nicht in der immergrünen Region zu erwarten, wie es in Frankreich
häufig der Fall ist, sondern in den Gebirgen der griechischen Halbinsel.
Es fehlen die immergrünen Eichen und die Eriken der Gas-
cogne und so manche südliche Pflanzen, die an der Rhone bis Lyon
hinaufgehen, weil alle diese, auch wenn sie die erforderliche Wärme
finden, doch den Winter und Frühling Ungarns nicht ertragen würden.
Auf der anderen Seite ist der Wechsel der Flora von Ungarn
bis nach Griechenland hin ein sehr allmäliger und viel weniger scharf
als zwischen Deutschland und Italien ausgesprochen, weil die griechische
Halbinsel so reichlich mit Höhenzügen und Gebirgen erfüllt
ist. Und noch gleichartiger bleibt der Charakter der Flora von Ungarn
bis zu den östlichen Steppengrenzen, wiewohl doch in dieser
Richtung die Vegetationszeit sich allmälig so weit verkürzen muss,
als Bäume dies überhaupt zu ertragen vermögen. Die noch so wenig
erforschten Landschaften der Donaufürstenthümer und Bulgariens
werden daher demnächst einen weiteren Aufschluss darüber geben
können, welche Gewächse der ungarischen Flora an die längere
Vegetationsperiode, welche andere an die höhere Sommerwärme gebunden
sind. Vergleicht man endlich das Klima Ungarns mit dem
von Deutschland, so zeigt sich auch hier, dass diese beiden klimatischen
Momente bei der Beurtheilung der Vegetationslinien zu berücksichtigen
sind. Denn es fehlt selbst noch in Norddeutschland
(Thüringen) nicht an Landschaften, welche eine ebenso lange Vegetationszeit
besitzen als Ungarn, aber die Julitemperatur bleibt dann
stets zurück+8), und eben darauf beruht die verhältnissmässige
Gleichartigkeit der deutschen Flora, dass durch die Erhebung der
südlichen Hochfläche und durch das tiefere Niveau des Nordens die
Einflüsse der geographischen Breite aufgehoben oder gemindert
werden. Das Klima der unteren Donauländer ist noch mehr durch
die höhere Sommerwärme als durch die längere Dauer der Vegetationszeit
bezeichnet. Die Stauden erreichen unter solchen Bedingungen
ein höheres Wachsthum als in Deutschland, wogegen die
immergrünen Sträucher Frankreichs, die Milde des Winters erheischen,
fast ganz verschwunden sind.
Alle diese klimatischen Momente, auf denen die Eigenthüm-
lichkeit der ungarischen Flora beruht, beziehen sich zunächst auf die
wraldigen Gegenden, welche von dem Kranze der Karpaten aus die
central gelegenen Steppen oder Pussten umgürten. In diesen selbst
ist die Flora durchaus geändert. Das Klima der russischen Steppen
steht in einem ähnlichen Verhältniss zu dem der Donauländer, wie
am Mittelmeer die immergrüne Region zu den Gebirgen, die sie umsäumt.
In beiden Fällen wird die Vegetationszeit durch den regenlosen
Sommer grösstentheils auf den Frühling eingeschränkt. Allein
obgleich die Flora der Pussten an der Theiss den Steppen Russlands
ähnlich ist und viele ihrer Bestandtheile übereinstimmen, so stehen
doch beide Gebiete nicht auf gleicher klimatischer Stufe. Die Pussten
scheinen die Ueberreste eines Seebeckens zu sein, wo ?die Wälder
nicht, wie in Südrussland, aus klimatischen Ursachen fehlen , sondern
wo der Boden der Vegetation von Bäumen weniger als der von
Steppenpflanzen entspricht. Kerner hat in seinen trefflichen Schilderungen
der Vegetation in den Pussten freilich das Gegentheil behauptet,
indem er sagt57), dass durch die späten Nachtfröste, sowie
durch einen heissen und dürren Hochsommer die Entwickelungsperiode
auf so enge Grenzen zusammengedrängt werde, dass nur
Gewächse, deren jährlicher Kreislauf rasch abgeschlossen werde, hier
gedeihen könnten, dass also die Pussten das Klima der russischen
Steppen theilten. Nur dort, wo offene Wasserflächen oder ausgedehnte
Sümpfe sich ausbreiten, dringe das Waldland mit seinen
Eichengehölzen in die offene Landschaft ein. Allein mitten in den
ungarischen Pussten und fern von den Stromlinien der Theiss und
Donau, z. B. zwischen Temesvar und Szegedin, trifft man auf Dorf-
schaften mit ausgedehnten FMaisfeldern, wo auch der Obstbau mit
Erfolg betrieben wird und also Pflanzungen von Bäumen trotz des
Klimas gediehen sind. Solche Versuche, die Pussten einer höheren
Kultur zu gewinnen, hatte ich selbst zu sehen Gelegenheit, aber auch
Kerner führt an, dass an den Rändern der Tiefebene die Feuchtigkeit
der Atmosphäre gross sei, und dass sogar die Anlage von Nadelholzwäldern
in der Gegend von Duna Földvar nicht erfolglos blieb. Waldbetrieb
und Ackerbau stehen insofern unter gleichen klimatischen
Bedingungen, als in beiden Fällen eine mehr als dreimonatliche Vegetationszeit
erforderlich ist. Nicht die Wärme ist hier das entscheidende
Moment, sondern wie die atmosphärischen Niederschläge sich
über die wärmeren Jahreszeiten vertheilen, und ob sie in Ungarn, wie
in Südrussland, von dem Sommer ganz ausgeschlossen sind. Die
meteorologischen Beobachtungen in den Pussten Ungarns lehren
nun, dass dies keineswegs der Fall ist, und dass die Versuche, sie
anzubauen, einer viel günstigeren Zukunft entgegengehen als in den
russischen Steppen. Der aus Nordosten über dieselben wehende