ihnen auch am Orinoko zu Gebote stehen.
Ebenso wenig ist das Vorkommen derBambusen von gemeinsamen,
klimatischen Einflüssen abzuleiten, die überall, wo diese vorhanden
sind, ihnen ihr Gedeihen sicherten. An der Küste von Venezula
und an den Ufern des Cassiquiare bilden sie nur vereinzelte GruppenI2)
imd fehlen in den sumpfigen Niederungen des unteren Orinoko fast
gänzlich : an der pacifischen Abdachung der Anden von Neu-Gra-
nada und Ecuador sind dagegen weite Abhänge von den Hochthälern
bis zur Küste mit dichten Bambusenwaldungen bekleidet, wiewohl
sic doch daselbst nur bis 5200 Fuss, also nicht zu solchen Höhen
wie auf dem Himalaja, ansteigen. Unter den übrigen Baumformen
fehlt die der Nadelhölzer fast ganz, indem die Familie der Conifercn
nur durch eine Gattung (.Podocarpus) vertreten wird, deren immergrünes
Laub bei den meisten Arten sich der Olivenform anschliesst.
Ueberblickt man den inneren Schmuck des Urwalds, so sind
die Vegetationsformen dieselben wie in anderen feuchtwarmen Kli-
maten des tropischen Amerikas: an Reichthum der Arten ragen unter
den Strauchern und Zwergbäumen der Oleander- und Myrtenform
die Rubiaceen, Melastomaceen, Myrtaceen und Euphorbiaceen hervor;
unter den Lianen die Leguminosen, Sapindaceen, Malpighiaceen,
Apocyneen, Smilaceen, Convolvulaceen und Passifloren ; unter den
Epiphyten die Orchideen, Bromeliaceen, Piperaceen und Farne.
Einige durch ihre Organisation merkwürdige Gewächse dieses Flo-
rengebiets sind: die der Form der Zwergpalmen sich anreihende
Pandanee des Isthmus, aus welcher die Panama-Hüte verfertigt
werden [Carludovica palmata) ; die an der Küste von Darien einheimische,
nach ihrem Wachsthum mit dem Krummholz vergleichbare
Ialme1^), welche das vegetabilische Elfenbein liefert (.Phytelephas),
ein erhärtendes Nahrungsgewebe im Samen, dessen Cohäsion von
keinem Erzeugniss des Pflanzenreichs übertroffen wird; die oben erwähnte
Hutpalme (Manicaria), in deren die Blüthenrispe umhüllenden
Scheiden die Natur eine konische Kopfbekleidung fertig darbietet;
endlich auf den Gebirgen von Venezuela der Kuhbaum (Galactoden-
dron) , eine Urticee der Lorbeerform, die einen Milchsaft enthält,
dessen chemische Bestandtheile mit denen animalischer Milch nahe
übereinstimmen.
Die \ egetation der Savanen von Venezuela ist einförmiger gebildet
als in Guiana, sie unterscheidet sich dadurch, dass sie von
Baumwuchs oft ganz entblösst ist. Der berühmten Schilderung Humboldts
I4) von diesen ebenen Flächen der Llanos sind folgende Hauptzüge
zu entnehmen. Unter die herrschenden Gramineen und Cype-
raceen (.Kyllingia) mischen sich nur hier und da die Stauden, die den
Rasen mit Bliithen schmücken, vor Allem, wie auf dem Isthmus, die
Sensitiven (Mimosa) , die man daselbst Dormideras nennt. Bäume
fehlen auf weiten Strecken ganz: nur vereinzelt erheben sich aus der
dürren Grasflur eine Proteacee (.Rhopala), eine Malpighiacee [Byr-
sonima) und Gruppen von Fächerpalmen, von einer 24 Fuss hohen
Copernicia (C. tectorum) , die vor den glühenden Sonnenstrahlen
keinen Schutz gewährt. In der trockenen Jahrszeit, wo die Temperatur
der sandigen Erdkrume bis auf 40° R. steigt, herrscht Ruhe
in der ganzen Natur; der jeder Feuchtigkeit beraubte Boden beginnt
sich zu spalten, das Pflanzenleben scheint erstorben wie in einer
Wüste: nur an den Flüssen erhält sich das frische Laub der Mau-
ritia-Palme. Mit dem eintretenden Regen aber erwacht die Kraft
der Organismen aufs Neue, plötzlich steht die Ebene im lebhaften
Frühlingsgrün ihres Grasrasens. Dem Anbau des Bodens und der
Bewaldung steht hier die Seltenheit der Flüsse und die ebene, von
ihnen eingefurchte Oberfläche entgegen, wodurch die künstliche Bewässerung
oder die natürliche Ueberstauung der Fläche gehindert
wird, sodann die geringe Dicke der Humusschicht, die durch den
Laubfall von Holzgewächsen sich nicht erneuern kann. Gesteigert
wird die Dürre durch das sandige Erdreich, durch die Sonnenstrahlen,
die den schattenlosen Boden erhitzen. Die. Gräser erschöpfen
ihn an Nahrungsstoff. Endlich richtet Humboldt den Blick
auf die Entstehung solcher Steppen, die durch ihre unermessliche
Ausdehnung und die geselligen Pflanzen, die sie bedecken, dem
Wechsel der Vegetation auch im Laufe der Zeit einen unbezwing-
lichen Widerstand leisten müssen.
Da diesen Llanos die Niederschläge in der trockenen Jahreszeit
durch die vorliegenden Bergketten entzogen werden, so kann der
Wald in ihre Grasfluren niemals eindringen. Ein säkularer Wechsel
zwischen Baumwuchs und Gräsern ist hingegen im Tieflande von
Guiana möglich, wo die Wälder selbst auch dann Niederschläge erzeugen
können, wenn die Sonne fern vom Zenith steht. Westlich
von Paramaribo sieht man in Surinam Savanen gleich grossen Waldwiesen
vom Urwalde umsäumtIS). Im Inneren vom britischen Guiana,
wo zusammenhängende Savanen zwischen dem oberen Essequebo