Aufgaben vereinfachen sich also und die Holzbildung selbst kann
verlangsamt werden. Unter solchen Bedingungen wird die flache
Blattgestalt entbehrlich, die durch ihre grössere Oberfläche eine
reichlichere Aufnahme von Nährstoffen aus der Luft bewirkt; sie
kann durch Nadeln und sogar durch cylindrische Zweige ersetzt
werden. Die blattlosen Holzgewächse Australiens sind daher der
einfachste Ausdruck für ein Klima, welches eine langsame Entwickelung
des Pflanzenlebens fordert und diese unterbricht, ohne
wesentliche Organe zu zerstören. Aber die verminderte Holzerzeugung
ist auch den grossen Dimensionen des Organismus hinderlich:
blattlose Sträucher finden sich daher weiter auf der Erde verbreitet
als blattlose Bäume, und auch die Casuarinen Australiens bleiben
niedrig, einige sind stammlos, eine tropische Art wächst am Wasser.
Nur unter den Coniferen dieser Reihe, deren Nadeln zu Schuppen
verkürzt sind, kommen hohe Baumgestalten vor, indem die grosse
Anzahl der Blattorgane wohl einen Ersatz für ihre Kleinheit bietet.
DieProteaceenform geht ferner durch Verschmälerung des Blatts
zur Nadel in die Erikenform über, die in Australien aber nicht durch
Ericeen, sondern durch mannigfaltige andere Familien vertreten wird
(z. B. durch die jenen nahe verwandtenEpacrideen, durch Gattungen
von Proteaceen, Leguminosen, Myrtaceen, u. a.).
Zu den eigenthümlichsten Pflanzenformen Australiens, die nicht
einmal das tropische Gebiet dieses Kontinents erreichen, gehören die
Xanthorrhoeen oder Grasbäume (.Xanthorrhoea und Kingia), mono-
kotyledonische Gewächse, deren sonderbarer Bau, wo sie zahlreich,
wie in den südwestlichen Kolonien, auftreten, die Physiognomie der
Landschaft seltsam genug erscheinen lässt. Der Holzstamm ist
niedrig und trägt auf seinem Gipfel einen gewaltigen Büschel von
groben Grasblättern, ist also gar nicht mit dem Wüchse der Bam-
busen oder Baumgräser zu vergleichen, weil ihm deren Knoten mit
ihrer Blattverzierung fehlen. Zu den höheren Grasbäumen gehört
eine von Drummond6) beschriebene Xanthorrhoea der Kolonie Swan
River [Blackboy genannt), deren fussdicker Stamm io bis 15 Fuss
hoch wird und zuweilen wiederholt gabelig getheilt ist, wobei alle
Zweige gleiche Dicke behalten: der Bltithenstiel am Gipfel ist fast
ebenso hoch als die Pflanze selbst. Am grössten aber werden die
Kingien, die in derselben Niederlassung eine Höhe von 20 bis 30 Fuss
erreichen. Die meisten Xanthorrhoeen haben jedoch nur einen
Stamm von wenigen Fussen, und bei anderen verschwindet dieser
ganz, wie bei den Zwergpalmen, in welchem Falle diese Pflanzenform
in die der rasenbildenden Gräser übergeht. Als physiognomisch bedeutende,
vegetabilische Gestaltungen stehen die Grasbäume der
Pandanusform Indiens und Oceaniens, oder den Liliaceenbäumen,
den Vellosien Brasiliens am nächsten, die sich beide durch die Bildung
ihres Blattgewebes unterscheiden. Gerade die Grasrasen am
Gipfel der Stämme sind es, welche die klimatische Eigentümlichkeit
Australiens andeuten. Denn das saftarme Gramineenblatt mit
seiner kieselreichen Epidermisschicht theilt eben in dieser Beziehung
die charakteristische Organisation der übrigen Holzgewächse, und in
den trockenen Steppenklimaten finden wir überall den Grasrasen
noch straffer und daher stärker als anderswo gegen die Verdunstung
gepanzert.
Hier haben wir also, noch weiter vermittelt durch die den Grasbäumen
verwandten Gattungen Xerotes und Dasypogon, den Ueber-
gang zu der wichtigsten Pflanzenproduktion Australiens, zu dem
Reichthum seines Weidelandes, der auf der Bodenbekleidung durch
rasenbildende Gräser beruht, und aus dem mit der Schafzucht zuerst
in den entlegensten Küstenlandschaften sich die britischen Ansiedelungen
entwickelt haben, die sich nun auf gleicher Grundlage mit
reissender Schnelligkeit bis tief in das Innere des tropischen Gebiets
ausdehnen und mit wachsenden Verkehrsmitteln auch die Oasen der
Wüste erreichen werden. In reicheren Gegenden bildet mit dem
Eintritt der Regenzeit die Grasnarbe einen dicht zusammenhängenden
Wiesenteppich von frischem Grün. Wo das Klima trockener
ist, sondern sich zwar die Rasen, aber sie vermögen lange Zeit ihre
lebhafte Farbe zu bewahren, und, wenn sie zuletzt dürr, bräunlich
oder gelb werden, mögen sie doch den Heerden noch genügende
Nahrung gewähren, vorausgesetzt, dass die Niederschläge zur rechten
Zeit eintreten, unter denen sie rasch aufs Neue ergrünen. Die weite
Verbreitung solchen Weidelandes sollte, wie in Afrika, einereiche
Säugethierfauna erwarten lassen; auch der Name des Känguru-Grases
[Anthistiria aüstralis) , welches R. Brown7) als die schätzbarste und
häufigste Graminee Australiens bezeichnet, scheint dieses anzudeuten:
aber so sehr sich die Menge der einheimischen Thiere dem Einfluss
der Heerdenvervielfältigung gegenüber vermindert haben mag, so
kann man doch die geringe Zahl der Urbewohner, sowie die Erfahrung
, dass keine der Entdeckungsexpeditionen durch die Jagd
sich zu erhalten im Stande war, als entscheidenden Beweis gelten