indem jede Art ihre besonderen Eigentümlichkeiten haben wird.
Da die Vegetationslinien, welche die erste und zweite Zone trennen,
zwar einander genähert sind, aber nicht zusammenfallen und auch
nicht immer harmonisch verlaufen, so ist eine solche Mannigfaltigkeit
der Lebensbedingungen höchst wahrscheinlich.
Im Bereiche der ungarischen Flora ist die Cerris-Eiche (Quercus
Cerris) allgemein verbreitet und die Nordwestgrenze dieses Baums
berührt von den Karpaten aus (48° N.B.) Mähren, Niederösterreich,
Steiermark und Krain bis zur Lombardei (46°). Den Küsten der
Ost- und Nordsee wiederum parallel verlaufend, scheidet diese Vegetationslinie
die deutsche Flora von der der unteren Donauländer. Wie
manche südeuropäische Gewächse in Frankreich mit der Kastanie
bis zu höheren Breiten reichen, so wiederholt sich diese Erscheinung,
jedoch in geringerem Umfange, auch in Ungarn. Es sind dieses
Pflanzen, welche einer längeren Vegetationsperiode bedürfen, die
ihnen das wärmere Klima gewährt, wogegen sie durch die Alpenkette
und die dieser vorliegende Hochfläche Bayerns und Schwabens
von dem südlichen Deutschland grösstentheils ausgeschlossen sind.
Hieraus erklärt sich der weitere Verlauf der Polargrenze der Cerris-
Eiche nach Westen, die in Italien und in die südlichen Alpenthäler
Tyrols und der Schweiz eindringt, dem östlichen Frankreich fast
ganz fehlt, deren Gebiet dann aber von Spanien aus längs des bis-
cayischen Meerbusens bis zur Loire (47 °) reicht. Sie gehört zu den
Bäumen, deren Vegetationszeit sechs bis sieben Monate zu beanspruchen
scheint, wenigstens ist dies eins der klimatischen Momente,
welche dem Südwesten Frankreichs und dem Donauthal von Wien
bis zum Banat gemeinsam sind. Die Dauer der Wachsthumsperiode
verlängert sich nämlich unter dem Einfluss der südlichen Breite in
einem stärkeren Verhältniss als unter dem des atlantischen Meers.
Sie beträgt am biscayischen Meerbusen, wo beide Einflüsse Zusammenwirken,
acht, in Ungarn, wo die Breite allein inBetracht kommt,
noch sechs bis sieben Monate: an der Buchengrenze (Königsberg) ist
sie schon auf fünf Monate gesunken I2). In der Tiefebene Ungarns
belauben sich die Eichen in der Mitte des Aprils6), und in der Mitte
des Oktobers tritt die Temperatur wieder ein, bei welcher dieses
stattfand; in Wien dauert die Wachsthumsperiode noch etwas länger.
Aber auch die Wärme des Sommers ändert sich in diesen Breiten
nicht mit der Entfernung vom Meere, sondern nur mit der Erhebung
des Bodens. Die Julitemperatur von Nantes, Wien und Ofen ist die
nämliche (17°): donauaufwärts ist sie bei Passau schon um mehr als
zwei Grade gesunken (i4°,5) . Dennoch giebt es nur wenige südliche
Pflanzen, die, wie die Cerris-Eiche, zugleich das westliche Frankreich
undUngarn bewohnen, weil die Gestalt der Temperaturkurve bedeutend
abweicht und der Abstand vom Meere im Osten sich durch
strengeren Winter fühlbar macht ^8). Späte Nachtfröste im Frühling,
wie sie an der Donau häufig Vorkommen, muss die Cerris-Eiche wohl
ertragen können, sonst könnte sie hier nicht gedeihen. Im südlichen
Europa bewohnt sie, häufig mit der Kastanie verbunden , die untere
Waldregion der Gebirge (z. B. in Rumelien 1200 bis 2700 Fuss),
von der immergrünen Region ist sie ausgeschlossen. Daher konnte
sie leichter von den westlichen Pyrenäen aus in das westliche als in
das östliche Frankreich eindringen, welches durch die Alpen und
durch die immergrünen Landschaften am Mittelmeer von den nächsten
Standorten der Lombardei und Spaniens abgesondert ist. Auch
dieses Verhältniss, dass die Cerris-Eiche die immergrüne Region
Südeuropas vermeidet, steht mit der Vorstellung, dass sie eine lange
Wachsthumsperiode bedürfe, in Einklang. Denn die Vegetationszeit
der unteren Gebirgsgehänge ist daselbst von längerer Dauer als in
der immergrünen Region der Küste, wo dieselbe durch die Regenlosigkeit
des Sommers unterbrochen wird. Es giebt in Ungarn noch
einen anderen Baum, der unter ähnlichen Bedingungen steht, der
aber die Cerris-Eiche in seinen Ansprüchen an die Temperaturkurve
nach Maassgabe seiner Verbreitung zu überbieten scheint. Dies ist
die Silberlinde (Tilia argentea), die nach Nordwesten nur bis zum
Plattensee geht, bis zu einer Linie, die der durch die Cerris-Eiche
bestimmten Grenze der ungarischen Flora in. einem gewissen Abstande
parallel verläuft. Dieselbe findet sich sodann ebenfalls in der
warmen und doch zugleich des Sommerregens nicht entbehrenden
Bergregion Rumeliens wieder. Ueberall wird die Silberlinde von
dem tatarischen Ahorn [Acer tataricuwi) begleitet, der jedoch nur
scheinbar unter gleichen klimatischen Bedingungen steht, da er auch
die russische Eichenzone bewohnt, wo die Vegetationszeit von kiii-
zerer Dauer ist. Mag dieser Baum nun an eine höhere Sommerwärme
gebunden sein, oder mag er in Ungarn seine klimatische
Grenze nicht erreichen, so muss doch auch er die grössere Variation
der Temperatur ertragen, die den Tiefländern und den Gebirgen des
Ostens gemeinsam ist. Wenn wir überhaupt in den unteren Donauländern
Pflanzen des Südens wiederfinden, haben wir ihre Heimath