Neu-Kaledonien wirft kaum ein weiteres Licht auf ihre Organisation,
als dass sie insulare Klimate bewohnen, wo der Dampfreichthum der
Atmosphäre die Verdunstung erschwert, die hier durch Ausscheidung
tropfbar flüssigen Wassers ersetzt wird. Indessen möchte ich doch
über die Bedeutung der Nepenthesschläuche eine weitergehendc Ver-
muthung aussprechen, wodurch wünschenswerthe Untersuchungen
in anderer Richtung angeregt werden könnten. Von dem durch die
Pflanzen circulirenden Wasser wird nur ein so kleiner Theil zur Ernährung
verbraucht, dass von dieser mächtigen Strömung doch noch
ganz andere Wirkungen vorauszusetzen sind. Wir wissen darüber
nichts, als dass sie die Bewegung der aufgelösten Nährstoffe fördert,
aber bedarf es dazu so grosser Wassermassen, wie täglich durch den
Organismus hindurchströmen? Nimmt man an, dass das Wasser, welches
so eben diese Bahn durchlaufen hat, nicht geeignet sei, denselben
Kreislauf sofort zu wiederholen, sondern erst, nachdem die
grosse Circulation durch die Atmosphäre und die Wolken stattgefunden,
in der Form des Niederschlags den Zwecken des Organismus
dienen könne, so würde es begreif lieh sein, dass eine Pflanze, die.
statt die Feuchtigkeit zu verdunsten, dieselbe in Tropfen ausscheidet,
diese nicht unmittelbar auf den Boden wieder niederfallen lässt, wo
sie sogleich von den Wurzeln wieder aufgesogen werden müssten.
Es erscheint wie eine Sisyphusarbeit, beständig den Saft auszuschöpfen,
um ihn unverändert wieder aufzunehmen. Die Nährstoffe,
welche der Boden liefert, könnte das von den Blättern abtropfende
Wasser zwar auflösen, nicht aber die Stickstoffverbindungen, die der
Regen aus der Atmosphäre auswäscht, und die, da ihre Menge gering
und ihr Verbrauch in der Pflanze gross ist, in derThat sehr beträchtlicher
Massen ihres Lösungsmittels bedürfen, um den Bildungszellen
stets zu Gebote zu stehen. Es ist bekannt, dass selbst tropische
Pflanzen auf langen Seereisen, in luftdicht verschlossenen, mit Glas
gedeckten Kästen, unter Umständen, wo die Circulation nur auf der
in den Säften schon vorhandenen Wassermenge beruht, frisch und
entwickelungsfähig bleiben. Aber diese Erhaltung ihres Lebens ist
nicht mit Erscheinungen des Wachsthums verknüpft und kann daher
zum Beweise dienen, dass bei der Entfaltung der Knospen und der
Verlängerung der Triebe noch andere Kräfte thätig sind, welche nur
in dem hier ausgeschlossenen Einflüsse des atmosphärischen Wassers
liegen können. Es ist ferner die Thatsache nicht zu übersehen, dass
Wurzeln, die dem Einfluss des Sauerstoffs entzogen sind, alsbald
absterben: die Regentropfen aber haben einen weiteren Spie lra
denselben aufzulösen und dem Erdboden zuzufuhren. Die Untersuchungen
über die Formen des Sauerstoffs in der Atmosphäre enthalten
ebenfalls Andeutungen, dass das Wasser, welches aus den
Wolken niederfallt, ein anderes sei als dasjenige, welches als Dampf
oder in gewissen Fällen im tropfbar flüssigen Zustande von den Blattern
ausgeschieden wird. Meissner’s Forschungen (Th. x. S. 325)
über die Bildung der Nebelbläschen und das Wasserstoffsuperoxy
in den Niederschlägen werden, von den Pflanzenphysiologen ver-
werthet, auf die Bedeutung des Regens für das Wachsthum vielleicht
ein neues Licht werfen. Sollten bei der wechselnden Respiration der
Pflanzen geänderte elektrische Spannungen mitwirken, oder wird auch
nur der zur Ernährung erforderliche Gasgehalt der Regentropfen in
Betracht gezogen, den der Kreislauf durch die Atmosphäre dem verdunsteten
Wasser hinzufügt, so ist es erklärlich dass bei der Saftentleerung
der Blätter liquide Flüssigkeiten in Schlauchen gesamme
werden und nur die dampfförmigen sogleich in die Luft ubergehen.
Die Schläuche wirken hier wie Schleusen, aus denen nur in den
trockensten Zeitabschnitten das Wasser durch Verdunstung entweicht
welches sonst aus den Blättern stetig in die Atmosphäre ubergeht.
Niemals sieht man die in den Schläuchen ausgeschiedene Flüssigkeit
überfliessen: der Deckel lässt ihre Verdunstung zu, aber dei-
selbe verhindert, dass der Regen von aussen eindringe und dadurch
ihre Masse vermehre. Die Wasserausscheidungen, die an den Blattern
desPisang und derAroideen zuweilen bemerkt werden, sind dei
Masse nach zu geringfügig, um in Betracht zu kommen aber auch
in einigen anderen Fällen, wo die verdunstende Thatigkeit der Blatt
durch liquide Ausscheidungen ersetzt wird, sehen wir die Organisation
der Blätter von Nepenthes wiederholt (in Nordamerika bei
S a rracen ia, einem Sumpfgewächs, in Australien bei Ccphalotus)
Unter den Wasserpflanzen, die an der Ueppigkeit der tropischen
Vegetation Theil haben, sind die Lotusblumen oder Nymphaeen hervorzuheben,
nicht als ob sie für die Physiognomie der indischen
Landschaft bedeutender erschienen als in den übrigen Landern
heissen Zone, sondern wegen ihres Einflusses auf die religiösen eei
einer contemplativen Richtungen ergebenen Bevölkerung. Hier war
es. wo seit den ältesten Ueberlieferungen die ausgebreitet schwimmende,
in reiner Färbung prangende Lotosblume durch die Symmetrie
ihres Baus und die Fülle der Organe als ein Symbol der nac
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